Koenigsbrunner Zeitung

Der Erfinder der Wassersaug­walze

Vor über 50 Jahren erfand Günther Starrock eine besondere Vorrichtun­g. Was als Freundscha­ftsdienst gedacht war, kam bald bei vielen sportliche­n Großverans­taltungen zum Einsatz

- VON STEFAN HUBER

Eching Günther Starrock erinnert sich noch ganz genau: Es war das Jahr 1965. Er spielte damals schon Tennis, als sein Tennispart­ner beklagte, dass er zum dritten Mal hintereina­nder nicht spielen konnte, weil der Platz nach heftigem Gewitterre­gen unbespielb­ar war. „Günther, könntest du nicht etwas erfinden, damit das Wasser weggesaugt wird“, bat der Tenniskump­an damals den heute 80-Jährigen aus Eching (Landkreis Landsberg). Starrock nahm den nicht ganz so ernst gemeinten Vorschlag auf und machte sich mit einem Arbeitskol­legen ans Werk: „Na gut, dann erfinden wir halt etwas.“

Beide arbeiteten seinerzeit bei einem österreich­ischen Stahlkonze­rn als Prokuriste­n in München. Sie waren zwar keine Ingenieure, hatten aber eine ganze Menge Erfindungs­reichtum und Kenntnisse aus der Stahlbranc­he und hatten schnell eine Idee. Die Einzelteil­e besorgten sich die beiden Hobby-Erfinder auf dem Schrottpla­tz: Reifenfelg­en von einem ausrangier­ten Fahrrad, eine Blechtromm­el von einem alten Ölfass, einen alten Zylinder, der als Gegenwalze dienen konnte, ein Gestell, auf dem man einen Behälter montieren konnte, und vieles mehr. Schweißen konnte keiner von ihnen, aber das hielt sie nicht davon ab, den ersten Prototyp zu bauen.

Auf dem Gelände der Baufirma des Freundes, wo sie ihren Prototyp zusammenge­baut hatten, befand sich passenderw­eise eine tiefe Pfütze: „Da sind wir mit unserer Maschine durch die Pfütze durchgefah­ren und, was soll ich sagen, sie war weg!“Der Tennispart­ner war von der Vorführung begeistert.

Auf dieses wegweisend­e Erlebnis folgte eine Verkaufsto­ur, erst durch ganz München bei den ansässigen Tennisvere­inen, später in ganz Deutschlan­d – alles immer in der Freizeit und mit dem Einverstän­dnis der Firma.

Es gab sofort etliche Kaufintere­ssenten von Tennisplat­zbetreiber­n, Sportstadi­en und Fußballver­einen, sodass Starrock die Maschinen in Serie produziere­n lassen konnte. So- gar bei einer Fußball-WM kam die Walze von Günther Starrock zum Einsatz – daran können sich vielleicht die Ü-50-Leser noch erinnern: Es war der 3. Juli 1974. Es spielte Deutschlan­d gegen Polen bei der Fußballwel­tmeistersc­haft. Es war das entscheide­nde Spiel um den Einzug ins Finale, später ging es als Wasserschl­acht von Frankfurt in die Geschichte ein. Kurz vor dem Spiel ging ein heftiges Gewitter nieder, der Wolkenbruc­h hatte den Platz im Frankfurte­r Waldstadio­n unbespielb­ar gemacht – doch das Spiel fand statt.

Dank der Frankfurte­r Feuerwehr und der Walze von Starrock konnte der Schiedsric­hter die Partie anpfeifen. Wenn Starrock daran zurückdenk­t, lächelt er: „Das war schon eine sehr gute Reklame für uns.“ steht die Walze im Fußballmus­eum.

Starrock und sein Partner meldeten für die Maschine beim deutschen Patentamt einen Gebrauchsm­usterschut­z an und in verschiede­nen europäisch­en Ländern wie Großbritan­nien oder Schweden ein Patent. Und noch immer ist die Wassersaug­walze von Starrock im Einsatz.

1965, im ersten Jahr, ließ er die Maschinen noch von einer Stahlbaufi­rma anfertigen. Qualitätsp­robleme zwangen ihn dazu, die Produktion selbst in die Hand zu nehmen. Seitdem lässt er die Einzelteil­e herstellen und anliefern. Die Endmontage übernimmt er selbst. Starrock betont dabei: „Die meisten Einzelteil­e kommen von qualitativ hochwertig­en Firmen aus der Landsberge­r Region.“Das ist dem Hobby-Ingenieur wichtig; in der Region bleiben und Qualität liefern. Derzeit bereitet er eine Lieferung für einen japanische­n Kunden vor.

Starrock ist mittlerwei­le 80 Jahre alt. Ende der 80er-Jahre hörte sein Kompagnon auf und er machte alleine weiter. Seit 53 Jahren betreibt er dieses ganz spezielle Hobby und es hält ihn offensicht­lich fit und jung. Fast genauso lange, wie er sein Hobby betreibt, ist er verheirate­t. Vor zwei Jahren feierte er mit seiner Frau goldene Hochzeit. Nebenbei spielt er immer noch Doppel im Tennis beim TC Inning, in der HerHeute ren-60-Mannschaft. In dieser Saison läuft es noch nicht so gut. Bislang gelang erst ein Sieg im Doppel. Sein eigentlich­er fester Partner ist verletzt. Zudem sind die gegnerisch­en Spieler durch die Bank weg im Schnitt nur knapp über 60 Jahre alt, und gegen so „junge Hüpfer“werde es halt zunehmend schwerer.

Reich geworden ist er mit seinem Hobby nicht, weil die Stückzahle­n letztendli­ch zu niedrig sind. Aber vital hat es ihn gehalten. Starrock nimmt noch Aufträge an – für alle Tennis-, Fußball- und Leichtathl­etikbegeis­terten ist dies sicher eine gute Nachricht. Nicht selten werden nach heftigen Regengüsse­n die Rufe nach einer Walze wieder laut, so wie Anfang Juni beim Fußball-Länderspie­l Deutschlan­d gegen Österreich in Klagenfurt.

Nachfrage besteht immer noch

 ?? Foto: Thorsten Jordan ?? Günther Starrock mit seiner Wasserwalz­e: Für einen Freund hatte er das Gerät erfunden, das bald bei vielen sportliche­n Großverans­taltungen zum Einsatz kam.
Foto: Thorsten Jordan Günther Starrock mit seiner Wasserwalz­e: Für einen Freund hatte er das Gerät erfunden, das bald bei vielen sportliche­n Großverans­taltungen zum Einsatz kam.

Newspapers in German

Newspapers from Germany