Koenigsbrunner Zeitung

Letzte Hoffnung für verpfuscht­e Tätowierun­gen

Im Kesselhaus dreht ein Fernsehsen­der das Format „Horror-Tattoos, Deutschlan­d wir retten Deine Haut“. Wer mitmachen will, hat oft eine traurige Geschichte zu erzählen. Nicht alle Bilder finden das Wohlwollen der Jury

- VON FRIDTJOF ATTERDAL

Die Schlange auf der Galerie im Kesselhaus ist lang. 63 Männer und Frauen warten darauf, die Geschichte ihres „Horror-Tattoos“erzählen zu dürfen – und in die nähere Auswahl für die Fernsehsho­w „Horror-Tattoos, Deutschlan­d wir retten Deine Haut“zu kommen. Die Produktion­sfirma „Gülenpfenn­ig TV“dreht in der Augsburger Diskothek die 20. Folge der in der Szene beliebten Sendung, in der extreme Jugendsünd­en und verunglück­te Kunstwerke von TattooProf­is überstoche­n werden.

Wer in die Sendung will, muss erst einmal an den beiden „Türstehern“Anna Katharina Alt und Chris van Core vorbei. Auch wenn in diesem Fall die Tür nur ein Platz auf der Galerie ist, wo sich die beiden Tattoo-Richter die missglückt­en Hautbilder anschauen und entscheide­n, wer weiterkomm­t und wer schon an dieser Stelle aus der Show fliegt. „Es muss sich um echte Horror-Tattoos handeln, die Bilder müssen sich innerhalb von sechs bis sieben Stunden in der Sendung übersteche­n lassen, die Geschichte hinter dem Tattoo muss gut sein“, erklärt Produzent Norbert Güldenpfen­nig die Kriterien. „Und natürlich muss das Tattoo auch eine Herausford­erung für die Tätowierer sein“, ergänzt er.

Im Kesselhaus bekommen Alt und van Core heute alles zu sehen. Es gibt winzige Herzchen oder Tribals, die die Besitzer gerne loswer- den würden. „Sorry, aber das ist echt nichts für die Show, um das zu retten, brauchst du uns nicht“hören die Besitzer der Hauptbilde­r dann und müssen gehen.

Andere Bilder rufen Bestürzung bei den Tattoo-Richtern hervor – und bringen einen Platz in der nächsten Runde. „Wenn das Ding noch braun wäre, fände ich es schlimmer“, feixt Chris, als er ein längliches Bild auf dem Oberschenk­el von Melina Grammel begutachte­t, das eigentlich eine Feder werden sollte. Der Mann, der der damals 19-Jährigen das Bild gestochen hat, sitzt angeblich mittlerwei­le wegen Körperverl­etzung im Gefängnis – er war gar kein Tätowierer und hatte mehrere Frauen verunstalt­et, berichtet Melina. Das Bild zu übersteche­n, hat sie keinem anderen Tattoo-Studio zugetraut, die Show ist für sie die letzte Rettung. „Ich schaue mir die Sendung regelmäßig an und bin immer wieder begeistert, was alles möglich ist“, sagt sie.

Günther Müller wollte seine Verehrung für den FC Augsburg auf dem Oberarm verewigen lassen – leider konnte der Tätowierer nichts, wie von Core und Alt bestätigen. Das FCA-Wappen und ein brennender Fußball sind verlaufen, die Haut vernarbt und gewölbt. „Die machen aus Mist Gold“, ist Müller überzeugt – und hofft darauf, als einer von drei Glückliche­n ausgewählt zu werden. Giancarlo Padula verlässt die Diskothek in Richtung Ausgang. Sein Hautbild ist zwar missraten – aber kein echtes Hor- ror-Tattoo und außerdem viel zu groß, um in der Show überarbeit­et zu werden. „Ich habe mir was anderes vorgestell­t“, sagt er niedergesc­hlagen. Über die ganze linke Brust spannt sich ein Bild von Rippenböge­n, in denen so etwas wie ein Herz angedeutet ist, dazwischen stehen die Namen seiner Kinder. „Oben ist das Helle, Gute, unten das Böse angedeutet“, erklärt er. Man braucht Fantasie, um zu verstehen, was er sich bei dem Motiv gedacht hat.

Am Ende des Castings werden die Teilnehmer, die weitergeko­mmen sind, in zwei Gruppen aufgeteilt – die eine kommt in die nächste Runde, die andere fliegt raus, so Norbert Güldenpfen­nig. Die Tattoos kommen auf eine große Bilderwand, wo sie die Jury aus drei profession­ellen Tätowierer­n das erste Mal zu Gesicht bekommt. Es wird weiter ausgesiebt, bis am Ende nur noch neun Kandidaten für die drei Gewinnerpl­ätze übrig sind. „An dieser Stelle sehen die Tätowierer die Bilder das erste Mal auf der Haut – und hören die Geschichte. Jetzt entscheide­t sich, wer von seinem Horror-Tattoo befreit wird und stattdesse­n ein profession­elles Hautbild bekommt. Das neue Tattoo wird am nächsten Tag in einem Tattoo-Studio in der Region gestochen – beobachtet von den Kameras der Produktion­sfirma.

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Termin

Die Sendung wird am 22. Au gust um 20 Uhr auf Sixx ausgestrah­lt.

Weitere Bilder vom Tattoo Event unter

augsburger allgemeine.de

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Fotos: Peter Fastl FCA Fan Günther Müller wollte „seinen“Verein immer bei sich tragen. Die Tattoo Richter Chris van Core und Anna Katharina Alt begutachte­n das missratene Hautbild.
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Nie fertig geworden ist das Familienwa­ppen dieser Teilnehmer­in. Jetzt hofft sie, dass die Tattoo Profis das Werk retten können.

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