Brunnenfest ohne Brunnen
Die Siedler feierten an ungewohnter Stelle. Das hing mit dem Wetter zusammen, trübte aber nicht die Stimmung
Bobingen Siedlung
Ein Brunnenfest ohne Brunnen? In der Siedlung geht das schon. Eigentlich ist das Brunnenfest – hervorgegangen aus dem ehemaligen Waldfest, dann Siedlerfest – ein Stadtteilfest, wie viele andere auch. Aber nur auf den ersten Blick. Denn genau genommen ist die Bobinger Siedlung gar kein Stadtteil. Sie zählt vielmehr zum Hauptort Bobingen. Das stört hier aber niemanden. Denn die Bewohner der Siedlung fühlen sich zwar zu Bobingen gehörig, aber im Herzen sind sie „Siedler“.
Das mag vielleicht an der räumlichen Entfernung zum Hauptort liegen. Immerhin sind das mehr als zwei Kilometer über die Wertach durch freies Feld. Und erst wenn man den Fluss überschritten hat, ist Bobingen zu sehen. Es mag aber auch an der besonderen Geschichte der Siedlung, die ja als Arbeitersiedlung der Farbwerke Hoechst gegründet worden war, liegen. Denn nur durch harte Arbeit, Enthusiasmus und starken Zusammenhalt, war es überhaupt möglich, jenseits der Wertach einen neuen Lebensraum zu schaffen. Dabei zogen alle an einem Strang. Auch die Flüchtlinge, die damals hier eine neue Heimat fanden.
So war das Fest ursprünglich eine Gelegenheit, sich vom harten Alltag zu erholen und das Gefühl der Gemeinschaft zu pflegen. Daraus entwickelte sich eine Tradition, hochgehalten von der Siedlergruppe Bobingen. Für einen echten „Siedler“gehört es einfach dazu, dort Mitglied zu sein.
Fragt man die vielen Besucher des Festes, was das Besondere dieser Feier ausmacht, dann hört man immer wieder nicht unbedingt die gleichen, aber doch sehr ähnliche Antworten. Zum einen bewahrt es Tradition und Heimatverbundenheit, zum anderen trägt es dazu bei, auch die neuen Mitbürger der Siedlung, die ja in den letzten Jahren vermehrt Zuzug erfahren hat, kennenzulernen und zu integrieren. Und wo sollte das besser gelingen, als bei einem Bier und einer guten Brotzeit?
So trugen also viele freiwillige Helfer, allen voran die Vorsitzende der Siedlergruppe, Ulrike Jürges, zum Gelingen bei. Es machte auch niemandem etwas aus, dass nicht am Brunnen, sondern auf dem Vorhof der Grundschule gefeiert wurde. Denn die Organisatoren trauten der Wettervorhersage nicht ganz und wollten näher an der eventuell „rettenden“Schulturnhalle sein. Doch das Wetter spielte mit und Besucher meinten: „Es ist doch egal wo gefeiert wird, Hauptsache es wird gefeiert“. Tatsächlich wurde zu vorgerückter Stunde sogar das Bier knapp. Doch es konnte Nachschub organisiert werden und die Feier musste nicht vorzeitig beendet werden. Jürges dankte den vielen Helfern, zu denen auch der Zweite Vorsitzende der Siedlergruppe und Stadtrat Helmut Jesske sowie Zweiter Bürgermeister Klaus Förster zählten. Beide wohnen ja in der Siedlung. Da sei es Ehrensache, so ein Event zu unterstützen, meinten sie.