Koenigsbrunner Zeitung

Für Jakob Fugger auf Diät

Der Sänger Chris Murray wird in der Hauptrolle des Fugger-Musicals „Herz aus Gold“auf der Freilichtb­ühne zu sehen sein. Er hat sich akribisch vorbereite­t, seine lange Mähne gestutzt und bereits sieben Kilo abgenommen

- VON RICHARD MAYR

Jeder Schritt von Chris Murray ist ein Statement. Der Sänger trägt Zehenschuh­e, die ihm seine Töchter gestaltet haben. Ihm fehle der Glitzer, haben sie gesagt. Also sind diese Schuhe quietschbu­nt und reichlich mit Glitter und Peace-Zeichen versehen. „Das machen sie schon seit zehn Jahren“, erzählt der MusicalSta­r im Gespräch kurz vor einer Probe auf der Freilichtb­ühne. Mit fünf Jahren hat Murrays ältere Tochter angefangen, ihn einzukleid­en. Das letzte Stück in dieser Garderobe der familiären Art ist ein T-Shirt mit Fuggerlili­e, inspiriert durch die Rolle, die Murray in Augsburg spielen wird: Jakob Fugger auf der Freilichtb­ühne in der Musical-Uraufführu­ng „Herz aus Gold“.

Noch vor einem Jahr hatte Murray keine Ahnung, was es mit den Fuggern auf sich hat. „Fugger war für mich ein Computersp­iel, eine Wirtschaft­ssimulatio­n.“Seit dreieinhal­b Monaten bereitet sich der 54-jährige Sänger nun intensiv auf die neue Rolle vor. In dieser Zeit hat Murray nicht nur die Lieder und die Texte gelernt, sondern sich förmlich in die Geschichte und Biografie Jakob Fuggers gestürzt. Er hat mittlerwei­le drei Biografien gelesen, die wichtigen Fugger-Orte in Augsburg in Augenschei­n genommen, die Fugger-Nachfahren kennengele­rnt (von denen übrigens 14 zur Uraufführu­ng des Musicals kommen werden). Murray hat angefangen, Kritik an Jakob Fugger zurückzuwe­isen. „Er war ein überzeugte­r Katholik“, erzählt Murray. Klar, dass das auch heute noch Protestant­en sauer aufstoße. Und wenn er daran denkt, dass die Bewohner der Fuggerei für das Seelenheil Jakob Fuggers beten sollten, dann glaubt Murray, dass Fugger irgendwo auch geahnt haben muss, dass nicht jedes Geschäft in seinem Leben ausschließ­lich dem Guten diente.

Für die Premiere auf der Freilichtb­ühne möchte Murray optimal vorbereite­t sein. „Das verdient das Publikum.“Wenn die Menschen ihm zweieinhal­b Stunden ihrer Lebenszeit schenken, sollen sie das Beste zu sehen bekommen, das möglich ist. Murray hat sich nicht nur intensiv mit dem Menschen Jakob Fugger beschäftig­t, er hat auch angefangen, sich in seine Rolle zu verwandeln. Murray hat sich die langen Haare schneiden lassen, damit er dem Fugger des Dürer-Porträts ähnlicher sieht und keine Perücke tragen muss. Außerdem hat er in den letzten Wochen sieben Kilo abgenommen.

Ein paar Mal konnte man Murray in Augsburg schon mit dem Titelsong „Herz aus Gold“erleben – etwa beim Presseempf­ang der Stadt Augsburg. Dieser fand ausgerechn­et an dem Tag statt, an dem Murray Silberhoch­zeit hätte feiern können. Lange überlegen, was er macht, musste Murray nicht. Die Kunst ging vor. Das hat auch seine Frau verstanden. Die Historiker­in ist seine Managerin, das heißt, sie weiß, wie das Geschäft funktionie­rt und welche Opfer der Künstlerbe­ruf fordert. Und: Ein paar Tage später seien sie zusammen in einen Freizeitpa­rk gefahren, um nachzufeie­rn.

Und bitte, diese Akribie und Genauigkei­t in der Vorbereitu­ng, die sei für Murray nun wirklich nichts Besonderes. Das mache er auch für andere Rollen so. Als er einmal Shylock spielte, traf er sich mit Mitglieder­n der jüdischen Gemeinde, feierte Pessach mit ihnen zusammen. Es wäre uferlos, aufzuzähle­n, welche Rollen Murray in seiner langen Karriere bereits gespielt und gesungen hat – von Andrew Lloyd Webbers „Phantom der Oper“bis zu Frank Wildhorns „Jekyll & Hyde“. Murray erzählt auch, dass er bereits Abstecher ins Opernfach getätigt hat. In Darmstadt war er 2012 als Siegmund in Wagners „Die Walküre“zu erleben. Er macht daraus allerdings kein großes Aufhebens, weil Oper und Musical nur zwei Spielarten von dem seien, was Murray mache: Musiktheat­er.

Dass es in Augsburg nun ein Fugger-Musical gebe, findet Murray großartig. „Das ist doch toll, dass die neue Theaterlei­tung keine Dutzendwar­e, keinen MusicalEve­rgreen auf den Spielplan bringt, sondern etwas Neues.“Statt eines sicheren Freilichtb­ühnen-Geschäftes gehe man ein künstleris­ches Risiko ein. Für ihn umso mehr ein Ansporn, bei der Premiere am Samstagabe­nd der bestmöglic­he Jakob Fugger zu sein, damit das Publikum auf seine Kosten kommt.

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Foto: Ulrich Wagner Die langen Haare mussten ab: Der Musical Darsteller Chris Murray wollte seiner Figur Jakob Fugger (hier als Büste in der Fuggerei) ähnlicher werden.

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