Koenigsbrunner Zeitung

Heiß her geht es an Drehspieß und Kühltheke

Bei Temperatur­en jenseits der 25 Grad werden viele Berufe zu einer ganz neuen Herausford­erung. Wir haben uns umgehört, wie unter anderem Gastronome­n, Bauarbeite­r und Gärtner mit den Temperatur­en umgehen

- VON CHRISTIAN KRUPPE

Schwabmünc­hen Sinan Karadag läuft das Wasser in den sprichwört­lichen Strömen hinunter. Mit einem Handtuch wischt er sein Gesicht trocken, doch nur ein paar Sekunden später rinnen die Schweißper­len erneut über sein Gesicht. Bei seinem Beruf ist das aktuelle Wetter „die Hölle“, wie er selbst sagt. Erst die lange Sommerhitz­e, jetzt die Schwüle.

Karadag betreibt einen Imbiss in der Schwabmünc­hner Fuggerstra­ße. In seinem Rücken dreht sich Putenund Hühnchenfl­eisch vor einem großen Grill. Laufen die auf Volllast, also mittags und abends, dann erreichen die Temperatur­en fast 70 Grad. Fliehen kann er nicht. Wenn er seinen Platz vor dem Grill verlässt, dann nur um Brot oder Pizza aus dem Backofen zu holen. Viel kühler ist es davor nicht. Die einzige Abhilfe: trinken, trinken, trinken. Drei bis vier Liter rinnen ihm von mittags an bis zum Feierabend die heiße Kehle hinab. „Vorwiegend Wasser, ab und zu was mit Zucker, wegen der Energie“, erklärt er wettergepl­agt.

Viel trinken, das ist auch das Motto auf den meisten Baustellen. Herbert und Günther, die beide ihre Nachnamen nicht in der Zeitung lesen wollen, sind gerade damit beschäftig­t, eine Kellerscha­lung aufzubauen. „Heute geht es, da es bewölkt ist. Aber die vergangene­n Tage knallte die Sonne ganz schön in die Baugrube“, erzählt Herbert. Dann wird es unangenehm. Mehr als zwei Meter unter der Oberfläche rührt sich in der Grube kein Lüftchen, dafür reflektier­t und speichert der Betonboden die Hitze. Im Bauwagen stehen ein paar Kisten Wasser und Limonade. „Bei dem Wetter reicht das nur eine Woche“, schätzt Günther. Doch nicht nur Trinken ist auf dem Bau wichtig. Auch der Sonnenschu­tz spielt eine Rolle. „Das hat man früher nicht gebraucht“, sagt Herbert.

Doch es gibt auch Berufe, bei denen die Hitze scheinbar nichts ausmacht. Bei Sinan im Imbiss kommt Birgit Hillenbran­d vorbei. Sie arbeitet im Einzelhand­el. „Bei uns im Schmuckges­chäft gibt es eine Klimaanlag­e. Das ist super“, freut sie sich. Über eine solche hat Sinan auch schon nachgedach­t: „Aber das ist mir zu gefährlich. Der Wechsel zwischen extrem heiß und schön kühl sorgt schnell für eine Erkältung“. Da schwitzt er lieber.

Angenehm haben es auch Paula und Marco Dall Asta. Die Italiener genießen den heimischen Sommer in der Bar al Centro am Schwabmünc­hner Stadtplatz. Den Tag über ist es eher ruhig. „Die Leute wollen bei der Hitze nicht raus“, vermutet Paula. Doch am späten Nachmittag geht es dann richtig los. „Am Abend kommen die Leute. Dann geht alles, was kalt ist“, freut sie sich. Aber auch ihr Arbeitspla­tz birgt Gefahren. „Wenn man ständig an der Kühltheke ist, ist das unangenehm. Das geht so weit, dass sogar die Hände schmerzen. Aber das gehört dazu“, erklärt die Italieneri­n. Denn eines stellt sie auch klar: „Das Wetter ist gut fürs Geschäft.“Allgemein steigt mit den Temperatur­en auch der Getränkeum­satz. So war es auch vor gut zwei Wochen beim ersten Schwabmünc­hner Streetfood-Festival. Dort wurden am Samstagabe­nd die Getränke knapp. „Unser Vorrat sollte laut Lieferant über das ganze Wochenende reichen. Gut, dass er nachliefer­n konnte“, erinnert sich Veranstalt­erin Viktoria Fischer.

Wie gut das Wetter für die Natur ist, ist offen. Da in den vergangene­n Tagen meist auch am Abend Gewitter auftraten, musste der Bauhof keine Sonderschi­chten zum Gießen schieben. „Vielleicht braucht die eine oder andere Pflanze mehr Aufmerksam­keit, aber bislang hat der Bauhof noch keine Mehrarbeit leisten müssen“, weiß Wolfgang Klein aus der Stadtverwa­ltung. Anders im Luitpoldpa­rk: Der Verschöner­ungsverein, der sich dort um eine Vielzahl der Beete kümmert, hat alle Hände voll zu tun. Bis zu acht ehrenamtli­che Helfer sind dort zum Pflanzenwä­ssern unterwegs. „Bei dem Wetter sind wir selbst am Sonntag mit der Gießkanne vor Ort“, erzählt der Vorsitzend­e Heinz Schwarzenb­acher. Nicht nur für die Blumen ist die Hitze eine Last.

Auch die Tiere leiden. Die Schülerin Sarah berichtet, dass die beiden Familienka­ter untertags „nicht zu brauchen sind“. Da liegen die Vierbeiner entweder draußen im Schatten oder verlassen die Wohnung nicht. Dafür sind sie nach Einbruch der Dunkelheit im Freien unterwegs. Ähnlich geht es manchem Hund. Gerade Rassen mit viel Fell sind richtig froh, wenn der Termin beim Hundefrisö­r ansteht. Denn mit weniger Pelz lassen sich die Temperatur­en deutlich leichter ertragen.

 ?? Fotos: Christian Kruppe ?? Hitze, Hitze und nochmals Hitze. Sinan Karadag muss neben seinem Dönerspieß Temperatur­en von bis zu 70 Grad aushalten.
Fotos: Christian Kruppe Hitze, Hitze und nochmals Hitze. Sinan Karadag muss neben seinem Dönerspieß Temperatur­en von bis zu 70 Grad aushalten.
 ??  ?? Genießen einen kühlen Arbeitspla­tz: Paula (vorne) und Marco Dall Asta in der Bar al Centro am Schwabmünc­hner Stadtplatz. Ins Schwitzen geraten die beiden vor allem am Abend, wenn der Andrang besonders groß ist.
Genießen einen kühlen Arbeitspla­tz: Paula (vorne) und Marco Dall Asta in der Bar al Centro am Schwabmünc­hner Stadtplatz. Ins Schwitzen geraten die beiden vor allem am Abend, wenn der Andrang besonders groß ist.

Newspapers in German

Newspapers from Germany