Koenigsbrunner Zeitung

Wartet es sich im Stau am schönsten?

- VON SILVANO TUIACH silvano.tuiach@augsburger allgemeine.de

Der Stau Ende Juli gehört zu den unveränder­lichen saisonalen Erscheinun­gen wie Weihnachte­n oder Ostern. Zur Ferienzeit kommt es dazu, das ist so sicher wie 8. August als „Nationalfe­iertag“in Augsburg. Die Reaktion auf das Wissen um den Stau ist rätselhaft, zumindest ambivalent. Ist der erste Ferientag (was meist der Fall ist) ein Samstag, dann brechen hunderttau­sende von Autofahrer­n gen Süden auf, auch wenn sie jahrelang erlebt haben, in einen furchtbare­n Stau zu geraten.

Aber das hält sie nicht davon ab, um sechs Uhr morgens ins Auto zu steigen. Wie kommt es dazu? Ist das eine Form von kollektive­m Masochismu­s? Oder lieben manche Autofahrer heimlich das Fahren in Schrittges­chwindigke­it? Etwas Vergleichb­ares zu dieser Selbst-Malträtier­ung will mir nicht einfallen. Aber es gibt ja die Möglichkei­t – die diversen Radiosende­r melden den Stau ja minütlich – von der Autobahn runterzufa­hren, um über eine unbekannte Bundesstra­ße zum Ziel zu gelangen, bzw. den Stau zu umfahren. Für einen notorische­n Pessimiste­n, wie ich es bin, wär das aber keine Alternativ­e. Aber ich habe Bekannte, die schwärmen von den Sehenswürd­igkeiten und all den pittoreske­n Dörfern, die sie abseits der Autobahn gesehen haben.

Eins hat sich geändert in den letzten Jahren. Das ständige Lamentiere­n von den Rücksitzen: „Simmer bald da?“Denn die Kinder im Fond halten heute ihr Smartphone in den Händen und vertiefen sich vollkommen darin.

Und bei der Benutzung von Nebenstraß­en hilft jetzt das Navi, um sich nicht in einer unbekannte­n Gegend vollkommen zu verfahren. Die gefürchtet­e Konstellat­ion: „Ehemann fährt, Ehefrau navigiert auf dem Beifahrers­itz“gehört dank Navi der Vergangenh­eit an. Was im Stau noch immer die Atmosphäre vergiftet, ist, wenn die Frau nach 100 gefahrenen Kilometern den Ehemann fragt: „Hast du die Herdplatte ausgemacht?“Aber vielleicht wird auch das durch das Smartphone und intelligen­te Haustechni­k obsolet werden.

Und wenn das autonom fahrende Auto kommt, kann man sich während des Staus ganz dem Smartphone widmen. Aber auch hier gilt: „Ist das Auto noch so schlau, steht auch das autonome Fahrzeug lang im Stau.“ *** An dieser Stelle blickt der Kabarettis­t Silvano Tuiach für uns auf das Geschehen in Augsburg und der Welt.

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Zeichnung: Silvano Tuiach

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