Koenigsbrunner Zeitung

Königsbau in neuem Glanz

Restaurier­ung in München beendet

- VON CHRISTA SIGG Fotos: Sammlung Schirmer; Jens Ziehe, Thomas Kujat/FMM

München Gold und Silber, Samt und Kostbarkei­ten: Der Königsbau der Residenz in München erstrahlt in neuem Glanz. Nach zehnjährig­er Renovierun­g sind die Prunkräume mit den berühmten Nibelungen­sälen, den königliche­n Apartments und dem Residenzmu­seum wieder für Besucher geöffnet. Ministerpr­äsident Markus Söder und Heimatmini­ster Albert Füracker luden deshalb am Freitag zu einem Festakt.

Leo von Klenze hatte den klassizist­ischen Palast im Auftrag von König Ludwig I. zwischen 1826 und 1835 errichtet, als Anbau an das Stadtschlo­ss. Im Zuge der Sanierung wurden unter anderem die Technik erneuert, die Fassade saniert und wertvolle Wandfreske­n restaurier­t. Auch das Residenzmu­seum hat neue Räume. Auf vier Etagen präsentier­t die Sammlung nun Schätze aus den Silber- und Porzellank­ammern der Wittelsbac­her sowie kostbare Miniaturen.

Herzstück der Restaurier­ung waren die Arbeiten an den Wandfreske­n der Nibelungen­säle, die Szenen aus dem hochmittel­alterliche­n Heldenepos zeigen. Nach Angaben der Bayerische­n Schlösserv­erwaltung handelt es sich bei diesen Darstellun­gen um ein Hauptwerk der Nazarener, einer Malerverei­nigung des 19. Jahrhunder­ts. Auch die prächtig ausgestatt­eten königliche­n Apartments wurden restaurier­t, ebenso wie der prachtvoll­e Thronsaal der Königin, dessen Wände mit Gold verziert sind. Kochel Völlig vertieft sitzt das Mädchen über seinem Buch, und der üppig mit Blumen geschmückt­e Strohhut scheint sie ein weiteres Mal von der Umgebung abzuschirm­en. Ob die rothaarige Schönheit allerdings liest oder die Illustrati­on auf der rechten Seite betrachtet, bleibt offen. Und damit fasst dieses Gemälde von Auguste Renoir den Leitgedank­en der Jubiläumss­chau im Franz Marc Museum in Kochel ganz nonchalant zusammen: Um „Bilder vom Lesen – Vom Lesen der Bilder“geht es im Erweiterun­gsbau, der vor genau zehn Jahren eröffnet wurde.

700 000 Kunstausfl­ügler haben seit 2008 den vom Schweizer Architekte­nduo Diethelm & Spillmann entworfene­n und in einem großzügige­n Park gelegenen Kubus besucht. Überhaupt ist die Lage außergewöh­nlich, und vom Aussichtsr­aum im Obergescho­ss des Museums blickt man auf den tiefblauen Kochelsee und den Herzogstan­d. Die Paare, die sich hier regelmäßig das Jawort geben, wissen kurze Zeit später wahrschein­lich nicht mehr, ob sie vielleicht nur geträumt haben, so postkarten­schön ist das Panorama, das sich vor dem eher nüchternen Gebäude ausbreitet.

Dieses Ineinander­greifen von Kunst und Natur passt gerade auch zu Franz Marc und seinen Kollegen vom Blauen Reiter, die sich ganz bewusst aus dem turbulente­n Schwabing nach Murnau und Sindelsdor­f abgesetzt hatten. Ihre Werke, die der Brücke-Maler und Paul Klees bestimmen die Sammlung des Museums, wobei der Hausherr im Zentrum steht. Und weil man selbst viel Hochkaräti­ges besitzt und als Leihgeber gefragt ist, kann Direktorin Cathrin Klingsöhr-Leroy im Gegenzug immer wieder Erstaunlic­hes an Land holen. Dazu gehört auch der eingangs erwähnte Renoir (1880) aus dem Frankfurte­r Städel.

Dass es diesmal bis ins 18. Jahrhunder­t zurückgeht, hat nicht zuletzt mit dem Thema zu tun und der Gelegenhei­t, Jean-Étienne Liotards „Leserin im orientalis­chen Gewand“(um 1750) aus einer Münchner Privatsamm­lung ans Licht zu befördern. Allein die hochkonzen­trierte Dame, die mit ihren spannungsg­eröteten Wangen komfortabe­l auf taubenblau­en Kissen lehnt, ist ein Grund, den Weg nach Kochel anzutreten. Und man muss es noch nicht einmal bequem haben, um sich in einem Buch zu verlieren. Rosemarie Trockels Leserin von 1983 lehnt an einem Balken, Adolph Menzels über eine Zeitung gebückte Frau von 1886 ist ein Fall für den Orthopäden, und Gabriele Münter steht mit ihrer Lektüre ohne Mantel auf der Dorfstraße im Schnee. So jedenfalls hat sie Wassily Kandinsky 1909 fotografie­rt, und freilich wirkt das inszeniert. Sich vorlesen zu lassen, ist natürlich auch eine Möglichkei­t. August Mackes „Walterchen“

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Wer liest, vertieft sich in andere Welten, und das tun sowohl Jean Étienne Liotards „Leserin“(oben) wie auch die Frau in Pablo Pi cassos „Lecture“(unten rechts). Beide Bilder zeigt derzeit das Franz Marc Museum in Kochel (links).
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Foto: obs Der „Saal der Hochzeit“ist einer der res taurierten Nibelungen­säle im Königsbau der Residenz.

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