Die Kunst und die Pause
Endlich spielfreie Zeit, endlich Sommerpause, darauf warten die Mitarbeiter des Theaters jedes Jahr sehnlich. Für das Theaterpublikum hat das den Nebeneffekt: keine Termine mehr im Kalender, endlich Zeit. Zum Beispiel um darüber nachzudenken, was für eine wunderbare Rolle Pausen spielen können.
Erst die Pausen schaffen den Rhythmus, ohne die Pause wäre ein ganzjähriger Theaterspielplan ein Einerlei, ohne Anfang und Ende, ohne Saisonauftakt und letzte Freilichtbühnenaufführung. Durch die Pause gewinnt alles an Dynamik und Bedeutung: Ein neuer Spielplan kann vorgelegt, ein neues Motto ausgerufen werden. Für die neue Spielzeit werden neue Darsteller, Sänger, Tänzer und Regisseure präsentiert. Das alles wäre ohne die Pause nicht möglich. Die Pause macht alles neu.
So pauschal lässt sich das über die Pause im Stück nicht sagen. Da setzt die Pause eine Zäsur in der Dramaturgie, unterbricht, was zusammengehört. Und weil die Pausengespräche sich nur in den seltensten Fällen ausschließlich um das zuvor Gesehene kreisen, weil sie vielmehr die Tendenz haben, schnellstmöglich von etwas anderem als dem Theater zu handeln, bringt die Pause das Publikum auf Abwege.
In München hat Nicolas Stemann das Pausen-Problem in seiner Inszenierung von Elfriede Jelenikes „Wut“elegant gelöst. An dem vierstündigen Abend lässt er in der Mitte die Türen ins Foyer öffnen. Auf der Bühne wird aber einfach weitergespielt. Das Publikum kann selbst entscheiden, ob es in die Pause geht oder weiter zuschaut.
In dem 1968-Abend des Theaters Augsburg haben die Schauspieler das Publikum in der Pause mit auf die Straße genommen, das Stück also in die Pause hinein verlängert. Auch das ist eine Möglichkeit, um sich in der Pause im Gespräch zu halten. Und wieso nicht einfach erst in der Pause kommen? Zum Beispiel bei einem Castorf-Abend. Die haben sowieso immer Überlänge, da sieht man auch nach der Pause noch genug und füllt die Plätze, die die bis zur Pause Geflohenen hinterlassen haben.
*** „Intermezzo“ist unsere KulturKolumne, in der Redakteure der Kultur- und Journal-Redaktion schreiben, was ihnen die Woche über aufgefallen ist.