Augsburger entführt: Angeklagten drohen hohe Strafen
Staatsanwaltschaft fordert bis zu zwölfeinhalb Jahre Haft für ein Trio. Das Opfer beeindruckt vor Gericht
Die Täter haben aus Sicht der Staatsanwaltschaft seit 2016 Straftaten „quer durch die Republik und quer durchs Gesetzbuch“begangen. Am schwerwiegendsten ist die mehrtägige Entführung eines Augsburger Diplomingenieurs, die letztlich zu ihrer Festnahme führte.
Eine solche Ballung an Straftaten habe er in seinem ganzen Berufsleben noch nicht erlebte, sagte Oberstaatsanwalt Matthias Nickolai in seinem Plädoyer. Folgt das Gericht seinen Anträgen müssen die drei jungen Leute auf der Anklagebank, zwei Männer und eine Frau, für viele Jahre ins Gefängnis. Für Mike A., mit 26 Jahren der Anführer des Trios, beantragte Oberstaatsanwalt Matthias Nickolai mit zwölfeinhalb Jahren die höchste Freiheitsstrafe. Wegen erpresserischen Menschenraubs, Raub, aber auch wegen Diebstählen und Betrug. Die Angeklagten werden voraussichtlich wegen ihres Drogenkonsums nur einen Teil der Strafe im Gefängnis verbüßen müssen, dann in eine Klinik eingewiesen. Dafür hat sich der Mediziner Albrecht Stein ausgesprochen.
Als einer der letzten Zeugen hatte das Entführungsopfer ausgesagt. Es wurde, darin waren sich alle im Saal einig, ein beeindruckender Auftritt. Sachlich schilderte der 56-Jährige, seither zu 40 Prozent auf Dauer körperlich geschädigt, den Ablauf seiner zweieinhalbtägigen Entführung. Sie hatte im Februar vorigen Jahres an einem Wochenende mit einem Ausflug ins Rotlichtmilieu begonnen. „Ich wollte Spaß haben“, erzählte der 56-Jährige, warum er sich in einem Dating-Portal mit der Frau verabredet hatte, die ihm jetzt im Gerichtssaal gegenübersaß. Doch am verabredeten Treffpunkt in Baden-Württemberg wird er beim Verlassen seines Autos von maskierten Männern überfallen. Er versucht zu fliehen, wird von einem der Täter mit dem Auto überfahren und schwer verletzt. Es folgt nach den Worten des Anklägers „eine Spirale der Gewalt“. Der Augsburger war zweieinhalb Tage in der Hand der Täter, die mit ihm nach Augsburg fuhren. Es habe Situationen gegeben, berichtete der Zeuge, „in denen ich mit meinem Leben abgeschlossen hatte“. In seiner Wohnung befreit wurde der Mann, als er sich traute, um Hilfe zu schreien, da sein Bewacher eingeschlafen war.
Die in Baden-Württemberg lebenden Angeklagten wurden im Prozess von Augsburger Anwälten verteidigt. Alle vier Verteidiger – Isabell Kratzer-Ceylan, Hermann Kühn, Juliane Kirchner und Bernd Scharinger – gaben sich überzeugt, dass ihre Mandanten keine Berufsverbrecher seien. Eine Ansicht, die sogar der Geschädigte teilt. Seine Anwältin Mandana Mauss sprach im Prozess von „groß gewordenen Kindern, die Spaß haben wollten“. Das Urteil soll am Dienstag fallen.