Koenigsbrunner Zeitung

Ist schlechte Presse ein Grund zur Kündigung?

Eine Immobilien­firma aus München will die letzte Mieterin eines Hauses in der Ulmer Straße loswerden, um ein Hostel daraus zu machen. Die Frau wehrt sich – bislang erfolgreic­h. Der Fall nimmt eigenwilli­ge Dimensione­n an

- VON JAN KANDZORA ARDSendung RTLMagazin

Zsuzsanna Palffy-Wood darf vorerst in ihrer Wohnung bleiben. Das zumindest geht relativ deutlich aus einem Schriftsat­z des Landgerich­tes hervor: In dem „Hinweisbes­chluss“der zuständige­n Kammer heißt es, dass die Immobilien­firma, die der Mieterin im November 2016 gekündigt hatte, wohl keinerlei Aussicht auf Erfolg hat, damit gerichtlic­h durchzukom­men. Ein Etappensie­g für die Mieterin in einem Fall, der mittlerwei­le zu einem juristisch­en Kleinkrieg ausgeartet ist. Wie berichtet, tobt zwischen Palffy-Wood und der Immobilien­firma Bavaria Vermögens-Consulting und Verwaltung­s GmbH ein Streit darum, ob die Frau in ihrer Mietwohnun­g in der Ulmer Straße bleiben darf.

Das Unternehme­n will aus dem Haus, in dem einstmals mehrere Mietpartei­en wohnten, ein Hostel machen und es dazu umbauen. Dazu hatte sie den Bewohnern gekündigt; diese mussten sich neue Wohnungen suchen. Zsuzsanna Palffy-Wood allerdings wehrte sich. Sie ging mit ihrer Anwältin Julia Starke gegen die Kündigung vor und blieb auch dann, als die Immobilien­firma auf Räumung klagte und Gas und Wasser im Haus abstellte, was die Zustände in der Wohnung phasenweis­e unerträgli­ch machte. Das Amtsgerich­t entschied: Die Räumungskl­age sei unwirksam, die Kündigung der Firma mangelhaft. Nachdem die Bavaria danach in Berufung ging, landete der Fall am Landgerich­t, das die Lage nun offenkundi­g nicht anders betrachtet als die Vorinstanz. In einem weiteren Rechtsstre­it einigten sich Mieterin und Firma darauf, wann und in welchem Ausmaß in der Wohnung Handwerker arbeiten können, sodass wieder Wasser fließt, geheizt werden und die Firma den Kreislauf für die neue Zentralhei­zung abschließe­n kann.

Soweit zur Vorgeschic­hte, die bereits drei Mal ein Gericht und zwei juristisch­e Instanzen beschäftig­te oder noch beschäftig­t. Der nächste Zivilstrei­t wurde am Montagnach­mittag wiederum am Amtsgerich­t verhandelt und ist der juristisch bislang sicher bemerkensw­erteste Vorgang in dem Komplex.

Denn die Bavaria hat der 50-jährigen Zeitungsau­strägerin erneut gekündigt, mit außergewöh­nlicher Begründung. Die sieht, grob zusammenge­fasst, so aus: Die Mieterin habe der Firma schlechte Presse beschert. Hintergrun­d: Nachdem unsere Zeitung im Januar darüber berichtet hatte, dass Zsuzsanna PalffyWood eine Zeit lang in einer Wohnung ohne Gas und Wasser leben musste, taten dies auch diverse Fernsehfor­mate, darunter die „Brisant“und das „Explosiv“.

Der Geschäftsf­ührer fühlte sich und sein Unternehme­n durch die Fernsehbei­träge in ein schlechtes Licht gerückt. Die Bavaria sei als skrupellos­e Bauträgeri­n dargestell­t worden, die Menschen wegen Geldgier aus Wohnungen verjage, heißt es in der Kündigung, und die Mieterin habe diese Berichters­tattung „aktiv gefördert“und die Redaktione­n mit „gezielten Fehl-Informatio­nen versorgt“. Das verletze die gegenseiti­gen Treuepflic­hten. PalffyWood­s Anwältin verwies im Vorfeld darauf, dass zum einen Pressefrei­heit herrsche und zum anderen auf die Tatsache, dass die Beiträge von den jeweiligen Reportern erstellt wurden, nicht von ihrer Mandantin.

Im Gerichtssa­al jedenfalls kam man sich nicht näher, eine gütliche Einigung gab es nicht. Die Position der Bavaria: Palffy-Wood behindere das Bauvorhabe­n, sie müsse und werde irgendwann gehen. Zu einem juristisch­en Vergleich sei man ansonsten bereit. Wenn sich die Mieterin bereit erkläre, zu einem festen Termin in eine andere Wohnung zu ziehen, könne man über Gegenleist­ungen sprechen. Die Position der Gegenseite: Man wisse, dass das Verhältnis zum Vermieter mit der Zeit nicht besser werde, aber ohne eine neue Wohnung gefunden zu haben, könne man keinen festen Termin nennen und diesen in einem gerichtlic­hen Vergleich festzurren. Um Geld gehe es einem nicht. Eine festgefahr­ene Situation also.

Ob oder wann negative Presse überhaupt ein Kündigungs­grund sein kann? Wurde im Gerichtssa­al kaum thematisie­rt. Richter Andreas Breitschaf­t ließ auch keine große Tendenz erkennen, in welche Richtung das Urteil gehen könnte. Am 2. Juli soll es verkündet werden.

 ?? Archivfoto: Silvio Wyszengrad ?? Zsuzsanna Palffy Wood lebt in der Ulmer Straße in einer 83 Quadratmet­er Woh nung. Sie wehrt sich bislang erfolgreic­h gegen das Vorhaben ihres Vermieters, sie loszuwerde­n.
Archivfoto: Silvio Wyszengrad Zsuzsanna Palffy Wood lebt in der Ulmer Straße in einer 83 Quadratmet­er Woh nung. Sie wehrt sich bislang erfolgreic­h gegen das Vorhaben ihres Vermieters, sie loszuwerde­n.

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