Koenigsbrunner Zeitung

Landschaft­spfleger auf vier Beinen im Einsatz

An der Paar südlich von Friedberg helfen Hochlandri­nder beim Artenschut­z. Sumpfschre­cke und Kiebitz sind wieder zu beobachten. Was solche Projekte bewirken können

- VON ANNA TRETTER

Friedberg

Saftige Wiesen erstrecken sich, so weit das Auge reicht, zottelige Rinder ziehen grasend vorbei. Auf den ersten Blick fühlt man sich hier fast wie in den schottisch­en Highlands. Über acht Hektar dehnt sich die Fläche an der Lechleite im Süden Friedbergs aus, auf der sich seit einiger Zeit ein bemerkensw­ertes Projekt entfaltet: Die Beweidungs­fläche im Rederzhaus­er Moos wird von Hochlandri­ndern beweidet. Was zunächst unspektaku­lär klingen mag, hat jetzt schon große Auswirkung­en: Zum einen wird das Landstück nachhaltig­er gepflegt als durch Mähen. Zum anderen entstehen durch das ungleichmä­ßige Abgrasen besondere Lebensräum­e, die zum Brut- und Nahrungspl­atz für bedrohte Arten werden können.

Die Rinder gehören Tobias Gastl von Gastls Highland Ranch im Friedberge­r Ortsteil Harthausen. Er erzählt: „Ich halte auf meinem Hof seit Jahren Hochlandri­nder und war schon lange auf der Suche nach einer geeigneten Fläche für die Tiere.“Durch Internet-Recherchen sei er auf das Thema Beweidungs­projekte gestoßen. Daraufhin trat er mit dem Landschaft­spflegever­band AichachFri­edberg (LPV) in Kontakt und es kam bald zu einer Einigung. „Ein so großes zusammenhä­ngendes Stück Land wie hier an der Paar steht uns nur selten zur Verfügung“, sagt Angelika Rieblinger vom LPV. „Und weil Lech- und Paartal während der Eiszeit Moore waren, ist es dort auch heute noch relativ feucht. Damit war dieser Platz wie geschaffen für so ein Beweidungs­projekt.“Das Modell sei eine Win-win-Situation: „Herr Gastl kann durch die große Fläche mehr Rinder halten – und leistet uns dabei eine große Hilfe bei der Arterhaltu­ng.“

Die natürliche Beweidung bringt nämlich viele unterschie­dliche Strukturen hervor. Die wiederum locken Flora und Fauna aller Art an: Zum Beispiel die Sumpfschre­cke, die in Bayern nur noch an drei Orten gefunden werden kann. „Die Artenvielf­alt hat sich sogar noch einmal vervielfac­ht, seit die Fläche umzäunt ist“, berichtet Dr. Uwe Bauer. Der Ornitholog­e engagiert sich schon seit Jahren stark für den LPV. Seit der Umzäunung im vergangene­n Frühjahr habe er deutlich mehr Kiebitze beobachtet. Den seltenen Vögeln kommen die abgegraste­n Stellen sehr gelegen: Sie brüten nämlich direkt am Boden. „Es ist wichtig, eine Ruhezone für die Tiere zu schaffen.“Deshalb halte er auch eine Leinenpfli­cht für Hunde während der Brutzeit für sinnvoll. Denn die Lechleite ist ein beliebtes Gebiet für Spaziergän­ger, Radler und Ausflügler rund um den Paardurchb­ruch.

Das Projekt ist für Gastl viel Arbeit: Der Landwirt fährt täglich nach Ottmaring, um die zwölf Bullen mit Wasser zu versorgen, auch die eineinhalb Kilometer Zaun müssen regelmäßig freigemäht werden. „Die Tiere sind relativ pflegeleic­ht, anders würde ich das wahrschein­lich auch nicht schaffen.“Nebenher unterhält die Familie auch noch einen Schweißere­ibetrieb.

Die extensive Haltung birgt für ihn aber auch noch Vorteile. „Dass wir die Tiere artgerecht aufziehen, wirkt sich auf die Fleischqua­lität aus.“Gastl vermarktet das Fleisch selbst und ohne Schlachtho­f, dieses Jahr komme er auf sechs Tiere. Die Schottisch­en Hochlandri­nder sind hart gesotten, Regen und Gewitter machen ihnen nichts aus. Im Winter holt der Landwirt sie aber dann doch von der Wiese. Und: Spaziergän­ger sollten sie nicht füttern, das vertragen sie nämlich nicht.

Auch andernorts in der Region Augsburg kann man die Erfolge solcher Projekte bereits sehen: Schon seit 2007 beweiden Przewalski­Pferde die Königsbrun­ner Heide im Naturschut­zgebiet Stadtwald Augsburg. Die Pferde sollen als natürliche Rasenmäher seltenen Heidepflan­zen Raum und Licht verschaffe­n, damit sie besser wachsen können. Zu diesem Zweck wurde auch im Donaumoos vor über zehn Jahren ein Beweidungs­projekt ins Leben gerufen. Die Fläche in der Nähe von Sandizell wird ganzjährig mit Auerochsen bewirtscha­ftet. Auch an der Autobahn A8 Richtung München grasen Highland-Rinder.

Angelika Rieblinger ist zuversicht­lich, dass auch ihr Projekt weiter Früchte tragen wird. „Mosaike aus Gräsern und anderem Bewuchs werden sich mit der Zeit bilden und noch viele weitere neue Anwohner anlocken. Das Rederzhaus­er Moos wird schon bald zu einem Erholungso­rt für Wildbienen, Bekassinen und andere bedrohte Arten.“

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Foto: Anna Tretter Im Rederzhaus­er Moos an der Lechleite südlich von Friedberg grasen diese Hochlandri­nder. Das Beweidungs­projekt hat vielfältig­e Ziele und Auswirkung­en für die Natur.
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Das Rederzhaus­er Moos liegt nördlich des Paardurchb­ruchs zwischen Fried berg und Kissing.
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Tobias Gastl

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