In Undines magischer Wasserwelt
Romantische Kammermusik
In der deutschen Romantik gab es eine Welt jenseits des Sichtbaren. Eine magische Welt, belebt von Elementargeistern, die Wasser und Wald beherrschten. Davon erzählte das Duo Undine, Annette Becherer (Flöte) und Frank Selzle (Klavier), im leider schwach besuchten Musiksaal des Zeughauses. Undine ist eine Nymphe aus der gleichnamigen Erzählung des romantischen Dichters Friedrich de la Motte-Fouqué (1777–1843). Die viersätzige Undine-Sonate, die Carl Reinecke 1885 danach komponiert hat, stand im Zentrum dieses Konzerts.
Nachdem Frank Selzle, begleitet von Annette Becherer mit Miniaturen auf der Flöte, den Zuhörern die Erzählung in einer Kurzfassung vorgelesen hatte, fiel es leicht, sich vom Spiel des Duos in dieses zauberhafte Geschehen hineinnehmen zu lassen. Da war, ausgedrückt durch das Klavier, das gewaltige, mächtige Heranrauschen der Wasserfluten; darin die zarte Melodie der Flöte. Es ist Undine, die sich vom Wasser mittragen und schließlich in diese Welt auf eine Erdzunge zu einem alten Fischerpaar spülen lässt. Dort findet sie ihre Liebe zu einem edlen Ritter und erhält eine menschliche Seele, die aus ganzem Herzen lieben – und leiden lässt.
Beseelt war auch das Spiel der beiden Künstler, ihr Miteinander und ihr gekonnter Widerstreit. Mit der Musik entwarfen sie, mehr noch als ein Text es vermag, die Bilder und Stimmungen dieser Erzählung: von einer paradiesischen Natur, von der Innigkeit der Liebe (besonders schön die warme Flötenstimme), von der Bedrohung durch innere und äußere Mächte, von Schmerz, Tod und am Ende einem großen Frieden, wenn Undine als Bächlein das Grab ihres Ritters umfließt.
Auf diese Sonate geschickt abgestimmt hat das Duo Undine die anderen Stücke an diesem Abend. Übermütig ließ Frank Selzle in einem Solo am Klavier in Claude Debussys „Der Tanz des Puck“einen Kobold auf den Tasten dahin springen. Es war, als hörte man sein Lachen. Und tieftraurig-schön spielte Annette Becherer das Liebeslied des trauernden Gottes Pan, der sich aus Schilfrohr, in das sich seine Geliebte Syrinx verwandelt hatte, eine Flöte gebaut hat.
Ein weiterer Glanzpunkt dieses kammermusikalischen Abends waren drei Sätze aus Astor Piazzollas „Histoire du Tango“, ursprünglich für Flöte und Gitarre geschrieben. Zu hören war Tango, von Klavier und Flöte getanzt, mit ganz viel Leidenschaft, mit seiner Melancholie, seiner Hingabe und Lebensfreude. Ein wunderbarer Konzertabend, der weit mehr als die rund 25 Zuhörer im Musiksaal verdient hätte.