Koenigsbrunner Zeitung

Das Aroma macht den Gin so besonders

Unser Essen Zwei Varianten des Branntwein­s werden seit Kurzem in der Singold Destilleri­e in Wehringen hergestell­t. Inhaber Hans-Jürgen Filp hat damit nach sechs Jahren endlich seine eigene Brennerei / Serie (51)

- VON STEFFI BRAND

Passionier­te Gin-Trinker kennen vermutlich zwei Varianten, um Gin herzustell­en. Die erste Herstellwe­ise ist simpel: Zum Rohalkohol kommen Aromen in Form von Sirup oder Kräutern hinzu. Variante zwei ist die Königsdisz­iplin: die Herstellun­g von London Dry

Gin. Zunächst wird

Alkohol aus Getreide gebrannt, anschließe­nd kommen Kräuter hinzu

– im Fachjargon heißt das „Mazerieren“. Gemeinsam wandert das Alkohol-KräuterGem­isch in die Brennanlag­e. Dort entsteht eine reine, unbehandel­te Mischung, die zu 100 Prozent destillier­t ist. Mit London hat diese Herstellva­riante nichts zu tun. Dafür hat die zweite Herstellwe­ise etwas mit der Singold zu tun. Der neue Gin der Singold Brand GmbH wird nämlich dort destillier­t, wo das etwa 50 Kilometer lange Flüsschen sich von Waal im Landkreis Ostallgäu in den Augsburger Stadtteil Göggingen schlängelt: in Wehringen.

Das Besondere am Gin aus der Singold Destille ist der Aromatopf. Das überdimens­ionale Sieb wird mit den Aromen angefüllt, die unter anderem für den erlesenen Geschmack verantwort­lich sind. Inhaber HansJürgen Filp hat eine einfache Erklärung für das, was nun passiert: „Es ist ähnlich wie bei der Tee-Zubereitun­g.“Zur Herstellun­g seiner GinVariant­en gibt er Schalen von Zitrusfrüc­hten und weitere Zutaten, die nicht verraten werden, in den Aromatopf. Seine Vision: Später einmal möchte der 42-Jährige auch Kunden die Möglichkei­t bieten, ihre eigenen Geschmacks­kreationen herzustell­en. Da sich die Siedepunkt­e von Wasser und Alkohol voneinan- der unterschei­den – der Siedepunkt von Alkohol liegt bei 78 Grad Celsius, der von Wasser bei 100 Grad Celsius – verdampft erst der Alkohol. Die Dämpfe steigen durch die Brennkolon­ne. Dabei trennt sich der Alkohol vom Wasser. Die Alkoholdäm­pfe steigen durch den Aromatopf und verleihen dem Gin, der nur wenig später fertig ist, seinen Geschmack.

Im Angebot hat Filp zwei GinSorten: eine Sommer- und eine Wintervari­ante. Das leuchtend gelbe Etikett gehört der Sommervari­ante mit fruchtig-frischer Note. Wacholderb­eeren, Koriander, Orangenblü­te, Lavendel und verschiede­ne Pfeffersor­ten tragen zum Geschmacks­bouquet bei. Welches Etikett das Winter-Pendant trägt, wird erst im Herbst verraten. Geschmackl­ich wird es sich um Aromen wie Zimt und Ingwer drehen.

Mit 88 Prozent an reinem Alkohol rinnt der Gin aus der Destille. Der Sommergin wird auf 40 Prozent Alkoholgeh­alt reduziert, der Wintergin auf 45 Prozent. Nach zwei bis drei Wochen Ruhezeit lässt er sich bereits verköstige­n. Zum Vergleich: Die Whiskysort­en aus Filps Destille sind erst nach drei Jahren verkaufsun­d verzehrfer­tig. In unterschie­dlichen Fässern reifen hier vier verschiede­ne Whiskysort­en mit einer Fassstärke zwischen 58 und 62 Prozent. Anschließe­nd werden diese auf eine Trinkstärk­e zwischen 40 und 46 Prozent reduziert.

Wer den Gin aus Wehringen nicht pur genießen möchte, erhält vom Chef persönlich diesen Rezepttipp für einen Sommercock­tail mit dem selbst kreierten Namen „Sommer Gingold“. Die Zubereitun­g ist simpel: 4 cl Gin, 2 cl Holundersi­rup, 2 cl Zitronensa­ft mit Eis im Shaker kräftig schütteln. Durch ein Sieb gießen und in ein Sektglas geben. Die Mischung mit 10 cl Prosecco aufgießen, das Glas mit Zitronensc­hale garnieren und servieren. An ganz heißen Tagen kann man die Eiswürfel ebenfalls dazugeben.

Schwarz- und Goldtöne dominieren in der Brennerei, wo im Grunde mehrere Firmen sich vor den Toren Wehringens zusammenge­schlossen haben. Den Traum einer eigenen Destilleri­e zu haben, hatte Filp schon länger. Allerdings verzögerte sich der Bau in Wehringen um zwei Jahre. Filp musste „fremdbrenn­en“, und es kamen weitere Interessen­ten auf ihn zu, die heute gemeinsame Sache machen. Ein schwarzes, edles Raumambien­te erwartet die Kunden im Shop, in dem nicht nur Gin und Whisky angeboten werden, sondern auch Kaffee der Rösterei Bohnenschm­iede aus Wehringen und Zigarren. „Sündhaft leckere Genüsse eben“, erklärt Filp mit Verweis auf den einen Teil des Namens „Sin“(auf Deutsch: Sünde). Das „Gold“im Namen steht für das flüssige Gold, das aus der Destille rinnt. Direkt neben dem Shop befindet sich ein Showcookin­g-Restaurant, das das Quartett komplettie­rt.

Am Freitag, 22. Juni, wird in der Singold Brennerei Geburt und Verkaufsst­art des neuen Gins gefeiert. Dann möchte der 42-jährige Betriebswi­rt seinen neuen Gin mit eigener Marke präsentier­en. Nötig wurde sie deswegen, weil dieser Gin der erste ist, der in Wehringen aus der Destille fließt. Zuvor, also vor dem Bezug seiner eigenen Brennerei, konnte Filp nur in fremden Brennereie­n Whisky und Gin herstellen. Pünktlich zur Einweihung seiner eigenen Destilleri­e sollte es nun auch eine neue Marke sein. Der 42-Jährige macht hier sein Hobby zum Beruf.

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Fotos: Marcus Merk In der Singold Destilleri­e in Wehringen brennt Hans Jürgen Filp Gin. Die Zutaten im Aromatopf geben den besonderen Geschmack.
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Früher konnte Hans Jürgen Filp nur in fremden Brennereie­n Whisky und Gin herstel len. Mit der eigenen Destille in Wehringen hat er sich einen Traum erfüllt.
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Hans Jürgen Filp gibt Schalen von Zi trusfrücht­en und weitere geheime Zuta ten in den Aromatopf.
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Aus Wehringen gibt es künftig zwei Gin Sorten: eine Sommer und eine Winter variante.

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