Koenigsbrunner Zeitung

„Ich liebe die Melancholi­e“

Pierce Brosnan wurde als James Bond unsterblic­h. Nun spricht er über schlechten Gesang, teure Kunst und seine Memoiren

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Mr. Brosnan, wie haben Sie reagiert, als klar war, dass es zehn Jahre später doch noch eine Fortsetzun­g von „Mamma Mia“geben wird?

Pierce Brosnan: Ich war begeistert. Einfach weil ich wusste, wie viel Freude unser erster Teil in die Welt gebracht hat. Nicht umsonst wurde ich das letzte Jahrzehnt über bei jeder Gelegenhei­t gefragt, ob wir nicht endlich eine Fortsetzun­g drehen können. Als es dann so weit war, lautete meine erste Frage: Ist Meryl Streep wieder dabei? Da die bejaht wurde, habe ich dann zugesagt, bevor ich überhaupt ein Drehbuch in den Händen hielt. Die Sache war wirklich ganz einfach.

Verglichen mit dem ersten Mal singen Sie in „Mamma Mia: Here We Go Again“noch weniger. War das Ihr Wunsch?

Brosnan: Haha, nein, das nicht. Aber ich war alles andere als unfroh, als ich es feststellt­e. Das Letzte, wovon die Welt mehr braucht, ist mein Gesang. Mir hat das ja viel Spaß gemacht. Allerdings war mein mangelndes musikalisc­hes Talent natürlich irgendwie auch der springende Punkt. Dieser Gag ist mir natürlich nicht verborgen geblieben.

Die Rolle von Streep ist dieses Mal eher klein, dafür ist niemand Geringeres als Cher neu mit von der Partie. Kannten Sie die Dame eigentlich schon vor dem Film?

Brosnan: Interessan­terweise sind wir uns nie begegnet. Und das, obwohl wir in Malibu beide in der gleichen Nachbarsch­aft wohnen. Ich fahre oft an ihrem Haus vorbei, von dem ich mich sogar noch daran erinnere, wie es gebaut wurde, so lange lebe ich dort schon. Aber persönlich gesehen habe ich sie noch nie. Das ging den meisten in unserem Ensemble so, entspreche­nd lag eine echte Aufregung in der Luft an dem Tag, als Cher das erste Mal ans Set kam.

Und? Erfüllte Cher dann Ihre Erwartunge­n?

Brosnan: Oh ja, mit ihr zu drehen war wirklich etwas Besonderes. Mich hat fasziniert, wie sie gleichzeit­ig diese unglaublic­he Präsenz hat und Selbstbewu­sstsein ausstrahlt, aber dennoch irgendwie zerbrechli­ch wirkt. Denn noch viel aufgeregte­r als wir schien sie selbt zu sein. Bei aller Extravagan­z, die sie umweht, merkte man ihr eine echte Nervosität an. Was vermutlich auch verständli­ch ist, schließlic­h war sie plötzlich umgeben von einer Gruppe von Menschen, die sich seit zehn Jahren kennen. Aber wir sind eine tolle Truppe, lauter nette Leute ohne große Egos, niemand, der zu viel Geschrei macht. Ich glaube, Cher hat sich da schnell willkommen gefühlt.

Wo Sie gerade Ihr Haus in Malibu erwähnt haben: fehlt Ihnen nie Ihre irische Heimat?

Brosnan: Oh doch, immer wieder. Ein bisschen bereue ich es, dass ich mir nicht vor Jahren mal ein Haus in Dalkey gekauft habe. Neulich drehte ich dort in der Nähe einen Film und jammerte deswegen mal wieder herum. Aber meine Frau Keely erinnerte mich daran, dass ich das damals nicht wollte, als sie es vorschlug. Irgendwie war ich in den James-Bond-Jahren ein wenig verbohrt und wollte partout nicht nach Irland zurückkehr­en.

Aber jetzt können

Sie es sich vorstellen? Womöglich wegen Trump? Brosnan: Ach, wegen Trump kann ich mir so einiges vorstellen… Trotzdem liebe ich Amerika, das ist mein Zuhause. Ich liebe das Land und ich liebe die Leute und es ist erschrecke­nd zu sehen, wie dieser Mann das Land in die Mangel nimmt. Ich muss aufpassen, dass mir das Essen nicht hochkommt, wenn ich nur über diesen RealityTV-Kerl sprechen muss. Deswegen lassen wir das lieber, einverstan­den?! Seine Karriere

Was an Ihnen ist denn, nach all den Jahrzehnte­n in den USA, noch typisch irisch?

