Der Erfinder der Wassersaugwalze
Vor über 50 Jahren erfand Günther Starrock eine besondere Vorrichtung. Was als Freundschaftsdienst gedacht war, kam bald bei vielen sportlichen Großveranstaltungen zum Einsatz
Eching Günther Starrock erinnert sich noch ganz genau: Es war das Jahr 1965. Er spielte damals schon Tennis, als sein Tennispartner beklagte, dass er zum dritten Mal hintereinander nicht spielen konnte, weil der Platz nach heftigem Gewitterregen unbespielbar war. „Günther, könntest du nicht etwas erfinden, damit das Wasser weggesaugt wird“, bat der Tenniskumpan damals den heute 80-Jährigen aus Eching (Landkreis Landsberg). Starrock nahm den nicht ganz so ernst gemeinten Vorschlag auf und machte sich mit einem Arbeitskollegen ans Werk: „Na gut, dann erfinden wir halt etwas.“
Beide arbeiteten seinerzeit bei einem österreichischen Stahlkonzern als Prokuristen in München. Sie waren zwar keine Ingenieure, hatten aber eine ganze Menge Erfindungsreichtum und Kenntnisse aus der Stahlbranche und hatten schnell eine Idee. Die Einzelteile besorgten sich die beiden Hobby-Erfinder auf dem Schrottplatz: Reifenfelgen von einem ausrangierten Fahrrad, eine Blechtrommel von einem alten Ölfass, einen alten Zylinder, der als Gegenwalze dienen konnte, ein Gestell, auf dem man einen Behälter montieren konnte, und vieles mehr. Schweißen konnte keiner von ihnen, aber das hielt sie nicht davon ab, den ersten Prototyp zu bauen.
Auf dem Gelände der Baufirma des Freundes, wo sie ihren Prototyp zusammengebaut hatten, befand sich passenderweise eine tiefe Pfütze: „Da sind wir mit unserer Maschine durch die Pfütze durchgefahren und, was soll ich sagen, sie war weg!“Der Tennispartner war von der Vorführung begeistert.
Auf dieses wegweisende Erlebnis folgte eine Verkaufstour, erst durch ganz München bei den ansässigen Tennisvereinen, später in ganz Deutschland – alles immer in der Freizeit und mit dem Einverständnis der Firma.
Es gab sofort etliche Kaufinteressenten von Tennisplatzbetreibern, Sportstadien und Fußballvereinen, sodass Starrock die Maschinen in Serie produzieren lassen konnte. So- gar bei einer Fußball-WM kam die Walze von Günther Starrock zum Einsatz – daran können sich vielleicht die Ü-50-Leser noch erinnern: Es war der 3. Juli 1974. Es spielte Deutschland gegen Polen bei der Fußballweltmeisterschaft. Es war das entscheidende Spiel um den Einzug ins Finale, später ging es als Wasserschlacht von Frankfurt in die Geschichte ein. Kurz vor dem Spiel ging ein heftiges Gewitter nieder, der Wolkenbruch hatte den Platz im Frankfurter Waldstadion unbespielbar gemacht – doch das Spiel fand statt.
Dank der Frankfurter Feuerwehr und der Walze von Starrock konnte der Schiedsrichter die Partie anpfeifen. Wenn Starrock daran zurückdenkt, lächelt er: „Das war schon eine sehr gute Reklame für uns.“ steht die Walze im Fußballmuseum.
Starrock und sein Partner meldeten für die Maschine beim deutschen Patentamt einen Gebrauchsmusterschutz an und in verschiedenen europäischen Ländern wie Großbritannien oder Schweden ein Patent. Und noch immer ist die Wassersaugwalze von Starrock im Einsatz.
1965, im ersten Jahr, ließ er die Maschinen noch von einer Stahlbaufirma anfertigen. Qualitätsprobleme zwangen ihn dazu, die Produktion selbst in die Hand zu nehmen. Seitdem lässt er die Einzelteile herstellen und anliefern. Die Endmontage übernimmt er selbst. Starrock betont dabei: „Die meisten Einzelteile kommen von qualitativ hochwertigen Firmen aus der Landsberger Region.“Das ist dem Hobby-Ingenieur wichtig; in der Region bleiben und Qualität liefern. Derzeit bereitet er eine Lieferung für einen japanischen Kunden vor.
Starrock ist mittlerweile 80 Jahre alt. Ende der 80er-Jahre hörte sein Kompagnon auf und er machte alleine weiter. Seit 53 Jahren betreibt er dieses ganz spezielle Hobby und es hält ihn offensichtlich fit und jung. Fast genauso lange, wie er sein Hobby betreibt, ist er verheiratet. Vor zwei Jahren feierte er mit seiner Frau goldene Hochzeit. Nebenbei spielt er immer noch Doppel im Tennis beim TC Inning, in der HerHeute ren-60-Mannschaft. In dieser Saison läuft es noch nicht so gut. Bislang gelang erst ein Sieg im Doppel. Sein eigentlicher fester Partner ist verletzt. Zudem sind die gegnerischen Spieler durch die Bank weg im Schnitt nur knapp über 60 Jahre alt, und gegen so „junge Hüpfer“werde es halt zunehmend schwerer.
Reich geworden ist er mit seinem Hobby nicht, weil die Stückzahlen letztendlich zu niedrig sind. Aber vital hat es ihn gehalten. Starrock nimmt noch Aufträge an – für alle Tennis-, Fußball- und Leichtathletikbegeisterten ist dies sicher eine gute Nachricht. Nicht selten werden nach heftigen Regengüssen die Rufe nach einer Walze wieder laut, so wie Anfang Juni beim Fußball-Länderspiel Deutschland gegen Österreich in Klagenfurt.
Nachfrage besteht immer noch