Lunge der Stadt und Tor zum Wissen
Die Stadtbücherei wird beim Festakt mit Lobreden bedacht. Diese lassen sich durch Zahlen belegen
Königsbrunn. Wälder werden ja als die „Lunge der Welt“betitelt, besonders, wenn der Betitelnde darauf aufmerksam machen will, dass der Mensch es gelassen hinnimmt, diese Lunge abzuholzen. Ganz im Positiven und ohne Hinnehmen von Negativitäten zeigte sich die „Lunge der Stadt Königsbrunn“. So bezeichnete Kulturbüro-Leiterin Ursula Off-Melcher, das älteste Kind der Stadt, die Stadtbücherei.
Denn 1968 – also im Jahr der Stadterhebung – wurde im Keller des Rathauses, dort, wo sich heute die Sammlung des Archäologischen Museums befindet, die Bücherei gegründet. Aber wieso eigentlich „Lunge“? Denn im Gegensatz zur Lunge der Welt produziert die Bücherei ja keinen Sauerstoff zum Atmen. Was sie aber bietet, ist quasi die Luft zum Atmen für Kultur und Gesellschaft. So ist nicht nur ein Ort zum Durchatmen und Verschnaufen, sondern auch ein Tor zum Wissen geschaffen worden, in dem sich alle Altersklassen einfinden – im Lesecafé oder zur Vorlesestunde.
„Das Tor zum Wissen“– so betitelte Bürgermeister Franz Feigl die Stadtbücherei in seiner Rede. Denn 32 000 Medien stehen zum Verleih bereit, 103 000 Entleihungen verzeichnete die Bücherei allein im Jahr 2017, was einen Anstieg von 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. Außerdem betonte er, dass gut ein Drittel der Besucher unter zwölf Jahre alt sind – das Konzept Bücherei hält sich also auch in Zeiten der Digitalisierung noch wacker in der jüngeren Generation. Zum Abschluss des Festaktes schenkte der Maler Johann Jörg der Stadtbücherei ein Gemälde einer lesenden Frau. Diese Gabe kann von nun an im Lesecafé bewundert werden.
Zum zweiten Teil der Jubiläumsfeier freute sich das Publikum gespannt auf eine Lesung des Düsseldorfer Kriminalromanautoren Horst Eckert aus seinem Buch „Der Preis des Todes“. Eckert ist in der Oberpfalz, unweit von Regensburg aufgewachsen, studierte in Erlangen und Berlin Politikwissenschaft und arbeitete anschließend als Journalist. Dort begann er schließlich mit dem Schreiben. Der Preis des Todes brachte die Zuhörer zu einem Mordfall an einem hochrangigen Bundestagsmitglied. Seine Partnerin, die Politikjournalistin Sarah Wolf, versucht nun diesen Fall mithilfe der Polizei, aber dann doch hin und wieder auf eigene Faust zu lösen. Dabei führen die Geschehnisse Sarah in das größte Flüchtlingslager der Welt: Dadaab. Eine Zeltstadt an der kenianisch-somalischen Grenze.
Eckert verknüpfte in der Lesung geschickt Faktenwissen mit Kritik an Politik und Lobbyismus und stellte all dies in einer klaren Sprache dar. Obgleich sich einige Zuhörer durchaus für die Geschichte begeistern ließen, zeigten sich doch auch Schwächen in der sprachlichen Ausgestaltung, die ab und an recht kantig war. Dennoch stand die Lesung stellvertretend für das Publikum der „Lunge der Stadt“, erklärte Franz Feigl: „Es ist gezielte Aufgabe der Stadt, dafür zu sorgen, dass die Bücherei ein Angebot für jeden bereit hält.“Das heißt, dass auch eine Lesung mit Kanten durchaus die Lunge am Leben hält, wahrscheinlich sogar besser als aalglatte und perfekte Lesungen. Denn so kann danach noch weiter über das Gehörte diskutiert werden. Denn auch das kann eine Bibliothek sein: Ein Ort zum Sprechen und zum kulturellen Austausch.