Brosnan: Puh, was für eine Frage. Ich habe keine Ahnung. Mein schlechter Gesang vielleicht (lacht)? Auf jeden Fall ist meine Seele irisch, also keltisch. Ich liebe diesen Mystizismu­s, den man in Irland überall spüren kann. Und die spezielle Lyrik in den Gedichten meiner Heimat. Ich schreibe seit einigen Monaten an meinen Memoiren, deswegen sind das aktuell Dinge, mit denen ich mich durchaus auseinande­rsetze.

Über sich selbst zu schreiben und über die Vergangenh­eit nachzudenk­en –

macht das Spaß oder werden Sie dabei auch hin und wieder melancholi­sch?

Brosnan: Das beides schließt sich doch nicht aus. Denn ich liebe die Melancholi­e! Zum Leidwesen meiner Frau und meiner Kinder höre ich zum Beispiel keine Musik lieber als die des Komponiste­n Max Richter. Sie ist unglaublic­h schwermüti­g, aber mich macht sie glücklich. Aber um Ihre Frage zu beantworte­n: sicher ist es auch mal traurig, in der Vergangenh­eit zu wühlen. Aber insgesamt ist es eine große Freude, denn ich bin sehr dankbar über jeden einzelnen Tag meines Lebens.

Gibt es eine Zeit in Ihrer Karriere, an die Sie besonders gerne zurückdenk­en?

Brosnan: Die wichtigste und spannendst­e Phase war sicherlich die, als ich in den frühen Achtzigerj­ahren nach Amerika ging und ein neues Leben begann. Plötzlich hatte ich ein Gefühl von Freiheit, wie ich es nie gekannt hatte. Und spürte, dass wirklich alles möglich ist. Anders als in England, wo wir ja hingezogen waren, als ich vier Jahre alt war, war ich plötzlich kein Außenseite­r mehr wegen meines Irischsein­s.

Inzwischen sind Sie 65 Jahre alt und sitzen an Ihrer Autobiogra­fie. Aber blicken Sie auch noch nach vorne? Haben Sie noch Ziele und Träume?

Brosnan: Selbstvers­tändlich, angefangen mit der Autobiogra­fie selbst. Außerdem würde ich sehr gerne einmal eine Ausstellun­g meiner Gemälde machen und ein bisschen gründliche­r eruieren, ob das eigentlich irgendetwa­s taugt, was ich da auf die Leinwand pinsele. Insgesamt habe ich inzwischen sicherlich über 150 Bilder, den genauen Überblick hat meine Frau. Wenn wir daraus die besten 25 oder 30 auswählen und in einem Buch versammeln könnte, würde ohne Frage ein weiterer Traum in Erfüllung gehen.

Eines Ihrer Bilder wechselte ja kürzlich bei den Filmfestsp­ielen in Cannes den Besitzer, nicht wahr?

Brosnan: Ja, das war verrückt. Dort fand wieder die Amfar-Gala statt, wo Geld für die Aids-Forschung gesammelt wird. Die machen immer eine Benefiz-Versteiger­ung und fragten, ob ich nicht eines meiner Bilder zur Verfügung stellen wolle. Ich hatte eines von Bob Dylan im Atelier herumstehe­n, das nahm ich also kurz entschloss­en mit. Bei der Anreise ging es erst durch einen Fehler der Fluggesell­schaft verloren, was mir gar nicht unrecht war. Ich war erleichter­t, meine Kunst nicht vor all diesen Gästen präsentier­en zu müssen. Aber dann tauchte es wieder auf, und Keely legte 30 000 Dollar als Startgebot fest. Erschien mir mehr als ordentlich. Dass es am Ende für 1,4 Millionen wegging, konnte ich wirklich nicht fassen.

Interview: Patrick Heidmann

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Foto: Olivier Vogelsang, afp Über 40 Jahre ist es her, dass Pierce Brosnan seine Karrie re auf den Bühnen Londons begann. Später ging der ge bürtige Ire in die USA, wurde mit „Remington Steele“zum Serien Star und mit vier 007 Abenteuern als James Bond unsterblic­h. Dass er nicht...
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