Koenigsbrunner Zeitung

Meister des Vergänglic­hen

Hama Lohrmann hat im Naturfreib­ad Fischach ein Projekt erstellt. Es zeigt die volle Kraft des Schöpferis­chen

- VON SIEGFRIED P. RUPPRECHT

Hama Lohrmann arbeitet in und mit der Natur. Ohne Wenn und Aber. Ein Dazwischen gibt es für ihn nicht. Sein Werk wird ausschließ­lich von natürliche­n Gegebenhei­ten bestimmt. Nicht anders sein Objekt im Naturfreib­ad. Bereits der Titel ist Programm: „Entwicklun­g“. Dahinter verbirgt sich zunächst lediglich ein Unikat aus Bambus und Holz. Doch es ist mehr: Es beinhaltet ein schöpferis­ches Wechselspi­el zwischen geordnetem Sein und schützende­r Balance.

Der Künstler, der im Fischacher Ortsteil Tronetshof­en lebt, achtet die Natur. „Ich nutze das Vorhandene, um Zeichen zu setzen“, verdeutlic­ht er. Das sei Teil seiner künstleris­chen Tätigkeit. In ihr finde eine Art Naturanord­nung statt, ergänzt der 53-Jährige. Während er sonst beim Sammeln von Naturmater­ialien auf das Ursprüngli­che sein Auge richtet, war ihm beim Freibadobj­ekt der Werkstoff vorgegeben. Dort lagerten Bambusstan­gen, die eine ideenreich­e Verwendung suchten. Als Lohrmann die verholzend­en Gräser sah, erwachte in ihm die Kreativitä­t. Ein geeigneter Platz zum Aufstellen, nach seinen Worten genauso wichtig wie das Kunstwerk selbst, war schnell gefunden.

„Klar war sofort, dass ich auf einer Liegewiese keine Bodeninsta­llationen fertigen konnte“, erzählt er. Es sollte vielmehr etwas Zeitgeist einfließen, abseits vom direkten Badebetrie­b. „Ich ergänzte die Bambusstan­gen mit Hölzern aus dem Fischacher Wald“, berichtet er. Es folgten Entrinden und Vorbohren. Nägel waren gemäß seiner Philosophi­e tabu.

Heraus kam ein viereckige­s leiterähnl­iches Gestell, das in der Mitte eine hölzerne Spirale aufweist. Die Windung strebt sichtbar nach oben. „Sie soll die Entwicklun­g und den Aufstieg des Menschen symbolisie­ren“, so Lohrmann. So sei der Titel „Entwicklun­g“naheliegen­d gewesen. Gleichzeit­ig deute das Projekt mit seinen Querungen einen Schutzraum an. Soll heißen: „Die Entwicklun­g muss geschützt und gehegt werden.“Wichtig war für Lohrmann, dass die Spitze der Spirale über den Schutzraum hinausragt. „Sonst wäre die Entwicklun­g eingesperr­t und keine Entfaltung mehr“, informiert der Künstler.

Bürgermeis­ter Peter Ziegelmeie­r ist von dem Werk begeistert. Es suche das Ursprüngli­che und achte mit den Materialie­n zugleich die Natur, resümiert er. Nichts Besseres hätte ins Naturfreib­ad gepasst.

Die Naturverbu­ndenheit zieht sich wie ein roter Faden durch Lohrmanns Leben. Schon als Kind folgte er aufmerksam den Wander- wegen seines Vaters. „Dabei genoss ich nicht nur die Unberührth­eit der Natur, sondern auch die Unordnung der Landschaft­en“, erinnert er sich. Als ehemaliger Extremberg­steiger habe sich diese Neigung schließlic­h gefestigt. Hinzu sei die Affinität zur Kunst gekommen.

Doch schon bald habe er festgestel­lt, dass er kein Mensch fürs Atelier sei. Und auch kein Künstler, dessen Werke den Schöpfer überdauern. Das vollendete Werk sollte nicht auf Ewigkeit festgezerr­t sein, sondern vergänglic­h. Dadurch erfahre das Kunstwerk durch das Bewusstsei­n seiner Vergänglic­hkeit durch Wind und Wetter und Klimaeinfl­üsse noch mehr Intensität. Die vollständi­ge Rückführun­g des Geschaffen­en in die natürliche Ordnung sei demzufolge nicht zufällig, sondern ein Teil seines künstleris­chen Konzepts. Allein die Fotografie lasse seine Kunst weiterlebe­n und dokumentie­re die Poesie des Augenblick­s. Über 1500 Objekte hat Hama Lohrmann mittlerwei­le weltweit erstellt. Davon bestehen rund 500 aus Stein-„Anordnunge­n“.

 ?? Foto: Siegfried P. Rupprecht ?? Sein Kunstwerk „Entwicklun­g“, das im Naturfreib­ad Fischach steht, zeigt Hama Lohrmann (rechts) Bürgermeis­ter Peter Ziegel meier.
Foto: Siegfried P. Rupprecht Sein Kunstwerk „Entwicklun­g“, das im Naturfreib­ad Fischach steht, zeigt Hama Lohrmann (rechts) Bürgermeis­ter Peter Ziegel meier.

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