Wie ein Harley Händler mit Strafzöllen umgeht
Die US-Politik macht einigen Unternehmen aus Augsburg zu schaffen. Der Harley-Davidson-Händler „Westpoint“dagegen profitiert aktuell von den Entscheidungen. Dennoch rüstet er sich für eine ungewisse Zukunft
Seit 2003 gibt es den Harley-Davidson-Händler „Westpoint“in Augsburg. Zunächst im Holzweg im Bärenkeller und seit 2006 im Sheridanpark in der Max-Joseph-MetzgerStraße. Geschäftsführer Michael Scholz hat die Zollpolitik von USPräsident Donald Trump gespannt mitverfolgt und die Erfahrung gemacht, dass die Entscheidungen aus Übersee nicht für jeden nur Nachteile haben müssen: „In den letzten Wochen war ein richtiger Hype und wir haben mehr Motorräder verkauft als üblich. Die Kunden haben Angst, dass unsere Produkte wegen der Zollpolitik teurer werden könnten“, erklärt er ein Phänomen, das ihm zunächst mehr Geld in die Kassen spült, als kalkuliert. Und auch die Zeit nach den ersten „Angstkäufen“sieht Scholz zunächst optimistisch. Das liegt an der Reaktion von Harley Davidson auf die Trumpsche Politik: Die Produktion wird nämlich vermehrt ins Ausland verlagert,
Harley Davidson will Mehr kosten nicht weitergeben
um Strafzölle zu umgehen und die dennoch entstehenden Mehrkosten sollen nicht an den Endverbraucher weitergegeben werden, lautete das Statement des Motorradherstellers aus Milwaukee.
Für Michael Scholz, dessen Geschäft einem Händlerwettbewerb nach zu den besten zehn HarleyHändlern in Europa gehört, kam diese Entscheidung nur mäßig überraschend. Unabhängig davon hatte der Händler bereits vor dieser Entscheidung für 1,5 Millionen Euro Motorräder eingekauft, um besser und langfristiger wirtschaften zu können. Er leidet also bislang nicht unter der umstrittenen US-Politik.
Was nach dem Lagerabverkauf kommt und ob Harley Davidson an seiner Strategie festhalten kann, sei jedoch noch ungewiss, sagt er. Für das Jahr 2019 möchte er deshalb keine Prognose abgeben.
Harley Davidson will, wie im übrigen andere US-Unternehmen auch, zwar die Mehrkosten, die durch die Zölle entstehen, übernehmen, ob das aber auf lange Sicht gehalten werden kann, scheint noch nicht ganz klar zu sein. Das US-Unternehmen muss für seine Produktion in Amerika viel zukaufen. Sogar der Stahl für die Motorräder kommt aus Kanada. Der amerikanische Stahl ist qualitativ nicht gut genug, heißt es. Ähnlich ist es bei der Mo- torrad-Elektrik. Bosch ist ein großer Zulieferer für Harley Davidson. Durch diese weltweite Vernetzung fallen plötzlich doppelte und dreifache Zölle an, die kein Unternehmen dauerhaft selbst übernehmen kann. „Harley Davidson kann ja nicht amerikanisch, patriotisch handeln, sondern muss unternehmerische Entscheidungen treffen, damit das Geschäft konkurrenzfähig bleibt“, weiß auch Michael Scholz.
Mit gewisser Sorge blickt Jana Lovell, Leiterin des Geschäftsfeldes International bei der IHK Schwaben, auf das Thema. Denn die schwäbische Wirtschaft, so Lovell, ist mit einer Exportquote von rund 60 Prozent international stark verflochten. „Die protektionistischen Bestrebungen Trumps verunsichern die schwäbische Wirtschaft. Dies lässt sich in der Außenhandelsstatistik bereits erkennen. So gingen die bayerischen Exporte in die USA von Januar bis März 2018 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 11,3 Prozent zurück“, sagt Jana Lovell. Angesprochen auf Harley Davidson, kann Lovell nachvollziehen, dass US-Firmen mit bestehenden Auslandsproduktionen diese ausbauen könnten. Für US-Unternehmen, die noch keine Auslandsproduktionen haben, dürfte dieser Schritt aber mit einer langfristigen Planung einhergehen.
Michael Scholz ist diesbezüglich – und besonders im Fall Harley Davidson – optimistischer. Seiner Ansicht nach bietet Europa einen deutlich besseren Wachstumsmarkt für den Motorradhersteller als die USA. „Von 2004 bis 2017 haben wir in Deutschland 300 Prozent mehr Motorräder verkauft. Der Markt in Europa boomt, während er in Amerika zurückgeht. Harley Davidson wird neue Standorte errichten. Die Zollpolitik erleichtert diese Entscheidung“, ist er sich sicher.
Scholz sorgt zudem selbst für die Zukunft vor und errichtet neben seinem bisherigen Gelände für drei Millionen Euro eine neue Halle. Dort werden dann keine Harleys, sondern gebrauchte und gewartete Konkurrenz-Motorräder verkauft. Beim sogenannten „Customizing“können Kunden nach ihren Vorstellungen Motorräder von „Westpoint“umbauen lassen. „Hier arbeiten wir eng mit Zulieferern in der Region zusammen“, sagt Michael Scholz. Zudem wird der Bereich Merchandising immer wichtiger. Also Marken-Kleidung und Accessoires.
Um das neue Projekt in der extra gebauten Halle umsetzen zu können, wird der Augsburger Händler sein Personal von 16 auf 25 Angestellten erhöhen. Maßnahmen, um einem weitaus größeren Problem als der Strafzollpolitik, nämlich dem demografischen Wandel, entgegen zu treten. Junge Erwachsene machen zunehmend weniger einen Führerschein oder sie wissen erst gar nicht, ob Harley Davidson ein Motorrad oder ein Schauspieler ist.