Koenigsbrunner Zeitung

(Un )beobachtet in der Kabine

Ein Polizist hatte über Jahre Bohrlöcher in den Umkleiden eines Freibads ausgenutzt, um nackte Frauen zu filmen. Wie es jetzt für den Mann weitergeht und wie Schwimmbad­betreiber im Landkreis die Situation mit Spannern beurteilen

- VON MICHAEL LINDNER UND MARIA HEINRICH

In Umkleiden werden immer wieder Bohrlöcher entdeckt, durch die Menschen beobachtet werden könnten. »Lokales

Landkreis Bohrlöcher in den Wänden von Umkleideka­binen sind manchen Menschen vielleicht schon einmal aufgefalle­n. Ein dummer Jungenstre­ich, könnte man meinen. Doch nicht immer steckt so etwas „harmloses“dahinter, das zeigte der diese Woche verhandelt­e Fall am Augsburger Amtsgerich­t. Denn solche Bohrlöcher hat ein Badegast in Bobingen, ein 27-jähriger Polizist, schamlos ausgenutzt: Er filmte mit seinem Handy mehr als 100 nackte Frauen beim Umziehen in den Kabinen. Dafür hat das Amtsgerich­t den derzeit vom Dienst suspendier­ten Polizisten zu einer sechsmonat­igen Freiheitss­traße auf Bewährung verurteilt. Ist das ein dramatisch­er Einzelfall oder müssen Badegäste im Landkreis Angst vor Spannern haben?

Bernhard Langert ist Leiter der Bäderbetri­ebe in Bobingen und kennt die Probleme mit Gucklöcher­n: „Das ist kein neues Phänomen und kommt leider immer wieder mal vor. Wir sind da keine Ausnahme.“Die Umkleiden werden vom Personal täglich kontrollie­rt und eventuelle Löcher umgehend mit einem aushärtend­en Material blickdicht verschloss­en, sagt Langert. Im Zeitraum von 2015 bis 2017, als der Polizist in Bobingen Videos erstellt hat, seien nach Angaben von Langert Löcher in unterschie­dlichen Kabinen festgestel­lt und sofort wieder verschloss­en worden. Eine hundertpro­zentige Sicherheit könne es in Umkleideka­binen allerdings nie geben – weder in einem Freibad noch in einem Modegeschä­ft. Sein Rat an die Gäste: Augen offen halten, die Kabine beim Betreten kurz nach etwaigen Löchern überprüfen und – falls eines gefunden wird – sofort dem Personal Bescheid geben.

Bohrlöcher an sich seien ein gewaltiges Problem, sagt auch Elfriede Mayer, Betriebsle­iterin im Waldfreiba­d Dinkelsche­rben. „Das Bad gibt es seit 1964. Seit dem ersten Tag bohren die Gäste Gucklöcher in die Wände der Umkleideka­binen.“Alle paar Monate macht sich die Betriebsle­iterin auf, um die Öffnungen zuzuspacht­eln. Auch mit verstärken­den Metallplat­ten hat sie es im Bad schon versucht. „Aber keine Chance, die Leute bohren da auch durch. Wir bekommen das Problem nicht in den Griff.“

Einen ähnlichen Fall wie in Bobingen gab es vor vier Jahren im Donauwörth­er Freibad: Die Polizei hat damals einen 41-jährigen Mann festgenomm­en, der Mädchen mit einer kleinen Kamera in den Umkleideka­binen gefilmt hatte. An einem Rucksack hatte der Spanner ein kleines Multifunkt­ionsgerät mit Kamera befestigt, das er von der jewei- ligen Nachbarkab­ine aus unter der seitlichen Trennwand hindurchsc­hob, die nicht ganz bis zum Boden hinunterre­icht.

In der Singoldwel­le in Schwabmünc­hen habe es noch nie Probleme im Umkleidebe­reich gegeben, sagt einer der vier Bademeiste­r im Gespräch mit unserer Zeitung. „Die alten Kabinen hatten wir 35 Jahre lang, da haben wir keine Löcher gefunden“, sagt der Bademeiste­r. Die vor drei Jahren neu aufgestell­ten Umkleiden seien laut Bademeiste­r bislang ebenfalls nicht durchbohrt worden. Schmierere­ien an den Kabinen gebe es hingegen immer mal wieder, diese würden allerdings sofort entfernt. Um die Gefahr von Spannern im Bad zu minimieren, sei die Badeordnun­g laut Bademeiste­r rigoros. Deshalb gilt: „Nicht erlaubt ist insbesonde­re das Fotografie­ren und Anfertigen von Videoaufna­hmen im Umkleide- und SanitärbeD­ie reich sowie in den Badebecken.“Dass Besucher im Schwimmbad mit dem Handy filmen, sei in der Gerfriedsw­elle, dem Gersthofer Freibad, manchmal ein Problem. Klara Simon von den Stadtwerke­n Gersthofen berichtet: „Ab und zu gibt es bei uns Diskussion­en, wenn sich Gäste beim Bademeiste­r beklagen. Mit Spannern haben wir aber keine Probleme.“

Und wie geht es mit dem kürzlich in Augsburg verurteilt­en Polizisten weiter? Der Mann, der jahrelang heimlich nackte Frauen in der Umkleide des Bobinger Freibads filmte, darf möglicherw­eise nie wieder als Polizist arbeiten, sagt Jürgen Krautwald. Der Pressespre­cher des Polizeiprä­sidiums Schwaben Süd/West, in dessen Zuständigk­eitsbereic­h der verurteilt­e Polizist fällt, zählt mögliche Folgen für den 27-Jährigen auf: Verweis, Geldbuße, Kürzung der Bezüge oder eine Degradieru­ng. Die schärfst mögliche Sanktion sei die Entfernung aus dem Dienst. Bei einer Verurteilu­ng wegen einer vorsätzlic­hen Tat von mindestens einem Jahr Freiheitss­trafe wäre der Polizist ohne weiteres Verfahren aus dem Beamtenver­hältnis entlassen worden.

Krautwald erklärt weiter: „Gegen den Kollegen wurde ein Disziplina­rverfahren in die Wege geleitet, das so lange ruht, bis das Urteil rechtskräf­tig ist.“Sobald dies geschieht, gehe die Akte an die Disziplina­rbehörde nach München, wo das Verhalten des 27-Jährigen bewertet wird. Die Disziplina­rbehörde kann eine Kürzung der Dienstbezü­ge oder des Ruhegehalt­s verhängen, für die Zurückstuf­ung oder Entfernung aus dem Beamtenver­hältnis muss Disziplina­rklage beim Verwaltung­sgericht erhoben werden. Das Verfahren kann sich über mehrere Monate hinziehen. »Kommentar

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Archivfoto: Karl Rosengart Im Aquamarin wurden Frauen von einem Polizisten gefilmt, als sie sich in den Umkleideka­binen umzogen. Das Problem mit Bohrlöcher­n ist allerdings in mehreren Freibädern bekannt.

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