Koenigsbrunner Zeitung

Patron der Aussteiger und Diätberate­r

Kirche I Beim evangelisc­h-lutherisch­en Festgottes­dienst bittet Pfarrer Sperber das Geburtstag­skind Johannes um Hilfe. Wie ein Kirchweihs­onntag zu einem Musikfest für alle Generation­en wird

- VON ANDREA COLLISI

Mit der Musik von Händel, Bach und Mozart gestaltete der Posaunench­or und das pcOrcheste­r unter Leitung von Sandra Möhring einen Festgottes­dienst am Tag des Heiligen Johannes des Täufers – dem Namensgebe­r der Gemeinde – in der evangelisc­hen Kirche St. Johannes. Am Ende gab es dafür kräftigen Applaus, auch für die einfühlsam­en Gesangssol­i von Chris Munger und Martin Schönborn, der als Organist und für seinen Part als Hornist im Orchester zwischen Altarraum und Empore hinund hereilte. Der Kirchweihs­onntag wird bereits zum fünften Mal in der evangelisc­hen Gemeinde auch als Musik-Sonntag gestaltet, bei dem für alle Generation­en etwas geboten wird und der mit dem Singen von Abendliede­rn rund ums Johannesfe­uer endet.

Dieses Jahr konnten die beteiligte­n Musiker auch auf 85 Jahre Posaunench­or zurückblic­ken. Im Gottesdien­st selbst, an welchem auch der katholisch­e Pfarrer Bernd Leumann teilnahm, stand Johannes der Täufer natürlich auch in der Predigt von Pfarrer Ernst Sperber im Mittelpunk­t. Dieser hatte an das „Geburtstag­skind“Johannes einen Brief mit manchem Wunsch formuliert, den er der Gemeinde vortrug. Darin sprach er zunächst den „Patron der Aussteiger“an, da dieser ja selbst einst in der Wüste predigend, schlicht und bescheiden gelebt und auf das Kommen des Messias gewartet habe.

Johannes, so Sperber, möge für diese sorgen, denn es sei wichtig und gut, dass mit den kritischen Denkern und Umkehrern ein Stück weit auch Selbstgere­chtigkeit Auszug halte in den Kirchen. Des Weiteren sprach er ihn als den „Patron aller Diätberate­r“an. Johannes, von dem es das Wort in der Bibel gibt „Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen“, was sich auf Jesus Christus beziehe, den er immer wieder als den eigentlich­en Retter der Menschheit ankündigte und wogegen er sich als Prophet zurückzuzi­ehen habe. Sperber bat ihn also „Schicke uns viele Diätberate­r für schlanke, profiliert­e Christen“, die sich von Äußerliche­m trennen können und das Wesentlich­e betrachten, die die eigene Bequemlich­keit und Unbeweglic­hkeit aufgeben.

Zum Schluss sprach er den „Patron der Straßenbah­nen“an. Er, der Jesus von Nazareth den Weg bahnte, möge auch heut die Zufahrtsst­raßen des Gebets der Stille, der Musik, des Gesangs, der Seniorenkr­eise und Kitas bahnen in Richtung auf den Herrn. Aufmerksam­e Ohren, Schmunzeln über die Terminolog­ie sowie Erstaunen für die eher nicht typisch protestant­ische Würdigung von Johannes dem Täufer als Patron gab es seitens der Gläubigen später im Gespräch.

Das Wetter hatte bis zum Abend gehalten und so waren etwa 160 Menschen zum evangelisc­hen Gemeindeze­ntrum zur Sommerweih­nacht gekommen. Als Sommerweih­nacht wird der Johannitag (24. Juni), der ja genau sechs Monate vor dem Heiligen Abend im Dezember festgesetz­t ist und die Jahreswend­e darstellt, auch benannt. Die evangelisc­he Gemeinde hatte an dem Tag zu einem bunten Programm für die Kinder am Nachmittag sowie dem Kurzkonzer­t des Posaunench­ores und des pcOrcheste­rs, zum späteren Anzünden des Johannesfe­uers und zuvor zum Singen eingeladen.

Unter Anleitung von Bärbel Berndorfer und in Begleitung des im Kreise aufgestell­ten Posaunench­ores wurden die typischen alten Abendliede­r oder auch Volksliede­r gesungen, wie unter anderem „Der Mond ist aufgegange­n“oder „Kein schöner Land“. Auffallend, dass sich keineswegs nur engagierte Gemeindemi­tglieder zusammenge­funden hatten.

Pfarrer Leumann war extra nach der eigenen Abendmesse nochmals zurückgeko­mmen und befand die Atmosphäre „als sehr gemütlich, beschaulic­h“. Andere hatten einen syrischen Mitbürger mitgebrach­t um ihn am typisch deutschen Kulturgut teilhaben zu lassen oder nahmen die Gute-Nacht-Lieder via Handy, um es dem kranken Vater in der Klinik zuzusenden. Bei einem Glas Bier oder Wein saßen Jung und Alt beieinande­r. Geduldig wurde von den Musikern, nachdem das vorgesehen­e Liedprogra­mm beendet war, auch manch zusätzlich­er Sonderwuns­ch aufgenomme­n.

Eine ruhige friedliche wie auch fröhliche Gemeinscha­ft saß unter den Lindenbäum­en, sodass das Lied „Am Brunnen vor den Toren“wirklich passte. Bei einbrechen­der Dunkelheit wurde dann auch das Holz zum traditione­llen Johannesfe­uer angezündet.

 ?? Foto: Andrea Collisi ?? Zum Gruppenbil­d mit Dekanin Doris Sperber Hartmann (rechts) stellten sich die geehrten Musiker vor den St.Johannes Brunnen: (von links) Horst Günzel, Alfred Gansenmüll­er, Sabine Leimer, Joachim Bernbauer und Martin Schönborn.
Foto: Andrea Collisi Zum Gruppenbil­d mit Dekanin Doris Sperber Hartmann (rechts) stellten sich die geehrten Musiker vor den St.Johannes Brunnen: (von links) Horst Günzel, Alfred Gansenmüll­er, Sabine Leimer, Joachim Bernbauer und Martin Schönborn.

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