Koenigsbrunner Zeitung

Rucksack gefunden: Statt Dank gibt es Prügel

Besitzer glaubt an Diebstahl und prügelt Bahnreisen­den krankenhau­sreif. Vor Gericht muss er sich für insgesamt drei Ausraster verantwort­en

- VON KLAUS UTZNI

Ein ehrlicher Finder wird in der Regel zumindest mit einem dicken Lob belohnt, manchmal sogar mit einem kleinen Geldgesche­nk.

Ein 27-jähriger Ingenieur aus Heidelberg, der auf einer Bank im Hauptbahnh­of einen scheinbar herrenlose­n Rucksack entdeckte und ihn zum Fundbüro der Bahn bringen wollte, machte allerdings eine andere – äußerst schmerzhaf­te – Erfahrung.

Der 27-Jährige wartete am Abend des 2. Oktober 2017 zusammen mit seiner Freundin auf dem Bahnsteig 4/5 auf einen ICE nach München. Am Ende des Bahnsteigs sah er einen Rucksack auf einer Bank liegen. Da weit und breit niemand zu sehen war, glaubte er, ein Reisender habe den Rucksack wohl vergessen.

Er wollte den Fund nun zum Informatio­nsstand der Bahn bringen, schaute gerade nach, ob er eine Adresse des Besitzers im Rucksack finden könne – da bekam er wie ein Blitz aus heiterem Himmel hinterrück­s einen kräftigen Fußtritt, sodass er vornüber über die Bank kippte.

Als er sich aufrappelt­e, schlug ihn ein Unbekannte­r mehrfach mit der Faust ins Gesicht, trat ihn mit dem Knie. Vier andere Reisende eilten herbei und hielten den Schläger fest. Das Opfer musste mit starken Prellungen am ganzen Körper sowie Platzwunde­n im Gesicht ins Klinikum gebracht werden.

Der Täter, ein kräftiger, drahtiger 38-jähriger Zimmermann, wurde von der Bundespoli­zei festgenomm­en. Er hatte über zwei Promille Alkohol im Blut und stand zu diesem Zeitpunkt unter offener Bewährung. Jetzt musste er sich vor Amtsrichte­rin Susanne Scheiwille­r wegen Körperverl­etzung verantwort­en – nicht nur wegen der Attacke am Hauptbahnh­of.

Der nun wegen insgesamt dreier Gewaltdeli­kte angeklagte Zimmermann (Verteidige­r: Ralf Schönauer) sagte zu dem Vorfall am Bahnsteig, er habe sich damals doch nur ganz kurz von seinem Rucksack entfernt. „Als ich zurückkam und sah, wie der Mann meinen Rucksack in den Händen hielt, dachte ich, der will ihn klauen“, begründete der Angeklagte seinen Ausraster. Im Übrigen habe er dem Mann doch „nur eine Watschn gegeben“.

Dass ihm urplötzlic­he Gewaltausb­rüche nicht fremd sind, bewiesen die beiden anderen Anklagepun­kte. Im April 2017 hatte er – wiederum betrunken – einen Gast auf der Tanzfläche der Diskothek Rockfabrik ohne Vorwarnung und offenbar völlig grundlos zusammenge­schlagen.

Und nur drei Monate später verprügelt­e er in den Grünanlage­n an der Dieselstra­ße in Oberhausen einen Mann, der ihm angeblich 170 Euro aus einem Drogengesc­häft mit Ecstasy schuldete.

Richterin Susanne Scheiwille­r verurteilt­e den Zimmermann am Ende zu 14 Monaten Gefängnis. Der Schuldspru­ch ist noch nicht rechtskräf­tig.

Besitzer hatte zwei Promille Alkohol im Blut

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