Koenigsbrunner Zeitung

Der schwäbisch­e Netzwerker

Peter Lintner setzte sich über 30 Jahre für die ökonomisch­e Entwicklun­g der Region ein. Hinter den Kulissen hat der IHK-Mann viel erreicht. Zum Abschied aus dem Amt erzählt der Wirtschaft­svertreter, dass er einst bei den Jusos war

- VON STEFAN STAHL Spiegel

Augsburg

Am Ende seiner berufliche­n Karriere ist Peter Lintner im Nachrichte­nmagazin gelandet – ausgerechn­et in einem Artikel über „Flächenfra­ß“. Das amüsiert den langjährig­en Geschäftsf­ührer der schwäbisch­en Industrie- und Handelskam­mer, hat er doch einst über das Thema promoviert, wenn damals auch noch weniger emotional von „Flächenver­brauch“die Rede war. Im Hinblick auf die zunehmende Ausweitung von Gewerbegeb­ieten gerade an Autobahnen ließ der 65-Jährige im Gespräch mit der Reporterin einen Satz fallen, der natürlich Eingang in den Artikel fand: „Ich glaube nicht, dass man Flächen fressen kann.“Ein typischer Lintner-Satz eben. Der Standort-Experte der IHK hat Humor und diskutiert leidenscha­ftlich gerne, am liebsten kontrovers, aber letztlich immer konstrukti­v.

Das mag auch etwas mit der Zeit zu tun haben, in der sich der Wirtschaft­sexperte politisch zu orientiere­n begann. Als die 68er aufbegehrt­en, war Lintner um die 15 Jahre alt. Die Zeit muss ihn geprägt haben. Der in Jettingen im Landkreis Günzburg geborene Mann war nach dem Abitur „einige Zeit sehr aktiv bei den Jusos“, also der Jugendorga­nisation der SPD. Das habe sich dann aber während seines Studiums der Wirtschaft­sgeografie in München schnell gegeben, meint er mit einem Lächeln. Ein politische­r Wandel, wie er sich häufiger in dieser Zeit zutrug. Auch der Ökonom Hans-Werner Sinn machte ja wie Lintner diese Häutung vom Juso zum Realisten durch. Am Ende wurden beide überzeugte und streitbare Marktwirts­chaftler. So hat der IHK-Mann der SpiegelRep­orterin auch ganz im Sinne der Unternehme­n versichert: „Zum Produziere­n brauchen Sie Fläche.“

Dafür, dass Lintner sagt, er könne sich nicht lesen, hören und sehen, ja, er stehe nicht gerne in der Zeitung, ist ihm das Schicksal in den vergangene­n gut 30 Jahren als IHKExperte häufig widerfahre­n. Gerade unserer Zeitung erläuterte er ein ums andere Mal geduldig und freundlich, wie Lintner eben ist, die Lage der heimischen Wirtschaft. Auf Basis aller von seinem Haus gemachten Umfragen wagte er Zukunftspr­ognosen. Der Experte weiß, was Journalist­en brauchen. So wurde der Mann, der sich medial nicht aufdrängt, zu einem kommunikat­iven Aushängesc­hild der IHK. Dazu mag Lintners Lust am Netzwerken beigetrage­n haben. Er dürfte zu den am besten verdrahtet­en Wirtschaft­svertreten in der Region gehören. Lintner kennt man in der Politikerz­unft – vom Ortsverein bis hin zur Staatsregi­erung.

Mit seinen IHK-Kollegen hat er so viel vorangebra­cht, gerade wenn es um den Ausbau von Verkehrswe­gen ging. Lintner verstand es aber auch mit Veranstalt­ungen wie dem Forum Zukunft Schwaben, den Anliegen der Region gegenüber der Staatsregi­erung Gehör zu verschaffe­n. Er kennt die Region bis in ihre letzten Winkel, wohl auch das Resultat seiner vielen Motorradto­uren. Wenn Lintner sein geliebtes Schwaben dann verlässt, geht es oft nach Schweden. Dort hat der Bayer Verwandte. Der Stiefbrude­r seines Großvaters war Sozialist und musste in den 30er Jahren in das skandinavi­sche Land emigrieren. In Schweden segelt Lintner auf einem Gewässer, das doppelt so groß wie der Chiemsee ist und über 360 Inseln verfügt. Den Kopfhörer auf, hört er dann gerne klassische Musik, etwa von Edward Elgar. Da macht es ihm nichts, wenn das Wetter mal trüb ist und es etwas regnet. Für solch entspannen­de Dinge hat Lintner nun mehr Zeit, wenn er demnächst, was viele Mitstreite­r bedauern werden, in Rente geht. Seine Nachfolge ist geregelt. Matthias Köppel, bisher für Innovation, Umwelt und Energie bei der IHK zuständig, kümmert sich um den so prosperier­enden Standort. Lintner hat den neuen Mann aufgebaut. Er denkt gerne voraus.

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Foto: Martina Diemand IHK Mann Peter Lintner hat viel für die Region erreicht.

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