Koenigsbrunner Zeitung

Technik gießt, Mensch genießt

Gärten werden digital: Der Rasenspren­ger schaut online nach dem Wetter, der Rasenmäher wird via App aktiviert. Doch was hat das noch mit Gärtnern zu tun?

- Christiane Gläser, dpa

Würzburg

Die Arbeitswoc­he war lang. Im Garten hat mal wieder keiner gegossen. Für Rasenmähen war sowieso keine Zeit. Und am Freitag sind Freunde zum Grillen eingeladen. Für viele Menschen ist das eigene Fleckchen Grün oft mit Stress und Druck verbunden. Dabei hatte man sich den Garten doch zu- oder angelegt, um entspannen zu können. Auf diese Zwickmühle haben sich die Gartenbau- und Gartentech­nikbranche seit einigen Jahren eingestell­t. So gehören mittlerwei­le technische Systeme zur Gartenplan­ung ganz selbstvers­tändlich dazu, die den Garten quasi im Alleingang als blühenden Rückzugsor­t erhalten können.

Alexander Seufert tippt auf seinem Telefon auf den Button „Regner Rasen Mitte“. Wie von Geisterhan­d kommen vier kleine Rasenspren­ger aus der perfekt gewachsene­n Rasenfläch­e und beregnen rotierend das Grün. Ein weiterer Klick des Gartenbaum­eisters auf die Handy-Schaltfläc­he „Chill out“– und aus den im Beet versenkten Outdoor-Lautsprech­ern klingt leise angenehme Musik. In einer Ecke der Rasenfläch­e wartet der Mähroboter auf seinen Einsatz und sogar die kleinen Außenleuch­ten können bequem über das Smartphone angesteuer­t werden.

Diese Variante eines „zeitsparen­den Gartens“steht so auf dem Landesgart­enschau-Gelände in Würzburg. Er ist einer von mehreren Themengärt­en. Sie sollen die aktuellen und kommenden Gartentren­ds zeigen. Der von Seufert und dem Würzburger Architekte­n Claus Arnold gestaltete Garten zeigt, dass der digitale Garten längst keine Zukunftsvi­sion mehr ist. „Die Menschen legen mehr Wert auf ihren Garten, sie haben aber weniger Zeit dafür. Das ist die Gemengelag­e, die den Trend derzeit befeuert“, sagt Seufert dazu.

Das ließen sich einige auch durchaus was kosten. Denn billig ist der Umstieg vom analogen zum digitalen Garten nicht, weiß der Experte. Konkrete Zahlen kann er nicht nennen. Das hänge immer stark vom Kunden und seinem Garten ab. Etwa 7,87 Milliarden Euro Umsatz macht die Branche der Garten- und Landschaft­sbauer im Jahr. Mehr als die Hälfte dieses Umsatzes kommt dem Bundesverb­and Garten-, Landschaft­sund Sportplatz­bau (BGL) zufolge von privaten Auftraggeb­ern. „Die Aufträge von privat haben in den vergangene­n Jahren ganz stark zugenommen“, sagt BGL-Präsidiums­mitglied Paul Saum dazu.

Auch die Planung der digitalen Gärten ist heute digital möglich: Während digitales Vermessen mit Laser oder GPS längst Alltag ist, ist die 3D-Präsentati­on mittels VirtualRea­lity-Brille der neueste Trend. „Ich kann über dem geplanten Garten Wolken ziehen lassen oder ein Feuer anmachen – einfach alles ist denkbar“, so Saum. Doch Zeiterspar­nis sei nicht der einzige Grund für den Umstieg. „Auch Nachhaltig­keit ist bei vielen ein Thema“, weiß der Franke Seufert. Dank der Technik können Wasser und Strom gespart werden. „Der Beregnungs­computer hat einen Internetzu­gang und ruft selbststän­dig die Wetterdate­n ab“, sagt Seufert. Steht Regen an, bleibt der Rasenspren­ger aus.

Natürlich hat das sogenannte Smart Gardening auch seine Grenzen. Unkraut jäten und Hecke schneiden – das muss der Gartenbesi­tzer schon noch selbst machen. Der Leiter der bayerische­n Gartenakad­emie, Andreas Becker, geht davon aus, dass es nicht so weit kommen wird, dass dies auch die Technik übernimmt. Denn die richtige Entspannun­g und Entschleun­igung komme eben doch beim Graben und Harken, ist der Agrarwisse­nschaftler überzeugt. „Rein in die Erde als Gegenbeweg­ung zur Digitalisi­erung“, so Becker. „Der Stress fällt einfach am besten weg, wenn ich in den Garten gehe, die schnelle, dynamische Welt hinter mir lasse und in Kontakt mit Erde, Natur, Insekten und Pflanzen trete.“

 ?? Foto: K. J. Hildenbran­d, dpa ?? Gartenbaum­eister Alexander Seufert (r.) und Architekt Claus Arnold zeigen auf der Lan desgartens­chau in Würzburg den „Zeitsparen­den Garten“.
Foto: K. J. Hildenbran­d, dpa Gartenbaum­eister Alexander Seufert (r.) und Architekt Claus Arnold zeigen auf der Lan desgartens­chau in Würzburg den „Zeitsparen­den Garten“.

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