Koenigsbrunner Zeitung

Liebe auf den zweiten Blick

Als sich Aloisia und Josef Rupp zum ersten Mal trafen, hat es nicht sofort gefunkt. Aber dann. Nun sind sie seit 70 Jahren verheirate­t und haben einfache Tipps für alle, die es ihnen nachmachen wollen

- VON KRISTINA BECK

Sommer 1946 – Aloisia und Josef in Leitershof­en beim Tanzen – Walzer, Tango, Slow Fox. Dass dieser ersten Begegnung 72 Jahre Seite an Seite folgen würden, hätten sie wohl nicht vorhergesa­gt, denn: „Es war Liebe auf den zweiten Blick, dann aber richtig“, sagt Aloisia Rupp. Zwei Jahre später, am 19. Juni 1948, wird die Liebe offiziell besiegelt. Ein Schulfreun­d des Bräutigams, mit dem ihn bis heute eine tiefe Freundscha­ft verbindet, chauffiert das zukünftige Ehepaar mit einer Kutsche in die Kirche. Und obwohl die Hochzeit einige widrige Umstände verkraften muss – es regnet bis in die Nacht hinein und das Geld reicht nur für eine Feier im kleinen Kreis – , ist die Aufregung über das Liebeserei­gnis enorm. Da stört auch eine kleine Verwechslu­ng nicht: „Ich war so aufgeregt, dass ich statt dem Pfarrer dem Messner die Hand gab“, berichtet die Ehefrau. Weitere 70 Jahre später ist das anfänglich­e Stolpern nicht mehr als eine Anekdote. Was zählt, ist das Hier und Heute.

Und das ist ein wahrer Grund zum Bewundern. Aloisia Hötzel kam am 1. Mai 1924 im damaligen Sudetenlan­d auf die Welt, von wo aus sie 1946 vertrieben wird. Die Familie landet in Leitershof­en. Josef Rupp verlor früh seine Eltern und wuchs bei seinem Onkel in Bergheim auf. Die junge Frau arbeitete in der Metallfabr­ik und in der Spinnerei. Er machte beim GetriebeHe­rsteller Renk eine Ausbildung als Elektriker. Dann kam besagter Tanz. Die Hochzeit. Kinder.

Tochter Inge bekommt die Vermählung im Bauch ihrer Mutter mit; das Brüderchen Horst gesellt sich sechs Jahre später dazu. Die Geschwiste­r bekommen die volle Aufmerksam­keit ihrer Mutter, die sich zu Hause um die Kinder kümmert. „Mama war immer für uns da“, erzählt Inge Grund. Aber auch der Vater, der sich neben seiner Arbeit bei Renk als Fußballtra­iner beim SV Bergheim engagierte, ließ es nicht an Fürsorge fehlen. So war er hin zu wieder mit den Kindern beim Skifahren – öfter war finanziell nicht zu stemmen.

Sport ist bei den Rupps ein wichtiges Thema: Der Ehemann war Gründungsm­itglied des SV Bergheim und widmete sich seit jeher als Fußballer und später als Fußballtra­iner der Vereinsarb­eit. Das bezeugt eine Urkunde, die ihn für seine 75 Jahre Mitgliedsc­haft auszeich- net. Pflichtbew­usst und humorvoll verstand es „Zwicker“, wie er als Libero und Trainer genannt wurde, Familie, Beruf und Sport unter einen Hut zu bringen. Seine Frau unterstütz­te ihn vom Spielfeldr­and aus und bekam selbst mal den Zusatzname­n „Frau Zwicker“verpasst. Und bis heute hat ihr Interesse für Fußball nicht nachgelass­en – etwa bei der Weltmeiste­rschaft.

„Zwicker“ist der bunte Hund im Dorf. So traf man ihn noch vor drei, vier Jahren beim Frühschopp­en im Jägerhaus an, wo leidenscha­ftlich gekartelt wurde: 66, Schafkopf, Watten. Da wurde selbst der Pfarrer übers Ohr gehauen, erzählt er. Aber seinem Ansehen in Bergheim hat es keinen Abbruch getan: Viele helfende Hände hatten die Rupps beim Bau ihres Mehrfamili­enhauses. Im neuen Heim geht das Paar seiner gemeinsame­n Leidenscha­ft nach: Im Garten zu werkeln und zu kochen. Eine weitere Quelle der Freude sind ihre Enkelkinde­r Julia, 32, und Thomas, 49, der ihnen die Urenkel Constantin, 11, und Leli, 1, schenkte. Mit ihnen allen werden sie das Jubiläum (die sogenannte „Gnadenhoch­zeit“) feiern – an der Seite auch langjährig­e Freunde und ein Vertreter des Bürgermeis­ters. Kaffee und Kuchen wird es geben, bei warmem Wetter im Garten angestoßen.

Die Rupps sind bescheiden, was Wünsche angeht: „Dass wir noch eine Zeitlang zusammen sind und vielleicht ein bisschen gesünder. Das ist das Wichtigste. Und dass die Kinder und alle zusammenbl­eiben“, sagt die Jubilarin.

70 Jahre – Aloisia und Josef Rupp haben bereits zehn Mal das verflixte siebte Jahr überstande­n. Auf die Frage, wie das gelingen könne und ob sie einen Rat an junge Liebende hätten, antwortet Aloisia Rupp: „Dass sie ein bisschen zufriedene­r und großzügig miteinande­r sind.“Man müsse sich unterstütz­en und den Rücken des Partners in schwierige­n Zeiten freihalten. Das Prinzip der Gegenseiti­gkeit ist oberste Prämisse einer gelungenen Beziehung. Das verrät ihr Umgang miteinande­r: Sanft streichelt Aloisia ihrem geliebten Ehemann über den Arm, als sie für das Foto posieren.

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Foto: Bernd Hohlen Aloisia und Josef Rupp haben am 19. Juni 1948 geheiratet – am Dienstag feiern sie ihren 70. Hochzeitst­ag.

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