„Wer so spielt, fliegt verdient raus“
500 Fans erleben im Thing das erste Vorrunden-Aus der deutschen Mannschaft überhaupt
Um die 16 Uhr-Partie Deutschland gegen Südkorea zu sehen, feiern manche Arbeitnehmer am Mittwoch Überstunden ab. Tobias Keilen und sein Team von der Altstadt-Kneipe Thing hingegen machen für die Fußball-Weltmeisterschaft gerne Überstunden. Das Lokal öffnet zwei Stunden früher als üblich, damit drinnen und draußen bis zu 500 Fans bei Bier und Burger Jogis Elf anfeuern können. Keilen hat eine Sondergenehmigung von der Stadt, um seinen Gästen bei der WM Public Viewing zu ermöglichen. „Wir liegen ja mitten im Wohngebiet“, sagt er.
Auch wenn das erste Spiel der Deutschen mit einer Niederlage endete, ist Gilbert Prinz im Fußballfieber. Stilgerecht im DFB-Trikot ge- wandet, verfolgt er das letzte Gruppenspiel in der ersten Reihe des Biergartens. 3:0 tippt er für Deutschland und damit für den sicheren Einzug in die K.-o.-Runde. Dass Neuer und Co. den Triumph von 2014 wiederholen, glaubt Prinz nicht. „Aber das Halbfinale ist realistisch.“
Auch wenn das Wetter passt und die Getränke nicht ausgehen: In der ersten Halbzeit ist im vollen ThingBiergarten von Euphorie wenig zu spüren. „Ich war wohl etwas optimistisch mit meiner Prognose“, meint Prinz angesichts etlicher Schrecksekunden. Mit dem 0:0 zur Pause ist niemand zufrieden. „Das Einzige, was bislang gut ist, ist mein Platz“, meint Axel Schäffer.
Der Beginn der zweiten Halbzeit verspricht keine Erlösung. Nach einem Beinahe-Tor von Goretzka kommt die Nachricht, dass Schweden gegen Mexiko führt. Jetzt muss Deutschland fürs Weiterkommen noch eine Schippe drauflegen. Kommt mit dem eingewechselten Gomez die Wende? Oder mit Müller? Schweden führt mittlerweile 2:0. Die Stimmung ist angespannt, so manches wenig salonfähige Zitat hallt durch den Biergarten. „Das wird nichts mehr“, meint ein Zuschauer nach dem vergeigten Kopfball-Torschuss von Hummels.
Brachte die Nachspielzeit beim Schweden-Spiel die Wende, so macht sie jetzt alles noch schlimmer. Die Südkoreaner verwandeln eine Ecke zur Führung und setzen ein zweites Tor hinterher. „Wer so spielt, fliegt verdient raus“, meint eine junge Frau. Gilbert Prinz zeigt Galgenhumor: „Mit der 3:0 Führung bin ich richtig gelegen. Nur dass die Schweden die Glücklichen sind, hätte ich nicht gedacht.“
Nach dem Schlusspfiff wirken die Deutschland-Fahnen im Garten fast ein wenig deplatziert. Die Schlange vor der Getränketheke ist lang: Die enttäuschten Fans haben ein TrostBier nötig. Auch wenn die Deutschen nicht mehr dabei sind, geht für Wirt Tobias Keilen die FußballWeltmeisterschaft weiter. Mal sehen, mit welchen Teams die Augsburger im Thing bis zum Finale mitfiebern.