Ehe für alle – eine Chance für die Kirche?
Gesprächsrunde in Untermeitingen beleuchtet Aspekte der staatlichen und kirchlichen Ehe
Untermeitingen Die Einführung der Ehe für alle durch den Deutschen Bundestag habe in der katholischen Kirche für Befremden gesorgt, sagte Maria Schneider im Rahmen der Papst-Franziskus-Gespräche in Untermeitingen. Durch die Entscheidung des Bundestages am 30. Juni 2017 wurde der Begriff der Ehe auch für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften im Bürgerlichen Gesetzbuch. Deren vorher schon bestehende gleiche Rechte seien dadurch um das Adoptionsrecht erweitert worden, sagte Referent Ulrich Hoffmann, der als Pastoralreferent in der Diözese Augsburg tätig und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für katholische Familienbildung ist und über langjährige Erfahrungen als Ehe- und Familienseelsorger verfügt.
Der Staat habe seiner Meinung nach gute Gründe, Ehe und Familie unter seinen besonderen Schutz zu stellen, da durch die rechtsverbindliche gegenseitige Verantwortung und Fürsorge Lasten vom Staat auf die Ehepartner übertragen werden. Hoffmann trennte zunächst klar die staatliche Ehe von der kirchlichen Ehe ab. Weil die Familie den Fortbestand der Gesellschaft durch Geburten garantiere, belohne sie der Staat mit steuerlichen und rechtlichen Vergünstigungen. Auch den gleichgeschlechtlichen Beziehungen könne die Verbindlichkeit und Verlässlichkeit der gegenseitigen Zuneigung nicht abgesprochen werden, sagte Hoffmann und plädierte für deren rechtliche Gleichstellung.
Davon zu unterscheiden sei aber das Sakrament der Ehe im katholischen Sinne. Hier seien nicht der staatliche Schutz und die Förderung ausschlaggebend, sondern der Bezug zu Gottes unendlicher Liebe und die Haltung, dass Kinder ein Geschenk Gottes sind. „Ehe ist daher ein Sakrament des Alltags, das nicht nur in der feierlichen Trauung, sondern in der alltäglichen Liebe und Treue vollzogen wird“, sagte der Referent und führte den Gedanken zur Familie hin mit den Worten: „Wichtiger Bestandteil der ehelichen Liebe und ihrer Fruchtbarkeit ist daher die Bereitschaft, Kindern das Leben zu schenken und sie christlich erziehen zu wollen.“
Die katholische Kirche stehe zur Sicherung der Zivilehe als Voraussetzung für das Ehesakrament. Mit dem Angebot einer Segensfeier für alle Paare, die ihre Partnerschaft unter den Segen Gottes stellen wollen, könnte die Kirche eine neue Sogwirkung erzielen. Der Aussage Hoffmanns – „Es ist an der Zeit, Menschen, die als Paar vor und auch außerhalb einer Ehe wertschätzend und in Liebe zusammenleben, nicht zuzuschreiben, sie lebten in Sünde, und das Gleiche gilt für Paare in einer zivilen Zweitehe nach einer Scheidung und für homosexuelle Lebenspartnerschaften“– stimmten alle Teilnehmer der Gesprächsrunde zu. Die Kirche solle diese Paare auf ihrem Weg begleiten und ihre Beziehung wertschätzen.
Bei der Gesprächsrunde war eine große Bereitschaft zur barmherzigen Aufnahme gleichgeschlechtlicher Paare in der Kirchengemeinde spürbar, auch wenn dies noch gewöhnungsbedürftig sei. Ein Teilnehmer äußerte die Befürchtung, dass der Ehebegriff bald dahingehend aufgeweicht werden könnte, dass mehr als zwei Personen miteinander verheiratet sein können und das irgendwann als normal empfunden werde.