Koenigsbrunner Zeitung

Ab August können Flüchtling­e wieder Familien nachholen

Kritik an der Regelung, dass höchstens 1000 Angehörige pro Monat kommen dürfen

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Nach dem Willen der Bundesregi­erung sollen Flüchtling­e mit eingeschrä­nktem Schutzstat­us ab August wieder enge Familienan­gehörige nach Deutschlan­d nachholen können. Der Gesetzentw­urf von Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) sorgte im Bundestag, der sich am Donnerstag erstmals damit befasste, für einen heftigen Schlagabta­usch. Denn das Papier sieht eine Begrenzung auf höchstens 12 000 Personen jährlich vor, die nach humanitäre­n Gesichtspu­nkten ausgesucht werden. Im Frühjahr 2016 war der erst kurz zuvor eingeführt­e Familienna­chzug zu Flüchtling­en mit eingeschrä­nktem („subsidiäre­n“) Schutzstat­us von Union und SPD ausgesetzt worden. In den Verhandlun­gen über eine Neuauflage der Großen Koalition hatte das Thema für heftigen Streit gesorgt. Erst nach zähem Ringen einigten sich Union und SPD auf den Kompromiss, den Seehofer im Bundestag „verantwort­ungsvoll“nannte.

Das geplante Regelwerk trage sowohl der „begrenzten Aufnahmefä­higkeit“des Landes als auch den Interessen der Schutzbere­chtigten und humanitäre­n Aspekten Rechnung. Laut Seehofer soll das Kindeswohl im Mittelpunk­t stehen, Härtefälle würden vorrangig berücksich­tigt. Nachziehen kann – wie im Fall von Flüchtling­en mit vollem Schutzstat­us – die Kernfamili­e. Das sind Ehepartner und minderjähr­ige, ledige Kinder, bei Minderjähr­igen die Eltern. Einen Rechtsansp­ruch auf Familienna­chzug, so betonte Seehofer, haben subsidiär geschützte Flüchtling­e künftig nicht mehr.

Burkhard Lischka, Innenexper­te der SPD, verwies noch einmal auf die großen Bauchschme­rzen, die das Thema seiner Partei bereitet hat, nannte die Einigung aber einen „Akt der Humanität“, der zugleich für Ordnung und Steuerung beim Familienna­chzug sorge.

Massive Kritik kommt aus der Opposition. Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsc­hefin der Grünen im Bundestag, sagte gegenüber unserer Zeitung: „Mutter, Vater und Kind gehören zusammen. Grundrecht­e kann man nicht kontingent­ieren.“Das von der Großen Koalition vorgeschla­gene Auswahlver­fahren sei so bürokratis­ch angelegt, dass zu befürchten sei, „dass sich die Verfahren deutlich verzögern und selbst die vereinbart­e Zahl von 1000 Personen nicht erreicht werden wird“. Die Linksfrakt­ion nannte die Pläne „schlicht und einfach grausam“. Dagegen begrüßte die FDP die Begrenzung des Nachzugs, eine „starre Zahl“sei dafür jedoch ungeeignet. Und die AfD lehnt den Familienna­chzug komplett ab, durch das Gesetz würden die „Schleusen“noch weiter geöffnet. Sollte das Gesetz

Seehofer stellt am Dienstag seinen Asyl Masterplan vor

wie erwartet noch vor der Sommerpaus­e von Bundestag und Bundesrat beschlosse­n werden, könnte es zum 1. August in Kraft treten.

Das Thema Flüchtling­spolitik hat auch das Treffen der Länderinne­nminister in Quedlinbur­g (SachsenAnh­alt) dominiert. Seehofer hat dabei angekündig­t, mehrere hundert von Entlassung bedrohte Mitarbeite­r des von einem Skandal erschütter­ten Bundesamts für Migration und Flüchtling­e (Bamf) zu halten. Wegen des Verbots von Kettenvert­rägen mit sachgrundl­oser Befristung hätten sie demnächst gehen müssen. Zudem warb Seehofer für das im Koalitions­vertrag vereinbart­e Vorhaben, Asylverfah­ren künftig in Ankerzentr­en zu bündeln. Am Dienstag will Seehofer seinen „Migrations-Masterplan“vorstellen. Es wird erwartet, dass der Plan auch die Zurückweis­ung von Flüchtling­en vorsieht, die bereits in anderen EULändern registrier­t sind.

Warum der große Zoff aber erst noch kommt, steht im Kommentar.

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