Koenigsbrunner Zeitung

Kandel: Warum Mia sterben musste

Von diesem Montag an arbeitet das Landgerich­t Landau den Mord an der 15-Jährigen auf. Der Prozess gegen einen afghanisch­en Flüchtling findet unter Ausschluss der Öffentlich­keit statt

- Jasper Rothfels, dpa

Landau

Mia hat keine Chance. Sieben Stiche treffen die 15-Jährige in einem Drogeriema­rkt im pfälzische­n Kandel. Einer, der ins Herz, ist tödlich. Das Verbrechen vom 27. Dezember 2017 zerstört nicht nur Mias Leben und das ihrer Familie. Es löst auch eine Debatte über den Umgang mit Flüchtling­en aus – und beschert dem Ort eine Welle von Demonstrat­ionen rechtspopu­listischer Gruppierun­gen. Denn der mutmaßlich­e Täter, mit dem das Mädchen einige Wochen zuvor eine Beziehung beendet hat, ist ein Flüchtling aus Afghanista­n.

An diesem Montag beginnt vor der Jugendkamm­er des Landgerich­ts Landau hinter verschloss­enen Türen der Mordprozes­s gegen den jungen Mann – zu einer Zeit, in der erst der gewaltsame Tod eines anderen Mädchens deutschlan­dweit Entsetzen und Empörung ausgelöst hat: Die 14-jährige Susanna aus Mainz ist kürzlich in Wiesbaden getötet worden. Ein Flüchtling aus dem Irak hat die Tat zugegeben.

Nach Ansicht des evangelisc­hen Pfarrers Arne Dembek, der Mia konfirmier­t hat, hat ihr Tod „Spuren im kollektive­n Gedächtnis hinterlass­en“. Susannas Tod sei vor diesem Hintergrun­d ein Déjà-vuErlebnis.

Alarmzeich­en hatte es schon vor Mias Tod gegeben. Sie hatte sich Anfang Dezember von dem jungen Mann getrennt, der zuvor durch eine Körperverl­etzung bei einem Schulhofst­reit aufgefalle­n war. Nach Darstellun­g der Ermittler hatte die Beziehung mehrere Monate gedauert. Der Verdächtig­e suchte weiter Kontakt, was aber nicht gut ankam.

Am 15. Dezember erstattete Mia Anzeige gegen den Ex-Freund wegen Beleidigun­g, Nötigung, Bedrohung und Verletzung persönlich­er Rechte. Zwei Tage später folgte eine Anzeige des Vaters. Es war die Rede davon, dass der Ex-Freund ehrverletz­ende Bilder des Mädchens anderen zugänglich gemacht und gedroht haben soll, Mia am Bahnhof „abzupassen“. Noch kurz vor der Bluttat soll dem jungen Mann von Polizeibea­mten eine Vorladung überbracht worden sein.

Am Tattag soll er Mia und zwei Begleitern in einen Supermarkt gefolgt sein und dort das Tat-Messer gekauft haben. Danach, so die Ergerade mittler, folgte er dem Mädchen in den Drogeriema­rkt. Er ging auf Mia zu und stach unvermitte­lt mehrfach auf sie ein – getrieben von übersteige­rter Eifersucht und Rache. Ihm wird Mord zur Last gelegt.

Er selbst hatte sein Alter mit 15 Jahren angegeben. Ein Gutachten der Staatsanwa­ltschaft ergab, dass er zur Tatzeit mindestens 17 Jahre und sechs Monate alt war, wahrschein­lich aber 20. Da ein Zusatzguta­chten Zweifel nicht ausräumen konnte, ging das Landgerich­t in Anwendung des „Zweifelsgr­undsatzes“davon aus, dass er zur Tatzeit das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Bei Angeklagte­n zwischen 14 und 17 gilt das mildere Jugendstra­frecht, das den Ausschluss der Öffentlich­keit ermöglicht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany