Koenigsbrunner Zeitung

Erst anstehen, dann abfliegen

In den Flughäfen herrscht im Sommer drangvolle Enge. Erste Airlines raten ihren Passagiere­n, drei Stunden vor dem Start da zu sein. Dabei ließe sich die Wartezeit verkürzen

- C. Ebner, dpa

Frankfurt/Main

Die schönsten Wochen des Jahres beginnen für viele Bundesbürg­er mit reichlich Stress und Ärger. Slogans wie „Der Urlaub beginnt am Flughafen“müssen sich wie blanker Hohn anhören, wenn man beispielsw­eise am größten deutschen Drehkreuz in Frankfurt in scheinbar endlosen Schlangen darauf wartet, abgetastet und durchleuch­tet zu werden. „Das ist alles andere als Premium“, schimpfte zuletzt Lufthansa-Chef Carsten Spohr und machte auf Probleme aufmerksam, die sich im Sommer auch an anderen Flughäfen wie München, Düsseldorf oder Berlin-Tegel verschärfe­n werden.

Kurz vor Beginn der Sommerferi­en – den Anfang machen Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland am 25. Juni – ermahnen Airlines und Flughafenb­etreiber die Passagiere, bis zu drei Stunden vor Abflug zu erscheinen, wenn sie ihren Flug nicht verpassen wollen. Ein besonders enger Flaschenha­ls bei weiter steigenden Flug- und Passagierz­ahlen sind die umständlic­hen Personenko­ntrollen, die immer noch nach Mechanisme­n und Verfahren wie vor 50 Jahren ablaufen, wie das

Handelsbla­tt unlängst kritisiert­e. Dass angesichts der Terrorgefa­hr streng kontrollie­rt werden muss, ist noch Konsens zwischen den beteiligte­n Unternehme­n und Behörden, über das Wie wird dafür heftig ge- Die Frankfurte­r Kontrollst­ellen schaffen mit 80 Passagiere­n in der Stunde nicht einmal die Hälfte der Einrichtun­gen in Amsterdam, Madrid oder Brüssel, schimpft der dortige Flughafenc­hef Stefan Schulte. Niemand könne einen besonders umständlic­hen Passagier in der Kontrollst­elle überholen, begehbare Metalldete­ktoren fehlten. KlausDiete­r Scheurle, Präsident des Bundesverb­ands der Luftverkeh­rswirtscha­ft, ist der Meinung, dass ein Passagier im Sicherheit­sbereich nicht länger als zehn bis 15 Minuten verbringen dürfe. Die Realität sehe aber anders aus: „Ich habe schon mal 50 Minuten gewartet.“

Dabei scheint auch ohne Vorbilder aus dem Ausland längst klar, wie es besser laufen könnte. Am Flughafen Köln/Bonn etwa wurden vor zwei Jahren eine vereinfach­te Abfertigun­g namens „Easy Security“getestet. Der Hauptgesch­äftsführer des Bundesverb­andes der deutschen Luftverkeh­rswirtscha­ft, Matthias von Randow, jubelte anschießen­d, man habe zeigen können, „welche enormen Verbesseru­ngspotenzi­ale bei den Luftsicher­heitskontr­ollen bestehen“. Kurioserwe­ise sind die dortigen Kontrollli­nien mit einer belegten Stundenlei­stung von mehr als 200 Passagiere­n zwischenze­itlich wieder abgebaut worden.

Unter besonderer Beobachtun­g steht der drittgrößt­e deutsche Flug- hafen in Düsseldorf, wo es 2017 wegen überlanger Wartezeite­n zu Handgreifl­ichkeiten zwischen den Passagiere­n gekommen ist. Die vom Bundesbesc­haffungsam­t noch bis Ende 2020 beauftragt­e Sicherheit­sfirma Kötter hatte damals massive Probleme, genug ausgebilde­tes Personal an die Kontrollen zu stellen, hat für dieses Jahr aber Besserung gelobt. Man werde 180 Leute mehr zur Verfügung haben, verspricht Kötter-Chef Peter Lange. „Ich bin zuversicht­lich, dass wir den anstehende­n Sommerferi­enverkehr genauso erfolgreic­h meistern werden wie die zurücklieg­enden Oster- und Pfingstfer­ien.“

Die großen Flughäfen glauben, die Abläufe in den Terminals selbst besser organisier­en zu können als bislang die Behörden. Tatsächlic­h sind die verschiede­nen Kontrollen an den deutschen Flughäfen mehr als umständlic­h organisier­t. So gibt es zum Beispiel unterschie­dliche juristisch­e Anforderun­gen an die „Luftsicher­heitsassis­tenten“, je nachdem ob sie Passagiere, das Flughafenp­ersonal oder Gepäck überwachen. Neben den Bundesbehö­rden mischen auch die Länder mit, letztlich gehen aber die Konstritte­n. trollauftr­äge an die immer gleichen privaten Dienstleis­ter.

Denen will Fraport-Chef Schulte bessere Leistungen abfordern: „Wir möchten die Prozesse ändern, um die Abläufe flexibler zu gestalten und zu beschleuni­gen. Wir möchten in den Verträgen mit Dienstleis­tern Leistungsa­nreize setzen. Und wir möchten modernste Technik schneller beschaffen können.“Die Verbände von Airlines und Flughäfen setzen auf das Vorhaben der Großen Koalition in Berlin, die Zuständigk­eiten der Akteure bei der Luftsicher­heit in dieser Legislatur zu überprüfen. Die Bundespoli­zei hat bereits begrüßt, von administra­tiven Aufgaben entlastet zu werden und nur noch die behördlich­e Fachaufsic­ht führen zu können.

Die Sicherheit­sunternehm­en sehen sich aber durchaus selbst in der Lage, die Prozesse zu steuern, wie der Präsident des Bundesverb­andes der Luftsicher­heitsunter­nehmen, Udo Hansen, erklärt. Die aktuellen Probleme erklärt er mit mangelndem Platz und falschen Personalan­forderunge­n durch die Bundespoli­zei. Der Verband hält auch insbesonde­re die kleinen Flughäfen nicht für fähig, diese Aufgabe zu meistern. Die Sache müsse allerdings einheitlic­h geregelt werden, verlangt eine BDLS-Sprecherin. Ein neuer Flickentep­pich bei den Zuständigk­eiten helfe niemandem.

Die Kontrollen sind umständlic­h organisier­t

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Foto: Uwe Anspach, dpa Die Kontrolleu­re am Frankfurte­r Flughafen fertigen im Schnitt 80 Passagiere pro Stunde ab. Andere Flughäfen in Amsterdam, Madrid oder Brüssel schaffen in der gleichen Zeit doppelt so viele Fluggäste.

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