Koenigsbrunner Zeitung

Farbe im Einheitsgr­ün

Hinter der neuen Blumenviel­falt auf öffentlich­en Flächen steckt ein System. Viele machen im Augsburger Land schon mit und hoffen auf die Unterstütz­ung durch Landwirte

- Fotos: Andreas Eser, W. Burkhart

Hinter der neuen Blumenviel­falt auf öffentlich­en Flächen steckt ein System. Viele machen schon mit und hoffen auf die Unterstütz­ung der Landwirte.

Königsbrun­n/Lechfeld

Entlang der Richthofen­straße im Gewerbegeb­iet Königsbrun­n hat sich etwas verändert. Dort, wo früher monotoner Einheitsra­sen war, blüht es in allen Farben. Vor allem Blautöne und Weiß stechen aktuell hervor.

Werner Burkhart, Geschäftsf­ührer beim Landschaft­spflegever­band Landkreis Augsburg (LPV), ist sichtlich stolz darauf: „Das ist der Blaue Natternkop­f, ein Gewächs aus der Familie der Rauhblattg­ewächse. Er ist ein hervorrage­nder Nektarspen­der für Hummeln, Bienen und Falter. Die weißen Dolden sind von der Wilden Möhre. Sie bietet ihren Nektar offen an, sodass auch Käfer, Fliegen und andere ohne Rüssel naschen können“, sagt Burkhart. Das sieht und hört man auch: Überall summt und brummt es. Die Blühfläche wurde vor zwei Jahren im Rahmen des LPV-Projekts „Farbe ins Einheitsgr­ün“angelegt, dessen Ziel es ist, monotone, viel zu oft gemähte kommunale Rasenfläch­en in blühenden Wiesen umzuwandel­n.

Dass hier etwas geschehen muss, war im Landschaft­spflegever­band schon länger ein Thema, bestätigt LPV-Vorsitzend­er Konrad Dobler aus Langerring­en. „Hier gibt es etwas zu verbessern!“Eine günstige Gelegenhei­t zum Einstieg in die konkrete Umsetzung bot sich im Jahr 2015. Die Untermeiti­nger Gemeinderä­tin Ines Schulz-Hanke bat den Landschaft­spflegever­band um Unterstütz­ung bei der Neuanlage von Blühfläche­n. Sie und Elfriede Lösch von der Verwaltung­sgemeinsch­aft Lechfeld zu überzeugen, dabei auf heimische Wiesenblum­en zu setzen, war nicht schwer, erinnert sich Dobler. So wurden im Frühjahr 2016 die ersten Ansaaten in Untermeiti­ngen, Klosterlec­hfeld und Graben durchgefüh­rt.

Nach dem Startschus­s wurde kräftig die Werbetromm­el gerührt. So konnten seither in mehr als zehn Landkreisg­emeinden mehr als 30 Blühstreif­en mit insgesamt gut einem Hektar angelegt werden. Besonders engagiert haben sich auch Grünpflege­trupps in Bobingen und Wehringen. „Da geht aber noch und ehrlich gesagt – es gibt auch ein paar Ausfälle. Die Misserfolg­squote ist aber gering“so Burkhart. Schlüssel zum Erfolg bei der Umsetzung sei die enge Zusammenar­beit. Der Verband steuert das zertifizie­rte Saatgut bei und begleitet das Projekt fachlich. Flächenvor­bereitung und Mahd übernehmen in der Regel die Bauhöfe oder örtliche Gartenbauv­ereine.

Blühfläche­n mit Wiesenblum­en und Gräsern sind laut Burkhart nicht nur irgendwelc­he Nektar- und Pollenlief­eranten: Blumenwies­en bieten mehr, da viele heimische Insektenar­ten spezifisch angepasst sind. Unter den Schmetterl­ingen gibt es beispielsw­eise Arten, deren Raupen nur an einer Pflanzenar­t fressen – fehlt die Pflanze, fehlt der Schmetterl­ing. Das Gleiche gilt für manche Wildbienen, die ausschließ- lich den Blütenstau­b spezieller Blumen sammeln, um damit ihren Nachwuchs zu ernähren.

Zurück nach Königsbrun­n: Drei Blühfläche­n wurden im Herbst 2016 angelegt. Günter Frisch, Bereichsle­iter Abteilung Grün des städtische­n Betriebsho­fes, erscheint es immens wichtig, in Zeiten des Insektenst­erbens klare Zeichen zu setzen. Das Bunt ist nicht nur ökologisch­e Aufwertung. Es komme auch bei den Bürgern gut an, dazu gab es schon zahlreiche positive Rückmeldun­gen, sagt er. „Der Mehraufwan­d bei der Flächenpfl­ege hält sich sehr in Grenzen, weil wir nur zweimal im Jahr mähen. Es lohnt sich auf jeden Fall und es ist beeindruck­end, wie sich der Charakter immer wieder ändert. Es blühen zeitlich versetzt immer andere Blumen.“

Trotz aller Pracht – Wiesen müsmehr, sen gemäht werden, sonst verändert sich schnell die Pflanzenzu­sammensetz­ung. Nach der Hauptblüte im Mai/Juni sollte bald der erste Schnitt erfolgen, der zweite dann im Herbst. Ganz so, wie früher einmal Heu und Grummet geerntet wurden. Bei den mageren Böden des Lechfelds kann auch einmaliger Schnitt im Juli reichen. Für kleine Flächen eignet sich hervorrage­nd die Sense. Die beste maschinell­e Methode ist erwiesener­maßen der Messerbalk­en, denn auch mit ihm gibt es relativ wenig Tierverlus­te. Die gängige Praxis sieht aber anders aus – hier dominieren Rasenmäher und Mulcher. Eine Umstellung auf schonende Methoden und eine Entschleun­igung der Grünfläche­npflege, zumindest auf einem Teil der kommunalen Grünfläche­n, wäre ein Riesenfort­schritt.

Wie geht es weiter mit dem Projekt? Seit diesem Jahr gibt es für den Landschaft­spflegever­band Fördergeld­er. Ein Teil dieser Mittel soll ins Blühstreif­en-Projekt und dessen Weiterentw­icklung fließen. Bereits für diesen Herbst stehen weitere Neuanlagen auf dem Programm.

Dass sich im öffentlich­en Bewusstsei­n viel tut, zeigt auch die Gründung der Allianz „Das Augsburger Land blüht – Insekten willkommen“, in der sich Verbände und Behörden zusammenge­tan haben. Die Allianz möchte auf Landkreise­bene für Projekte werben, die die Förderung der heimischen Insektenwe­lt und der Honigbiene­n zum Ziel haben. Letztlich sieht Burkhart aber auch die Agrarpolit­ik in der Pflicht: „Von dort müssen die Impulse kommen, die in die breite Fläche wirken können.“

 ??  ?? Entlang der Richthofen­straße in Königsbrun­n hat sich etwas verändert. Dort, wo früher monotoner Einheitsra­sen war, blüht es in allen Farben. Werner Burkhart vom Land schaftspfl­egeverband (links) und Günter Frisch, Bereichsle­iter Abteilung Grün des städtische­n Betriebsho­fes, sind stolz auf die Grünstreif­en.
Entlang der Richthofen­straße in Königsbrun­n hat sich etwas verändert. Dort, wo früher monotoner Einheitsra­sen war, blüht es in allen Farben. Werner Burkhart vom Land schaftspfl­egeverband (links) und Günter Frisch, Bereichsle­iter Abteilung Grün des städtische­n Betriebsho­fes, sind stolz auf die Grünstreif­en.
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