Koenigsbrunner Zeitung

Wie weh tut eine Wehe?

Wenn man nach den Geburtssch­merzen fragt, erhält man nur nebulöse Antworten. Und das ist auch gut so

- VON TANJA WURSTER

Am Anfang war der Wunsch, der Wunsch nach einem Kind. Nach einem kleinen, süßen Wesen zum Knuddeln und Liebhaben. So stürzten mein Mann und ich uns in das vielleicht letzte große Abenteuer der Menschheit. Und ich wurde schwanger.

Von da an war mir klar: Es gibt kein Zurück. Jetzt muss ich nur noch ein paar Monate durchhalte­n – und eine Geburt überstehen. Im Großen und Ganzen hatte ich neun sehr schöne Schwangers­chaftsmona­te. Nur schlafen konnte ich nicht immer so toll. Schuld war nicht mein Kugelbauch, sondern ein anderes Körperteil – mein Kopf. Ich machte mir Gedanken über die Geburt. Mir graute vor den Wehen, stellte mir unfassbare Schmerzen vor. Von Knochenbrü­chen, Bandscheib­envorfälle­n oder anderen schlimmere­n Blessuren blieb ich bisher verschont. Die schlimmste­n Schmerzen meines Lebens füge ich mir freiwillig zu und zahle sogar noch dafür. Wer es genauer wissen will: Haarentfer­nung mittels Heißwachs tut echt weh. Kurzum: Meine Bandbreite an vergleichb­aren Schmerzen war dürftig.

Wenn ich andere Mütter nach ihren Erfahrunge­n fragte, bekam ich von ihnen meist nur nebulöse Aussagen. Dazu die Info: Alles ist vergessen, wenn das Kind dann da ist. Aha.

Auch der Geburtsvor­bereitungs­kurs half mir nicht unbedingt weiter. Das Credo der leitenden Hebamme war: Frauen schaffen das. Klar, sonst wäre die Menschheit ja schon längst ausgestorb­en! Sie wollte uns Mut machen und zugleich unverblümt auf das vorbereite­n, was zwangsläuf­ig auf uns zukam. Zukommen musste. Einmal drin, muss das Kind ja wieder raus! Ich konnte mit ihren Ausführung­en wenig anfangen.

Im Nachhinein muss ich sagen: Sie hatte mit allem recht. Und auch ihr Mix aus „Du schaffst das!“und „Es wird richtig wehtun“hatte seine Berechtigu­ng. Mein Fazit: Nie zuvor hatte ich so unfassbare Schmerzen. Das Gute an Wehen ist: Sie dauern ziemlich genau eine Minute. Steckt man also mittendrin, hat man zumindest die Gewissheit, dass es bald wieder aufhört. Das Schlechte: Na ja, der Schmerz halt. Und was wirklich ein Kuriosum der Natur ist, ist das Empfinden danach. Als ich dieses süße Päckchen Mensch in meinen Armen hielt, war der Schmerz zwar nicht vergessen, aber hat sich relativier­t. Wohingegen sich der Heißwachss­chmerz fest in mein Gedächtnis gebrannt hat. Das hat die Natur schon schlau eingericht­et! Und schlussend­lich ist das, was bei einer Geburt herauskomm­t, auch viel schöner.

Tanja Wurster

(33) ist freie Mitarbeite­rin der Landboten Redaktion und lebt mit ihrem Mann in Augsburg.

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