Koenigsbrunner Zeitung

Fredrik Jensen hat die richtigen Koordinate­n

Trainingsl­ager 2 Der junge Finne hat ein ausgefalle­nes Tattoo, weiß aber auch sonst genau, was er will

- AUS SÜDTIROL BERICHTET WOLFGANG LANGNER

Fredrik Jensen macht einen aufgeweckt­en Eindruck. Trotz seines bubihaften Aussehens wirkt er mit seinen 20 Jahren reifer. Dass er nicht nur Fußball im Kopf hat, macht er schnell deutlich: „Nebenbei mache ich ein Fernstudiu­m und studiere Wirtschaft­swissensch­aften. Das habe ich im Frühling 2018 begonnen und im Herbst geht es weiter. Das ist eine sehr flexible Schule, in der ich alles in meinem Tempo absolviere­n kann.“Ganz von alleine kam er nicht darauf: „Meine Mama hat mir das geraten, und man soll ja immer tun, was die Mama sagt. Es gibt ja auch ein Leben nach dem Fußball.“

Seit ein paar Wochen ist der Finne beim FCA und bereitet sich jetzt mit dem Team in Südtirol auf die kommende Saison vor: „Es macht Spaß, hier zu sein. Das Trainingsl­ager hat mir gutgetan, um die Jungs kennenzule­rnen. Man ist jeden Tag 24 Stunden zusammen, und ich werde täglich fitter. “

Auch von seinem neuen Coach Manuel Baum konnte sich Jensen schon einmal ein Bild machen: „Ich habe ja mit Baum noch nicht lange gearbeitet, aber er bringt die Spieler dazu, dass sie auf dem Spielfeld das umsetzen, was er sehen will.“

Wenn man den offensiven Mittelfeld­spieler auf seine Zeit beim niederländ­ischen Erstligist­en FC Twente anspricht, wird er nachdenkli­ch. Er spricht von Chaos. „Da ist viel passiert. Im letzten Jahr waren es leider mehr schlechte als gute Dinge. Ich habe vier verschiede­ne Trainer gehabt und jeder Trainer hatte andere Vorstellun­gen. Das war für das Team überhaupt nicht gut“, erzählt Jensen. In 60 Partien schoss er dabei neun Tore. „Ich hätte gerne mehr Tore geschossen, aber das ist schwierig, wenn das Team nicht im Einklang ist. Aufgrund der vielen Trainerwec­hsel war keine Harmonie im Team. “Schon als Kind zeigte sich Jensen sportlich und spielte zunächst Eishockey. Sein ein Jahr älterer Bruder Richard, der immer noch beim FC Twente spielt, brachte ihn dann zum Fußball. Mit ihm hat Jensen vier Jahre zusammen in Finnland und anschließe­nd fünf Jahre in den Niederland­en gespielt. Bereits als 15-Jähriger folgte er seinem Bruder nach Holland. Der hatte ein Jahr zuvor Finnland verlassen. „Es war eine Jetzt-oder-NieSituati­on. Man steht vor der Frage, will man bei seinen Freunden bleiben oder den Sport, den man mag, als Profi ausüben. Das ist schwierig, aber die Familie hat mich immer unterstütz­t und es hat mir geholfen, dass mein Bruder dabei war.“In Holland lebten die Jensens acht Monate zusammen in einer Gastfamili­e, bis sein Bruder 18 wurde. Dann zogen sie in ein eigenes Appartemen­t.

Ihre Eltern unterstütz­ten ihre Söhne immer bei deren Plänen. Jensens Mutter arbeitet in Finnland in einem Adoptivzen­trum und sein Vater ist Schuldirek­tor. Mit Fußball haben beide nichts zu tun. „Das ist allein mein Ding“, lacht Jensen. Immer wenn es möglich ist, meldet er sich telefonisc­h vom Trainingsl­ager bei den Eltern: „Dann möchte ich einfach nur hören, dass alles in Ordnung ist.“Auch seine Tattoos, die hauptsächl­ich aus Zahlen bestehen und die er stolz auf seinem Unterarm zeigt, haben viel mit seiner finnischen Heimat und der Familie zu tun: „Das sind Koordinate­n des Ortes in Finnland, an dem ich aufgewachs­en bin. Das andere sind die Koordinate­n unseres Sommerhaus­es auf einer Insel im Süden Finnlands. Dort kommt meine Familie immer zusammen. Das zweite Tattoo zeigt die Geburtsdat­en meines Vaters, meiner Mutter und meines Bruders. Sie haben mich immer unterstütz­t.“

Den Wechsel von Holland nach Augsburg sieht Jensen als eine große Chance: „Ich bin froh, dass alles geklappt hat, und ich den nächsten Schritt gehen kann. Jeder möchte in der Bundesliga spielen, und ich bin froh, diese Möglichkei­t bekommen zu haben, und kann es noch gar nicht erwarten. Ich bin sehr ehrgeizig und ich will mich integriere­n und zeigen.“

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Foto: Klaus Rainer Krieger Fredrik Jensen zeigt sein außergewöh­nli ches Tattoo.

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