Noch mehr Sicherheit für die Ritter
Schloss Kaltenberg Die schweren Stürze im vergangenen Jahr haben zu einem neuen Einsatzkonzept geführt. Ein weiterer Notarzt und ein mobiler Stützpunkt sind während der Arena-Show im Backstage-Bereich. Gute Nachricht aus Frankreich
Kaltenberg Die Nachricht aus Frankreich verbreitete sich wie ein Lauffeuer auf Schloss Kaltenberg: Der im vergangenen Jahr so schwer verunglückte und seither vom Hals abwärts gelähmte Stuntman JeanMarc Dellajuto kann offenbar Finger seiner rechten Hand wieder leicht bewegen. Auch die rechte Schulter zeigt Reaktionen. Sein schwerer Sturz am vorletzten Tag (29. Juli) des Kaltenberger Ritterturniers im vergangenen Jahr und auch der Unfall des Jongleurs Gustav Schmitz vom Duo Basseltan, der aus mehreren Metern Höhe auf den Bühnenboden gefallen war, haben beim Veranstalter jetzt dazu geführt, mit einem neuen, erweiterten Einsatzkonzept in die 39. Turniersaison auf Schloss Kaltenberg zu gehen.
Veranstalter, Sicherheits- und Ordnungskräfte sowie das BRK hatten sich unmittelbar nach Ende des Vorjahresturniers an einen Tisch gesetzt und weitergehende Analysen unternommen. Zwar wurde auch in der Vergangenheit bereits großer Aufwand für das Thema „Sicherheit“betrieben, doch ist nicht nur der verantwortliche Leiter der Mittelalter-Großveranstaltung, Heinrich Prinz von Bayern, der Meinung: „Durch die beiden Unfälle sind wir alle sicherlich noch viele Jahre hoch sensibilisiert.“Bislang, und das seien immerhin vier Jahr- zehnte, habe es bei einem der weltweit größten Mittelalterevents mit Hunderttausenden von Besuchern noch nie Unfälle von solch einer Schwere gegeben.
Dennoch habe man unmittelbar reagiert. Die Fragestellungen lauteten: Hat die Hilfe schnell genug funktioniert, war die Versorgung in der Arena ausreichend, steht ausreichend Personal zur Verfügung und vieles andere mehr. Zwar hatte eine eingehende Analyse der Vorfälle im vergangenen Jahr, vor allem des Unfalls von Jean-Marc Dellajuto in der Arena, gezeigt, dass die ärztliche Versorgung und der anschließende Abtransport des Verunglückten zum Rettungshubschrauber zügig funktioniert hätten, doch weiß auch Andreas Lehner, Kreisgeschäftsführer des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK): „Es gibt immer etwas, das man besser machen kann.“So sei zum Beispiel der anwesende Notarzt zum Zeitpunkt des Arena-Unfalls an anderer Stelle des Geländes im Einsatz gewesen, um einen kollabierten Besucher zu versorgen. Die Konsequenz daraus: „Wir werden künftig im Backstage-Bereich während der Show einen mobilen Stützpunkt einrichten, einen zweiten Notarzt und einen Rettungswagen dort stationieren.“
Insgesamt, so berichtet Lehner, sei das Rote Kreuz an den neun Turniertagen (inklusive Gauklernacht) mit 45 Leuten auf und um das Gelände herum im Einsatz. Darunter befänden sich Sanitäter der verschiedenen Fachrichtungen, Rettungssanitäter, Einsatzleiter und Personal der Leitstelle, die im Außenbereich des Geländes neben der Feuerwehr angesiedelt ist.
Der Veranstalter selbst sorgt mit seinem Sicherheitsdienst für den geordneten Ablauf der Veranstaltung, hat aber auch medizinisch ausgebildetes Personal sowohl unter den Mitarbeitern wie auch unter den Darstellern. Prinz Heinrich: „Wir haben eine Ärztin bei uns oder auch Rettungssanitäter.“Mit den Einsatzkräften wurden die sogenannten Schnittstellen neu besprochen, denn im Falle eines Einsatzes oder Vorfalls sei vor allem das reibungslose Funktionieren der Meldekette wichtig. Wie reagiere ich in welchem Fall, wer spricht mit wem, wen muss ich zudem informieren und einsetzen? Schließlich wirken mit Feuerwehr, Polizei, BRK, Notärzten und Sicherheitsdienst verschiedenste Kräfte mit unterschiedlichsten Aufgaben und Fähigkeiten zusammen.
Zusammen oder dann in den jeweiligen Zuständigkeitsbereichen seien laut Prinz Heinrich verschiedenste Szenarien – von überhitzten Besuchern bis zu schweren Unfällen – durchgesprochen und auch durchgespielt worden. Natürlich werde für die Sicherheit des Geländes, der Besucher und Mitwirkenden im Hintergrund enorm viel getan, um eventuellen Störungen oder gar Angriffen präventiv begegnen zu können.
Auch die Stunttruppe Cavalcade ist neu instruiert worden. Prinz Heinrich: „Mario Luraschi hat das Briefing seiner Reiter auf der Liste ganz oben.“Und das nicht erst seit dem Unfall Dellajutos, denn nichts sei in diesem Job gefährlicher als die Routine. Das bestätigt auch der erfahrene Stuntreiter Frederic Laforet, der in Kaltenberg seit Jahren die Hauptrolle des Schwarzen Ritters verkörperte.
Stuntman sein bedeute, sich gerade eben nicht in Gefahr zu bringen, sondern eine Choreografie zu entwickeln, in der alle Gefahren auf ein Minimum reduziert würden. „Sonst wird es gefährlich. In unserem Beruf haben Fehler schwerwiegende Konsequenzen.“