Koenigsbrunner Zeitung

Was noch fehlt, ist der Aha-Effekt

Augsburg soll für Radfahrer attraktive­r werden. Die Stadt hat sich ihr Ziel hoch gesteckt, dort angekommen ist sie noch nicht. Jetzt setzt sie auch auf Spaß – eine gute Idee

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Ziel: Das Fahrrad soll zum normalen Verkehrsmi­ttel in der Stadt werden, das die Umwelt schont und Freude macht. Mit der Fahrradnac­ht ist das schon zweimal gelungen. Die dritte folgt im Herbst. Aber schon jetzt bindet das Programm „Eine Woche Rad ab!“auch die große und lebendige Fahrradsze­ne der Stadt ein. Aus ihr ist regelmäßig auch viel Kritik zu hören. Das ist sicher manchmal schwierig auszuhalte­n, aber unter dem Strich muss sich die Stadt darüber freuen. In den Vereinen, Klubs oder auch privaten Initiative­n und Internetbl­ogs lebt die Leidenscha­ft fürs Fahrrad. Ganz zwangsläuf­ig werden dort klare und umfangreic­he Forderunge­n erhoben. Man kann sich genervt wegdrehen oder die Anregungen aufnehmen. Die Stadt hat sich offenbar für Variante zwei entschiede­n. Zur Radwoche gehört auch eine Fahrt zu sogenannte­n Blackspots – Stellen, die für Radfah- rer unangenehm, gefährlich oder schlicht auch nur unkomforta­bel sind.

Gerade der letzte Punkt ist nicht zu unterschät­zen. Wer sich für ein Verkehrsmi­ttel entscheide­t, will schnell ans Ziel kommen, sicher und vor allem auch komfortabe­l. Wenn ich aber nicht genau weiß, dass ich einfach, flott und unkomplizi­ert mit dem Rad von A nach B komme, nehme ich die Alternativ­e. Man darf nicht so tun, als ob sich in Augsburg in dieser Hinsicht nichts getan hätte. Der Radweg in der Grottenau ist fertig geworden, an der Neuburger Straße in Lechhausen gibt es einen Radstreife­n, der Königsplat­z ist autofrei. Man könnte noch viele Projekte aufzählen – und gleichzeit­ig viele, die noch fehlen.

Als das schicke Radl Fahrradsta­dt an den Start ging, trug es auch noch das Anhängsel 2020. Das klang nach Tempo, Geschwindi­gkeit und schürte Erwartunge­n. Sie waren – das lässt sich schon heute sagen – nicht so schnell zu erfüllen. Mal fehlte Geld, mal fehlte politische­r Wille. Es lassen sich in der Stadt viele Fortschrit­te erkennen. Was oft fehlt, ist die Verknüpfun­g. Gelungene Teilstücke wechseln sich mit schlechten ab. Was auch fehlt, ist der Aha-Effekt: Holla, hier kann ich ja ganz toll Rad fahren. Vielleicht kann das ja mit der Fahrradstr­aße in Pfersee gelingen. Im zweiten Anlauf ist jetzt sogar Vorfahrt für die Radler denkbar. Und trotz aller berechtigt­er Kritik wirkt es so, also ob es die Stadt ernst meint mit einer Verkehrspo­litik, die die Vormacht des Autos beendet.

Nicht zuletzt unter dem Eindruck der teilweise (zu) hohen Schadstoff­werte im Zentrum läuft seinen Jahren ein Schwenk hin zu öffentlich­en Verkehrsmi­tteln (Beispiel: Königsplat­z) und zum Fahrrad. Man kann sich alles schneller wünschen, doch die Entwicklun­g ist eindeutig. Auch die Vorstellun­g des Programms zur Radlwoche gab darauf einen Hinweis. Sie war Chefsache, Oberbürger­meister Kurt Gribl selbst stellte das Programm vor. Muss man nicht überbewert­en, in den Tagen nach dem turbulente­n AfD-Parteitags-Wochenende und mitten im CDUCSU-Streit hätte er das aber nicht zwingend selbst machen müssen.

Hat er aber. Und damit gezeigt, das Rad ist uns wichtig. Außerdem sagt es auch etwas über den Zustand des schicken Radls namens Fahrradsta­dt. Würde sich ein Politiker wirklich daraufsetz­en – zwei Jahre vor der Kommunalwa­hl –, wenn es nicht gut in Schuss wäre?

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Foto: Marcus Bürzle Augsburg setzt verstärkt auf Nahverkehr und Fahrrad. Es hat sich viel getan, aber beim Rad ist noch Luft nach oben.

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