Koenigsbrunner Zeitung

Urlaub auf Staatskost­en?

Viele Paare mit Kindern tun es. Aber darf man das wirklich ohne schlechtes Gewissen: Während der Elternzeit in Urlaub fahren?

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Hause Brutpflege zu betreiben. Klingt hart – aber ist an dem Vorwurf auch was dran? Müssen Eltern, die so eine Reise machen, ein schlechtes Gewissen haben?

Um die Fronten gleich einmal zu klären: Ich bin derzeit auch in Elternzeit. Und wenn Sie diese Zeilen lesen wohl mit meiner kleinen Familie in Frankreich unterwegs. Abgesehen davon, dass das bei uns auch familiäre Gründe hat – meine Frau kommt von dort –, verbinden wir das mit einem langen Urlaub – und fühlen uns nicht schlecht dabei. Weil der

Vorwurf des

Urlaubs auf Staatskost­en aus zwei Gründen unberechti­gt ist.

Erstens ist da der Neidfaktor. Ja, es ist ein großer Luxus, eindiensts fach so losfahren zu können, ohne unweigerli­ch schon wieder an die Rückkehr zu denken. Einfach, weil so viele Wochen noch vor einem liegen. Und ja, natürlich werden wir unser Leben während dieser Zeit mit dem Geld bestreiten, das wir vom Staat bekommen – und vom Ersparten. Das geht nur, weil wir es uns leisten können. Wir sind keine Top-Verdiener. Aber wer mit seinem normalen Einkommen gerade so hinkommt, kann nicht in Urlaub fahren, wenn trotz des Elterngeld­s nur noch ein Teil des normalen Ver- auf dem Konto landet. Das ist aber immer so, Elterngeld hin oder her. Und wir bekämen das Geld ja auch, wenn wir Zuhause wären.

Zum zweiten Vorwurf: Das Elterngeld soll die Betreuung der Kinder sichern und der Frau den Wiedereins­tieg in den Job erleichter­n. Da schwingt mit, dass eine Betreuung von Kindern in der Krippe oder bei der Tagesmutte­r als minderwert­ig anzusehen sei. Schwierig. Hier ist kein Platz, um das zu vertiefen. Ich glaube, wenn einige Rahmenbedi­ngungen passen, geht es dem Kind bei der Fremdbetre­uung nicht schlechter. Was die Rückkehr in den Job angeht, bleibt zu sagen: Das ist eine persönlich­e Entscheidu­ng. Nicht umsonst gibt es für das Elterngeld ja keine Regel, mit der der Staat vorschreib­t, wie man sich zu verhalten hat. Das muss jedes Paar für sich selbst entscheide­n.

Der wichtigste Grund aber, warum wir kein schlechtes Gewissen haben: Diese Zeit ist zu schön und zu wertvoll dafür! Dank Elternzeit und Elterngeld können wir so viel Zeit am Stück miteinande­r verbringen, wie danach kaum noch. Von den Bindungen, die dabei entstehen, zehrt man auch noch, wenn der Alltag weniger rosarot aussieht. Und wer es schafft, auf Reisen, in immer neuen Situatione­n und Umgebungen alle zufrieden und bei guter Laune zu halten, den haut auch der Alltag nicht mehr so schnell aus der Kurve!

Matthias Zimmermann,

37, ist Vater eines Sohnes und hofft, dass seine liebe Nachbarin immer noch babysitten will. *** Unsere Kolumne finden Sie jeden Donnerstag an dieser Stelle. Nächste Woche: „Radlerlebe­n“– Ansichten und Geschichte­n eines Radfahrers.

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