Schleichen Untote durch den Landtag?
Die Debatte um eine Amtszeitbegrenzung des Ministerpräsidenten hat sich zwar eigentlich schon erledigt. Trotzdem schenken sich CSU und Opposition nichts
München
Verkehrte Welt im Bayerischen Landtag: Dass ein Gesetzentwurf aus den Reihen der Oppositionsfraktionen scheitert, ist sozusagen ständige Übung. SPD, Freie Wähler und Grüne sind es gewöhnt, an der CSU-Mehrheit abzuprallen. Der umgekehrte Fall tritt selten ein. Nun muss die CSU erleben, dass der Vorstoß von Ministerpräsident Markus Söder, die Amtszeit des Regierungschefs in Bayern auf zwei Wahlperioden zu begrenzen, ins Leere geht, weil ihr die dafür nötige Zwei-Drittel-Mehrheit fehlt. Die Opposition nutzt diese Situation für bissige Kommentare.
Die Chancen Söders, sich mit seiner Idee durchzusetzen, standen zunächst nicht schlecht. Wie berichtet, hatte er von SPD und Grünen viel spontanen Zuspruch bekommen und auch die Freien Wähler hatten sich aufgeschlossen gezeigt. Der CSU-Abgeordnete Jürgen Heike gab sich am Donnerstag in der Sitzung des Verfassungsausschusses denn auch einigermaßen verwundert über den Sinneswandel. „Ich bin überrascht, dass es hier überhaupt eine Diskussion gibt“, sagte Heike. Die Amtszeit des Ministerpräsidenten zu begrenzen, sei doch „im eigenen Interesse der Opposition“.
Doch SPD, Grüne und Freie Wähler haben es sich anders überlegt. Der Vorsitzende des Verfassungsausschusses, Franz Schindler (SPD), sagte, der Vorstoß sei zum einen ein Etikettenschwindel, weil nach dem Gesetzentwurf der CSU ein Ministerpräsident theoretisch nicht nur zehn, sondern 14 Jahre amtieren könne. Er dürfte in dem Fall, dass er während der fünfjährigen Wahlperiode vom Landtag gewählt wird, sich noch zweimal zur Wahl stellen. Zum anderen sei Bayern keine Präsidialdemokratie wie die USA oder Frankreich, wo der Regierungschef direkt vom Volk gewählt werde. Insofern sei der CSUVorstoß „kein Ausdruck von Demut, sondern ein Wahlkampfgag“. Außerdem müsste man, so Schindler, dann auch über eine Amtszeitbegrenzung von Ministern oder Abgeordneten nachdenken. Einige Abgeordnete säßen seit 40 Jahren im Landtag. „Da schleichen Untote durchs Haus“, giftete Schindler.
Auch der Abgeordnete Florian Streibl (Freie Wähler) räumte ein, zunächst Sympathien für den CSUVorschlag empfunden zu haben. Bei genauerem Hinsehen aber sei klar, dass es „ein absoluter Systembruch mit der bundesdeutschen Verfassungswirklichkeit“wäre. Die Verfassung dürfe nicht für einen Wahlkampfgag missbraucht werden. Streibl erinnerte an die Machtkämpfe innerhalb der CSU um das Amt des Ministerpräsidenten. „Es ist ein CSU-Problem“, sagte Streibl und fügte hinzu: „Vor diesem Gemetzel möchte sich der neue Ministerpräsident schützen.“Sein Versuch, die Verfassung zu ändern, sei genau genommen ein Misstrauensvotum gegen die eigene Fraktion.
Die Vize-Vorsitzende des Ausschusses, Petra Guttenberger (CSU), hielt der Opposition im Gegenzug Wahltaktik vor. Bei der Abstimmung im Ausschuss hatte die CSU die Mehrheit. Helfen wird ihr das in der Schlussabstimmung nicht.