Farbe im Einheitsgrün
Hinter der neuen Blumenvielfalt auf öffentlichen Flächen steckt ein System. Viele machen im Augsburger Land schon mit und hoffen auf die Unterstützung durch Landwirte
Hinter der neuen Blumenvielfalt auf öffentlichen Flächen steckt ein System. Viele machen schon mit und hoffen auf die Unterstützung der Landwirte.
Königsbrunn/Lechfeld
Entlang der Richthofenstraße im Gewerbegebiet Königsbrunn hat sich etwas verändert. Dort, wo früher monotoner Einheitsrasen war, blüht es in allen Farben. Vor allem Blautöne und Weiß stechen aktuell hervor.
Werner Burkhart, Geschäftsführer beim Landschaftspflegeverband Landkreis Augsburg (LPV), ist sichtlich stolz darauf: „Das ist der Blaue Natternkopf, ein Gewächs aus der Familie der Rauhblattgewächse. Er ist ein hervorragender Nektarspender für Hummeln, Bienen und Falter. Die weißen Dolden sind von der Wilden Möhre. Sie bietet ihren Nektar offen an, sodass auch Käfer, Fliegen und andere ohne Rüssel naschen können“, sagt Burkhart. Das sieht und hört man auch: Überall summt und brummt es. Die Blühfläche wurde vor zwei Jahren im Rahmen des LPV-Projekts „Farbe ins Einheitsgrün“angelegt, dessen Ziel es ist, monotone, viel zu oft gemähte kommunale Rasenflächen in blühenden Wiesen umzuwandeln.
Dass hier etwas geschehen muss, war im Landschaftspflegeverband schon länger ein Thema, bestätigt LPV-Vorsitzender Konrad Dobler aus Langerringen. „Hier gibt es etwas zu verbessern!“Eine günstige Gelegenheit zum Einstieg in die konkrete Umsetzung bot sich im Jahr 2015. Die Untermeitinger Gemeinderätin Ines Schulz-Hanke bat den Landschaftspflegeverband um Unterstützung bei der Neuanlage von Blühflächen. Sie und Elfriede Lösch von der Verwaltungsgemeinschaft Lechfeld zu überzeugen, dabei auf heimische Wiesenblumen zu setzen, war nicht schwer, erinnert sich Dobler. So wurden im Frühjahr 2016 die ersten Ansaaten in Untermeitingen, Klosterlechfeld und Graben durchgeführt.
Nach dem Startschuss wurde kräftig die Werbetrommel gerührt. So konnten seither in mehr als zehn Landkreisgemeinden mehr als 30 Blühstreifen mit insgesamt gut einem Hektar angelegt werden. Besonders engagiert haben sich auch Grünpflegetrupps in Bobingen und Wehringen. „Da geht aber noch und ehrlich gesagt – es gibt auch ein paar Ausfälle. Die Misserfolgsquote ist aber gering“so Burkhart. Schlüssel zum Erfolg bei der Umsetzung sei die enge Zusammenarbeit. Der Verband steuert das zertifizierte Saatgut bei und begleitet das Projekt fachlich. Flächenvorbereitung und Mahd übernehmen in der Regel die Bauhöfe oder örtliche Gartenbauvereine.
Blühflächen mit Wiesenblumen und Gräsern sind laut Burkhart nicht nur irgendwelche Nektar- und Pollenlieferanten: Blumenwiesen bieten mehr, da viele heimische Insektenarten spezifisch angepasst sind. Unter den Schmetterlingen gibt es beispielsweise Arten, deren Raupen nur an einer Pflanzenart fressen – fehlt die Pflanze, fehlt der Schmetterling. Das Gleiche gilt für manche Wildbienen, die ausschließ- lich den Blütenstaub spezieller Blumen sammeln, um damit ihren Nachwuchs zu ernähren.
Zurück nach Königsbrunn: Drei Blühflächen wurden im Herbst 2016 angelegt. Günter Frisch, Bereichsleiter Abteilung Grün des städtischen Betriebshofes, erscheint es immens wichtig, in Zeiten des Insektensterbens klare Zeichen zu setzen. Das Bunt ist nicht nur ökologische Aufwertung. Es komme auch bei den Bürgern gut an, dazu gab es schon zahlreiche positive Rückmeldungen, sagt er. „Der Mehraufwand bei der Flächenpflege hält sich sehr in Grenzen, weil wir nur zweimal im Jahr mähen. Es lohnt sich auf jeden Fall und es ist beeindruckend, wie sich der Charakter immer wieder ändert. Es blühen zeitlich versetzt immer andere Blumen.“
Trotz aller Pracht – Wiesen müsmehr, sen gemäht werden, sonst verändert sich schnell die Pflanzenzusammensetzung. Nach der Hauptblüte im Mai/Juni sollte bald der erste Schnitt erfolgen, der zweite dann im Herbst. Ganz so, wie früher einmal Heu und Grummet geerntet wurden. Bei den mageren Böden des Lechfelds kann auch einmaliger Schnitt im Juli reichen. Für kleine Flächen eignet sich hervorragend die Sense. Die beste maschinelle Methode ist erwiesenermaßen der Messerbalken, denn auch mit ihm gibt es relativ wenig Tierverluste. Die gängige Praxis sieht aber anders aus – hier dominieren Rasenmäher und Mulcher. Eine Umstellung auf schonende Methoden und eine Entschleunigung der Grünflächenpflege, zumindest auf einem Teil der kommunalen Grünflächen, wäre ein Riesenfortschritt.
Wie geht es weiter mit dem Projekt? Seit diesem Jahr gibt es für den Landschaftspflegeverband Fördergelder. Ein Teil dieser Mittel soll ins Blühstreifen-Projekt und dessen Weiterentwicklung fließen. Bereits für diesen Herbst stehen weitere Neuanlagen auf dem Programm.
Dass sich im öffentlichen Bewusstsein viel tut, zeigt auch die Gründung der Allianz „Das Augsburger Land blüht – Insekten willkommen“, in der sich Verbände und Behörden zusammengetan haben. Die Allianz möchte auf Landkreisebene für Projekte werben, die die Förderung der heimischen Insektenwelt und der Honigbienen zum Ziel haben. Letztlich sieht Burkhart aber auch die Agrarpolitik in der Pflicht: „Von dort müssen die Impulse kommen, die in die breite Fläche wirken können.“