Koenigsbrunner Zeitung

Die bedrohte Pracht

Im Sommer schwirren Glühwürmch­en nur für wenige Wochen durch die Nacht. Doch die Tiere sind gefährdet, Nahrung und Lebensraum werden knapper. Für Gärtner sind sie besonders nützlich: Sie fressen Schnecken

- VON MARIA HEINRICH Symbolfoto: Hathaichan­ok stock.adobe.com

Landkreis Augsburg Etwas Matschiges klebt am Handrücken, eine Dornenrank­e verhakt sich am Schienbein. Beim Herumstrei­fen am Waldrand lässt sich in der Dunkelheit so gut wie nichts erkennen. Etwas raschelt im Gebüsch. Ein Wildschwei­n? Ein Fuchs? Und dann passiert es: Die Landschaft verwandelt sich in einen Märchenwal­d. Als hätte man eine Lichterket­te angeknipst, leuchten überall zwischen den Bäumen kleine Lichtpünkt­chen auf. Die Glühwürmch­en sind da.

Die Insekten strahlen eine besondere Faszinatio­n aus, sagt Eberhard Pfeuffer vom naturwisse­nschaftlic­hen Verein Schwaben. „Es ist wie im Traum, das muss man erlebt haben.“Ende Juni bis Anfang Juli ist die beste Zeit, um das Schauspiel zu beobachten. Dann ist Paarungsze­it und die Männchen leuchten auf der Balz, um die Weibchen anzulocken. „Ab elf Uhr abends kann man sich auf die Suche machen“, sagt Biolo- gin Susanne Hippeli aus Zusmarshau­sen. „Dann ist genügend Zeit, um die Insekten zu beobachten.“Denn um Mitternach­t knipsen die Käfer ihre Leuchten aus, dann ist ihre Energie verbraucht.

Um den Glühwürmch­en nachzuspür­en, sucht man im Augsburger Land am besten an Wald-, Wiesenund Wegrändern, sagt Hippeli. Es sollte nicht alles zugewachse­n sein, denn die leuchtende­n Männchen brauchen genug Platz zum Fliegen, um von den Weibchen am Boden gesehen zu werden. Am liebsten haben es die Insekten schwülwarm, sagt Klaus Kuhn vom naturwisse­nschaftlic­hen Verein Schwaben: „Und die beste Chance hat man in Auwäldern. Das sind Waldstücke an Flüssen oder Bächen.“„Am besten auf den Wegen bleiben“, sagt sein Kollege Eberhard Pfeuffer, von dort habe man den besten Blick und störe keine anderen Tiere.

Im Landkreis empfehlen die drei Experten folgende Beobachtun­gsplätze: die Lech- und Wertachaue­n, die Westlichen Wälder bei Zusmarshau­sen und kleine Wäldchen entlang der Schmutter und der Neufnach. Denn überall dort lebt die Nahrungsqu­elle der Glühwürmch­en: die Schnecken. Den Großteil seines Lebens lebt das Glühwürmch­en als Larve und ernährt sich von den schleimige­n Weichtiere­n. Etwa drei Jahre lang verbringt es am Boden auf Futtersuch­e nach Nacktund Gehäusesch­necken. Es verfolgt Schleimspu­ren und überwältig­t die Kriechtier­e mit nur einem Giftbiss. Es dauert ungefähr 30 Stunden, bis eine Larve eine ganze Schnecke verspeist hat. Nach drei Jahren verpuppt sie sich und schlüpft nach zehn Tagen zwischen Juni und Juli als Käfer. Dann beginnt die Paarungsze­it. Die Männchen fliegen über den Boden, die Weibchen warten unten und blinken als Antwort zurück.

Für die Paarung lassen sich die Männchen zu ihnen herabfalle­n. „Unmittelba­r danach sterben die Männchen, die Weibchen schaffen es noch bis zur Eiablage. Dann sterben auch sie.“

Wissenscha­ftler sind von der Biolumines­zenz, dem chemischen Leuchtvorg­ang an der Körperunte­rseite der Käfer, fasziniert. Doch Glühwürmch­en zu erforschen und zu beobachten, könnte in den nächsten Jahren schwierige­r werden. „Sie stehen zwar nicht auf der Roten Liste der gefährdete­n Tierarten, doch der Bestand nimmt vermutlich ab“, sagt die Biologin. Denn an vielen Stellen werden Nahrung und Lebensraum immer knapper.

Bei Schneckenp­lagen auf den Beeten streuten Gärtner vermehrt Gift aus, sagt Hippeli. „Aber klar ist: keine Schnecken, keine Glühwürmch­en.“Problemati­sch sei auch, wenn an Wäldern und Wiesen Pestizide versprüht werden. Genauso schlecht sei auch die Lichtversc­hmutzung. Denn die Glühwürmch­en brauchen Dunkelheit, um die Lichtsigna­le zu sehen.

 ??  ?? Im Juni und Juli fliegen auch im Augsburger Land viele Glühwürmch­en, wenn sie in der Nacht auf Partnersuc­he gehen.
Im Juni und Juli fliegen auch im Augsburger Land viele Glühwürmch­en, wenn sie in der Nacht auf Partnersuc­he gehen.

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