Feiern mit der Wilden 13
Kindergeburtstage sind Ausnahmezustand. Warum Flaschendrehen hilft, den Nachmittag leichter zu überstehen
letzten Geburtstag war ich fest entschlossen: Das nächste Mal wird außer Haus gefeiert! Die Kinder zu viele, zu turbulent, zu groß, zu alt, ich zu wenig tiefenentspannt ... Fest entschlossen habe ich mich von Büchsenwerfen, Schokoladenessen, Stopptanz und Ähnlichem innerlich verabschiedet und versucht, den Sohn von meinem Entschluss zu überzeugen. Schließlich gibt es tolle Sachen in Augsburg. Geburtstags-Bouldern etwa ist gerade total angesagt. „Stimmt“, sagt der Sohn, „da war ich bei der Einladung letzte Woche …“Okay, dann vielleicht ’ne Bowling-Party? „Hmmm“, sagt der Sohn, „da war ich doch beim Geburtstag von …“Dann ein SchnitzGeburtstag? Ein Besuch bei der Feuerwehr? Zur
Clownina? Ein Tag in der Umweltstation? Oder auf den Biobauernhof? Hm. Hm. Hm. Hm. Hm... Mal schauen, ob er überhaupt noch zuhört. Mit dem Flugzeug ins Disneyland nach Paris?
„Aber Mamaaaa!“Und dann rückte er raus mit der Sprache: „Wenn wir nicht zu Hause feiern, dann können wir ja gar nicht die vielen tollen Spiele spielen, oder?“Volltreffer ins gerührte Mutterherz.
Wie konnte ich nur auf solch eine verrückte Idee kommen, nicht zu Hause feiern zu wollen? Kinder sind Traditionalisten, was ihre Ge- burtstagsfeiern angeht. Am besten immer den gleichen Kuchen, die gleichen Rituale, die gleichen Spiele. Wahrscheinlich verfestigen sich nur so Erinnerungen und werden in der Rückschau zu einer Geburtstagsglückseligkeitsmelange. Und dazu immer die gleichen Kinder – gemischt mit ein paar neuen, damit es für die Eltern spannend bleibt, wie die Truppe harmoniert. Da die Regel nur so viele Gäste, wie das Kind alt wird, sowieso nicht klappt, wurde dann mit einer motivierten Wilden 13 gefeiert. Und natürlich: Sie waren zu viele, zu turbulent, aber ich fast tiefenentspannt. Denn – und das muss jetzt wirklich unter uns bleiben – mit den Jahren entwickelt man als Eltern ja auch ein gewisses Zeitdehnungsmanagement. Unser Hit: Geschenkübergabe nur mit Flaschendrehen. Das Kind, auf das jeweils der Flaschenhals zeigt, übergibt sein Geschenk – fast die erste Stunde geschafft. Die Kollegin (die auf dem Sofa) hat dies sogar noch weiter perfektioniert: Da erzählt jedes Kind einen Witz oder führt ein Kunststückchen vor, wenn es an der Reihe ist.
Noch mehr Zeit rum und ein großer Spaß dazu. Dann: Eine Schnitzeljagd muss grundsätzlich durch die entferntesten Ecken des Viertels führen, alles andere wäre unprofessionell. Und schon sind die Spiele, bei denen die Emotionen gerne mal durch die Decke gehen, ein Klacks. Die Wilde 13 hat jedenfalls gut und ausgelassen gefeiert, ihr Anführer fiel zufrieden und erschöpft ins Bett, nicht ohne eine Erklärung abzugeben: „Das war so gut, das machen wir nächstes Jahr wieder so.“Die Wilde 20 kann kommen.
Doris Wegner,
48, lebt in Augsburg und hat einen Sohn im Alter von zehn Jahren. *** Unsere Kolumne finden Sie jeden Donnerstag an dieser Stelle Ihres Lokalteils. Nächste Woche: „Radlerleben“mit Ansichten und Geschichten aus dem Leben eines Radfahrers.