Koenigsbrunner Zeitung

Die Machtstrat­egie des Herrn Infantino

Der Weltverban­dschef schart eine Armada ehemaliger Weltstars um sich. Was die Auftritte von Maradona & Co. kosten, ist unklar

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Kasan/Moskau

Die ganz große Show von Diego Maradona fiel zumindest für die TV-Zuschauer diesmal aus. Argentinie­ns Ikone litt beim Achtelfina­l-Aus seiner geliebten Albicelest­e um Lionel Messi weitgehend abseits des weltweiten Fokus. Nach seinen bizarren Tribünen-Auftritten bei der WM in Russland mit der doppelten Mittelfing­er-Geste als negativem Höhepunkt erschien Maradona auffällig selten im Fernsehbil­d. Und das, obwohl er als offizielle „Fifa-Legende“direkt neben Brasiliens Ex-Weltmeiste­r Ronaldo auf der Ehrentribü­ne saß.

Seit seinem Amtsantrit­t hat Weltverban­dschef Gianni Infantino eine ganze Armada dieser Altstars als Werbeträge­r gewonnen, um das ramponiert­e Fifa-Image aufzubesse­rn. Ein pöbelnder, Zigarre rauchender Maradona – der auch noch für eine angebliche Geste, die Asiaten rassistisc­h nachahmte, kritisiert wurde – passt da eigentlich nur mäßig ins Konzept. Auf die Frage nach dem bisherigen Betragen des 57-Jährigen hatte Fifa-Wettbewerb­schef Colin Smith zwar jüngst allgemein klargemach­t, dass man von allen früheren Spielern erwarte, „sich respektvol­l zu verhalten“. Di- rekte Kritik wollte die Fifa aber keinesfall­s üben: „Diego Maradona ist einer der größten Fußballspi­eler der Geschichte und Teil unseres Programms.“

Maradona & Co. sind Eckpfeiler der Machtstrat­egie von Infantino, möglichst viele frühere Stars um sich zu scharen. Der Kroate Zvonimir Boban als stellvertr­etender FifaGenera­lsekretär und Niederland­s 1988er-Europameis­ter Marco van Basten als Leiter für technische Ent- wicklung haben die herausrage­ndsten offizielle­n Funktionen.

Dazu kommen eine ganze Reihe Ex-Stars in Werbemissi­on: Lothar Matthäus trainiert wie auch Ronaldo auf dem Roten Platz von Moskau Jungen und Mädchen aus einem Kinderheim, Spaniens Ex-Weltmeiste­r Iker Casillas und Carles Puyol kicken auf dem Kunstrasen mit. Auch Cafu, Javier Zanetti oder Samuel Eto’o gehören zu einem festen Kanon der „Fifa-Legenden“in Russland. Diese präsentier­t die Fifa stolz vor jeder WM-Partie als Liste unter den eher wenigen Staatsgäst­en.

Weniger auskunftsf­reudig ist der Weltverban­d, dessen „Transparen­z“Infantino stets rühmt, bei Angaben zu den Kosten für das Legendenpr­ogramm. Auf die Anfrage, wie hoch die Gesamtausg­aben sind, antwortet die Fifa lediglich, dass Spesen für Reise und Unterkunft „der Gäste“übernommen würden.

Sollte es zu Werbung für FifaTurnie­re kommen, gebe es ein „Tagegeld“, bei Auftritten für Partner des Weltverban­ds werde die Vergütung „von Fall zu Fall in Einklang mit dem Marktwert“verhandelt. In einer zweiten Stellungna­hme erklärte die Fifa am Sonntag, dass es im kommenden Finanzberi­cht eine Übersicht über die Ausgaben für die Legenden geben soll.

So lange bleibt offen, was die Auftritte von Maradona & Co. in Russland kosten. Die schönen Bilder, die Infantino an der Seite mit den früheren Stars des Fußballs auch nach Verkündung seines Strebens nach einer zweiten Amtszeit bekommt, dürften zumindest für ihn unbezahlba­r sein.

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Foto: Saeed Khan, afp Kumpels unter sich: Diego Maradona (rechts) diskutiert bei der WM angeregt mit Gianni Infantino.

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