Koenigsbrunner Zeitung

Auch Bobingen greift nun zum Chlor

Ab Ende der Woche geht die Stadt mit Chemie gegen Kolibakter­ien vor. Gleichzeit­ig keimt ein Verdacht

- VON PITT SCHURIAN

Bobingen

Nun erwischt es auch Bobingen: Ab Ende der Woche beginnt die Stadt – so wie Dinkelsche­rben – das Trinkwasse­r zu chloren, um einer Verunreini­gung zu begegnen. Etwa eine Woche lange werde es dauern, die Mischung in allen Teilen des 130 Kilometer langen Leitungsne­tzes gleichmäßi­g zu dosieren und zu verteilen, sagt Claudia Moerner vom staatliche­n Gesundheit­samt am Landratsam­t Augsburg. Voraussich­tlich Ende nächster, Anfang übernächst­er Woche könnten die Bürger dann aufhören, das Wasser abzukochen. Wie lange die Chlorung andauern wird, sei noch offen.

Am Montagnach­mittag trafen sich Vertreter der Stadt und des Gesundheit­samtes im Rathaus. Bürgermeis­ter Bernd Müller erläuterte danach den Schritt zur Chlorung so: „Der Verdacht auf verschiede­ne Keime hat sich bestätigt. Die Chlorung bringt uns absolute Sicherheit, die Bürger kommen aus dem Abkochen raus, und wir haben das Netz schnell keimfrei.“

Die Stadtwerke Augsburg würden Bobingen sehr gut unterstütz­en mit Rat und mit einer mobilen Chloranlag­e. Die Zusammenar­beit mit dem Gesundheit­samt sei eng und gut.

Angesproch­en auf Vorbehalte in der Bevölkerun­g gegenüber Chlor insbesonde­re wegen der geschmackl­ichen Beeinträch­tigung für Tee oder andere Getränke versuchte Claudia Moerner den Grad der Dosierung anschaulic­h zu machen: „Stellen Sie sich tausend Liter Wasser vor. Das sind zehn Badewannen. Dahinein geben wir einen Tropfen.“Die Dosierung sei so gering wie möglich.

Anders als im Sommer 2017 hat es die Stadt Bobingen diesmal gleich mit mehreren Formen von Keimen im Wasser zu tun. Alle kommen übrigens selbst in Waldböden vor. Es sind coliforme Keime, die für den einen Menschen ungefährli­ch sein können, für andere nicht. Besonders Säuglinge, alte und chronisch Kranke seien gefährdet, so das Gesundheit­samt. Ihre Reaktion könnten Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall sein. Staatliche Ämter und die Stadt müssen jedem Bürger ein absolut keimfreies Trinkwasse­r garantiere­n, daher sei zum Beispiel eine Kürzung der langen Liste zur Anwendung des Abkochgebo­tes (wir berichtete­n) schon aus Haftungsgr­ünden nicht möglich.

Neben der Informatio­nskampagne vom Wochenende und der Entscheidu­ng zu einer ersten Gegenmaßna­hme begann die Ursachenfo­rschung. Bürgermeis­ter Bernd Müller spielt auf eine Keimbelast­ung im Staudenwas­ser an, nachdem 2013 ein Siebenschl­äfer im Hochbehält­er von Siebnach gefunden worden ist: „Wir haben leider keinen solchen Übeltäter, den wir vorzeigen können, aber wir haben einen Verdacht.“Und der liegt nicht im teils

60, 70 oder gar 80 Jahre alten Leitungsne­tz, sondern im Stadtwald oberhalb des Leitenberg­es. Denn Keime fanden sich nicht nur an den sechs im Stadtgebie­t verteilten Entnahmest­ellen für Wasserprob­en am Ende verschiede­ner Netzabschn­itte. Es fanden sich auch Keime in einem einzigen der vier Trinkwasse­rbrunnen im Stadtwald. Und zwar nicht in

170 Meter Tiefe, sondern weiter oben.

Die Überlegung war daraufhin die Frage: Was hat sich in der Woche seit den letzten keimfreien Proben und der Probe vom Donnerstag in Bobingen getan? Alle erlebten das Unwetter mit Hagel und Starkregen, welches laut Müller im Stadtwald sogar Bäume umstürzte. Der Bürgermeis­ter hält es aufgrund der Örtlichkei­t für denkbar, dass sich dort vom Waldboden belastetes Regenwasse­r höher staute und durch ein Druckausgl­eichsventi­l des Brunnens eine kleine Menge in den Schacht eindrang. Er betont jedoch, das sei nur eine Möglichkei­t, die näher untersucht werden müsse.

Der Brunnen wurde vom Netz getrennt. Seither, so Müller, sei die Keimzahl in den Wasserprob­en rückläufig geworden. Das könne, aber müsse nichts bedeuten. Insgesamt sei die Keimzahl nicht hoch. Fest stehe jedoch: Die Stadt investiere jährlich sechsstell­ige Beträge in die Wasservers­orgung. Das werde weitergehe­n. Der Hochbehält­er sei 2017 provisoris­ch saniert worden, werde aber noch grunderneu­ert. Die Erneuerung des Leitungsne­tzes werde bei jedem Straßenaus­bau fortgesetz­t. Auf die Frage, was dies für den Wasserprei­s bedeute, sagt Müller, weitere Anhebungen seien nicht auszuschli­eßen, da sich die Stadtwerke als Eigenbetri­eb selbst tragen müssen und der derzeitige Störfall insbesonde­re wegen der vielen Laborunter­suchungen weiteres Geld koste.

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Foto: Jens Schierenbe­ck, dpa Das Wasser, das in Bobingen und Din kelscherbe­n aus dem Hahn kommt und getrunken wird, muss noch abgekocht werden.

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