Koenigsbrunner Zeitung

Richtiger Ansatz

- VON BERNHARD JUNGINGER bju@augsburger allgemeine.de

Stelle bekommen. Im vergangene­n Jahr traf dies auf etwa 80 000 Arbeitslos­e zu. Anbieten können solche Stellen alle Arbeitgebe­r – auch gemeinnütz­ige Einrichtun­gen und Kommunen.

Die Betroffene­n erhalten in den ersten beiden Jahren einen staatliche­n Lohnkosten­zuschuss in Höhe des Mindestloh­ns. Danach soll der Zuschuss jährlich um zehn Prozent sinken. Momentan beträgt der Mindestloh­n 8,84 Euro pro Stunde, ab 2019 steigt er auf 9,19 Euro.

Die Kritik, die Förderdaue­r sei zu lang, wies Heil zurück. Bei der Zielgruppe handle es sich um Menschen, die schon lange draußen und nicht sofort fit für den Arbeitsmar­kt seien. Diese „sehr arbeitsmar­ktfernen Menschen“brauchten Zeit, um wieder Anschluss und „eine längerfris­tige Perspektiv­e“zu finden.

Während der Beschäftig­ung sollen die Geförderte­n auch durch Weiterbild­ungsmaßnah­men und Coaching-Angebote unterstütz­t

Arbeit ist mehr als nur Broterwerb, Arbeit strukturie­rt den Tag, gibt dem Leben einen Sinn und trägt entscheide­nd zum Selbstwert­gefühl eines Menschen bei. Es ist deshalb absolut richtig, dass die Bundesregi­erung einen neuen Anlauf unternimmt, auch und gerade Langzeitar­beitslose in Beschäftig­ung zu bringen. Trotz des seit Jahren anhaltende­n Konjunktur­wunders gibt es einen Kern von rund einer Million Menschen in Deutschlan­d, die sich aus verschiede­nen Gründen schwertun, einen regulären Arbeitspla­tz zu finden oder zu behalten. Hinter Langzeitar­beitslosig­keit steckt oft ein schweres Schicksal. Brüche in der Biografie, schlechte oder gänzlich fehlende Qualifikat­ion, gesundheit­liche Einschränk­ungen führen dazu, dass Arbeitslos­igkeit entsteht und sich nicht selten über Jahrzehnte verfestigt. Und sich in manchen Familien sogar über Generation­en überträgt, weil Kinder gar nicht mehr erleben, dass Eltern morgens aufstehen, um zur Arbeit zu gehen.

Die Pläne von Hubertus Heil für einen sozialen Arbeitsmar­kt mit zehntausen­den mit staatliche­n Milliarden­zuschüssen geförderte­n Jobs setzen also an der richtigen Stelle an. In der Umsetzung und Begleitung wird aber peinlich genau darauf zu achten sein, dass durch die geförderte­n Arbeitsplä­tze wirklich keine Dumping-Konkurrenz zu regulären Jobs entsteht. Und es darf auch keine Nische entstehen, die Menschen dazu verleitet, sich gar nicht mehr um eine Stelle auf dem echten Arbeitsmar­kt zu bemühen. werden. So soll etwa vermieden werden, dass Konflikte zwischen Arbeitgebe­rn und Beschäftig­ten eskalieren und zur vorzeitige­n Kündigung führen.

Arbeitsmar­ktexperte Joachim Wolff vom Institut für Arbeitsmar­ktund Berufsfors­chung in Nürnberg begrüßt den Entwurf im Gespräch mit unserer Zeitung. „Für eine kleine Gruppe von Personen, für die es auch mittelfris­tig keine Perspektiv­en der Wiedereing­liederung in den Arbeitsmar­kt gibt, sind die Maßnahmen sinnvoll. So werden Menschen gestützt, die sonst keine Chance haben“, sagt er.

Gerade für die Menschen mit geringen Einglieder­ungschance­n sei es entscheide­nd, dass die Maßnahmen von Coaching begleitet werden, meint Wolff. „Sonst droht in vielen Fällen ein schneller Abbruch der geförderte­n Tätigkeite­n.“Es müsse allerdings sehr genau darauf geachtet werden, dass keine Personen, die auch Chancen auf reguläre Arbeitsver­hältnisse haben, in das Programm aufgenomme­n werden. „Sonst besteht die Gefahr, dass es zu einer Mitnahme von Fördermitt­eln

Kritik am Gesetzentw­urf kommt von den Gewerkscha­ften, die sich eine Förderung nach Tariflohn und nicht nach dem Mindestloh­n wünschen. Auch der Städtetag bemängelt, dass Unternehme­n und Kommunen, die nach Tarif bezahlen, die Differenz zwischen dem geförderte­n Mindestloh­n und dem höheren Tarif selbst aufbringen müssten. Im Bundestag, der den Heil-Entwurf nun berät, könnte die Frage, welcher Lohn zur Grundlage der Förderung gemacht werden soll, ein Streitthem­a werden.

Arbeitgebe­rverbände fürchten dagegen, dass überwiegen­d öffentlich­e Arbeitgebe­r von den neuen Maßnahmen profitiere­n würden – und private Unternehme­n das Nachsehen haben könnten. Gezielt solle deshalb auch Beschäftig­ung in der Wirtschaft unterstütz­t werden.

Wenn der Heil-Entwurf wie geplant den Bundestag passiert, kann das neue Gesetz Anfang 2019 in Kraft treten.

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