Backbuch vs. Realität
Geburtstag hat man nur einmal im Jahr. Und aus irgendwelchen Gründen ist es üblich, den Kollegen deshalb etwas mitzubringen. Ich backe meistens Kuchen. Weil ich nicht irgendetwas mitbringen möchte, suche ich mir besonders schöne Rezepte heraus. Das Gebackene soll schließlich was hermachen. Allerdings hat die Sache einen Haken: Ich teste die Rezepte niemals vorher aus. (Wer soll all den Kuchen essen?) Ich bringe einfach etwas mit, das auf dem Foto im Backbuch schön ausschaut. Diesmal: eine Erdbeer-Sahne-SektTorte. (Ein echter Hingucker!) Zum Verständnis sei noch etwas erwähnt: Ich kann backen, aber eher auf Marmorkuchen-Niveau. Und auch der brennt manchmal an.
Bei der Erdbeertorte lief es aber ganz gut. Der Tortenboden ging im Ofen auf, aber nicht zu sehr. Er brannte nicht an und kein Vogel hat während des Auskühlens davon genascht. Die Erdbeeren waren lecker und keine verschimmelt. Die Sahne-Sekt-Creme für die Füllung ließ sich problemlos aus der Schüssel in den Tortenring gießen und schien dennoch hart zu werden (Sicherheitshalber habe ich drei Blatt mehr Gelatine verwendet als im Rezept gefordert). Das alles stimmte mich irgendwie skeptisch. Ich begründete den unerwarteten Backerfolg damit, dass man mit voranschreitendem Alter in manchen Dingen einfach besser wird.
Dann folgte der letzte Schritt. Um einen Marmoreffekt in der Cremefüllung zu erzielen, sollte Erdbeer-Tortenguss angerührt und oben auf die Sahnemasse gegeben werden. Auch das klappte – erst. Die Marmorierung entstand, es sah herrlich aus. Ich drehte mich um, stellen den Guss-Topf ab, guckte wieder zurück und blickte auf ein Sahne-Desaster. Die Füllung sickerte auf die Tortenplatte und bei mir die Erkenntnis durch: Egal wie alt man wird, manche Dinge lernt man nicht. Weiser bin ich aber schon geworden: Ich hatte in Vorausahnung des Desasters schon einen Marmorkuchen gebacken.