Hier glüht das Herz für die Heimatstadt
Fugger Forum Wie sechs Redner beim History Slam im Kleinen Goldenen Saal ihr Gäu sympathisch machen
Das Leben im altbayerischen Städtchen Aichach muss die reinste Gaudi sein. Jedenfalls erweckt Stadtarchivar Christoph Lang den Eindruck. Am Ende kommt er sogar mit der Quetsch’n auf die Bühne und singt vom Holzknecht, der Sennerin und dem zerdruckt’n Saubären. Könnte er das Lebensgefühl seiner Stadt besser darstellen?
Darum geht es diesmal beim History Slam im Fugger-Forum. Sechs Matadore, ältere und jüngere, treten am Donnerstagabend im ausverkauften Kleinen Goldenen Saal an, um das Typische an ihrem Ort herauszustellen. Möglichst originell und knackig auf den Punkt gebracht. Und jeder Slammer hat seinen Fanklub mitgebracht, der lautstark ordentlich Stimmung macht.
Jonas Biedermann, 22, der Jüngste, versucht es auf die schnoddrige Art. Graben ist Provinz und die letzte Neuigkeit im Dorf ist der Supermarkt, der eröffnet hat. Die Jugend studiert auswärts und hängt wochenends daheim mit den Kumpels ab.
Mario Felkl, 24, genannt „der Stammbaumkraxler“, bringt deutlich mehr Begeisterung für Donauwörth ins Spiel. Die golden bestickte Reginahaube seiner Großmutter Centa hat er dabei – unübersehbar eine Katholische. Die evangelische Haube ist reinschwarz. Und da ist der Archivar schon beim Donauwörther Kreuz- und Fahnengefecht von 1606, irgendwie auch eine Urzelle des Dreißigjährigen Kriegs.
German Schwehr, 56, der Mesner der Stadtpfarrkirche Weißenhorn, ist ein urschwäbisches Original. Als geübter Büttenredner der Matzenhofer Schwabengilde lobt er seine Leut’ im Fuggerstädtle mit Reimen und Augenzwinkern, die auf einer Adelshochzeit schon mal 60 Stück Wildbret, 2658 Vögel und 20 Zentner Fische verdrückten.
Ingrid Zasche, die Seniorin unter den Slammern, schildert mit heißem Herzen die Aufbauleistung und die unerschütterliche Lebensfreude der Neugablonzer. Längst sind sie nicht mehr die „Hura Flichtling“in Kaufbeuren, vielmehr dürfen ihre Kinder beim Tänzelfest mitmachen – und neuerdings sehe man sogar dunkelhäutige Akteure beim Traditionsfest. Die Multikulti-Integration scheint zu glücken.
Georg Feuerer, 54, eigentlich ein glühender Lechhauser, rückt mutig die Mythen über die bairische Vorstadt zurecht. Mindestens sieben Argumente fallen dem Stadtarchivar ein, warum die behauptete Identität trügt und die Lechhauser schwäbischer sind, als sie denken. Erst 1603 sind sie vom Domkapitel an die Münchner Herzöge verkauft, aber 1705 von ihnen wieder an Augsburg verpfändet worden. Arzt und Apotheke waren „in der Stadt“– und die war nicht das zuständige Friedberg.
So sehr schöpft Feuerer aus dem Vollen, dass Moderator Horst Thieme ihn als Einzigen einbremsen muss. Der Sieg freilich ist dem Aichacher nicht mehr zu entreißen.