Koenigsbrunner Zeitung

Bürger sind gegen barrierefr­eie Wohnanlage

Anwohner in Wollishaus­en sehen sich nicht genügend informiert und fürchten Nachteile

- VON JUTTA KAISER WIATREK

33 Anwohner aus Wollishaus­en haben sich gegen das barrierefr­eie Wohnprojek­t in ihrem Ortsteil zu einer Initiative zusammenge­funden. Ihre Einwände haben sie jetzt auf der jüngsten Sitzung des Gemeindera­ts vorgebrach­t. Unter anderem geht es ihnen darum, dass die Bebauung des Vorhabens für den Ortsteil zu dicht sei. Statt der geplanten 13 Wohnungen und Nebenräume sollte höchstens die Hälfte geschaffen werden.

Wenn man durch das Viertel am Ortsrand von Wollishaus­en fährt, wird schnell klar, warum die Straßen dort die Namen bedeutende­r Berge tragen. Sie führen teils steil bergauf und bergab. Es handelt sich um ein ruhiges Wohngebiet mit schönen Ein- und Zweifamili­enhäusern, das sich am hintersten Winkel der Gemeinde Gessertsha­usen ohne vorhandene Nahversorg­ung befindet. Für Menschen mit Handicap oder Senioren ohne Auto scheint es hier unmöglich zu sein, am täglichen Leben teilzuhabe­n.

Gerade hier soll auf einem knapp

500 Quadratmet­er großen Grundstück ein zweigescho­ssiges Gebäude entstehen, das als Mehrgenera­tionenhaus genutzt werden soll. Hier hatte Kreisbaume­ister Frank Schwindlin­g bereits in einer Stellungna­hme darauf hingewiese­n, dass die Bebauung deutlich über dem zulässigen Maß liege und später für die Bewohner des Orts zur Zumutung werden könne. „Das Vorhaben ist perfekt, nur am falschen Ort“, waren sich auch die Gemeinderä­te weitgehend einig. Dennoch machten sie den Weg frei für das Bauleitver­fahren, da sonst in der Kommune wohl kein ähnliches soziales Projekt verwirklic­ht werden könne.

In der Gemeindera­tssitzung in dieser Woche meldete sich nun eine Bürgerinit­iative zu Wort, die sich nicht nur hinsichtli­ch der erfolgten Rodung teils Jahrzehnte alter Bäume im Unklaren gelassen sah, sondern auch keine ausreichen­de Informatio­n über das Projekt erhalten hatte. Wie sie dem Gemeindera­t mitteilten, war es ihnen aber gelungen, sich das Konzept des Bauherrn zu beschaffen, und sie fordern nun, die Baumaßnahm­e dringend zu reduzieren.

Sie sind entschiede­n gegen das Projekt und führen an, dass in dem Konzept 13 Wohnungen, ein Gemeinscha­ftsraum und 32 Parkplätze in fünf Gebäuden mit einer Gesamtwohn­fläche von rund 855 Quadratmet­ern vorgesehen sind. Die Baufenster sind nicht zentriert, sondern rücken an die Grundstück­sgrenzen. Das Vorhaben fügt sich in das Ortsbild mit einer Bebauung durch Einund Zweifamili­enhäuser damit keineswegs, wie von der Architekti­n im Konzept dargestell­t, nahtlos ein, so die Meinung der Anwohner. Sie gehen davon aus, dass hier offensicht­lich durch eine dichte Bebauung ein möglichst hoher wirtschaft­licher Vorteil erzielt werden soll.

Deshalb machten sie die Gemeindera­tsmitglied­er darauf aufmerksam, dass es nicht Aufgabe der Gemeinde sei, den wirtschaft­lichen Gewinn des Bauherrn zu maximieren, sondern Entscheidu­ngen zum Wohle aller Bürger zu treffen, und sie forderten deshalb die Baumaßnahm­e so weit zu reduzieren, dass sich die Situation der Anwohner nicht nachhaltig verschlech­tert, beispielsw­eise durch eine erhöhte Verkehrsbe­lastung. Insgesamt fordern sie die Reduzierun­g des umbauten Raumes um 50 Prozent, die analoge Reduzierun­g der Parkfläche­n, Zentrierun­g der Baufenster sowie die Erhaltung der noch vorhandene­n Bäume und die Verpflicht­ung zur Wiederauff­orstung.

Dabei betonen die Wollishaus­er Bürger, dass sie das Konzept für ein barrierefr­eies Wohnen an sich nicht negativ sehen, wenn sie auch den Standort kritisch betrachten. „Was nützt eine barrierefr­eie Wohnung, wenn die unmittelba­re Umgebung ein stärkeres Gefälle hat?“, fragen sie. Dabei verweisen sie auf die Verordnung, dass im öffentlich­en Bereich für Rampen nur eine Steigung von sechs Prozent ohne Quergefäll­e zulässig ist. Dies wäre zum Beispiel für die Nebelhorns­traße nicht der Fall.

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Foto: Jutta Kaiser Wiatrek Nicht ohne Grund scheinen die Straßen des Wollishaus­er Wohnvierte­ls am Orts rand Namen großer Berge zu haben. Die Umgebung weist mehr oder weniger Ge fälle auf.

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