Unheimliche Unfallserie: War es das Wetter?
Am Donnerstag häuften sich auf der A 8 zwischen Adelsried und Adelzhausen die Unfälle: Sieben Menschen wurden verletzt, alle Notarztfahrzeuge waren „ausgebucht“. Über die Gründe für die „Unfallursache Unaufmerksamkeit“
Augsburg Was war das für eine unheimliche Unfallserie auf der Autobahn! Von Donnerstagnachmittag bis in die späten Abendstunden krachte es auf der A 8 zwischen Adelsried und Adelzhausen acht Mal, sieben Menschen wurden mehr oder minder schwer verletzt. Den Sachschaden schätzt die Polizei auf „mindestens 150 000 Euro“. Zeitweise waren wegen der Vielzahl an Einsätzen alle Notarztfahrzeuge „ausgebucht“: Ein 20-Jähriger wurde daher durch den Notarzt des Rettungshubschraubers versorgt. Was war los? Warum waren so viele Autofahrer für Sekundenbruchteile unaufmerksam? War es die Hitze? Oder die herannahende Gewitterkaltfront?
Immer wieder kommt es auf der A8 zu Serienunfällen. Das war früher auf der alten hügeligen Strecke so. Und das ist heute nach dem sechsspurigen Ausbau so. Meist sind eindeutige Ursachen auszumachen: plötzlich einsetzender Regen, Nebel, schlechte Sicht, Graupelschauer – oder auch die tief stehende Sonne plus Regenschauer wie im September vorigen Jahres, als zwischen Augsburg und Dasing im dichten Feierabendverkehr gleich 23 Fahrzeuge in eine Massenkarambolage verwickelt wurden.
Bei der Zusammenfassung des Unfallgeschehens vom Donnerstag sprach Michael Jakob vom Polizeipräsidium Schwaben-Nord selbst von einer „außergewöhnlichen Un- fallhäufung“. Doch diesmal gab es nicht einen einzigen Auslöser – die Straße war trocken, die Sicht war gut und es herrschte zunächst aufgrund der Ferienzeit kein allzu dichter Verkehr. Vielmehr registrierte die Polizei mehrere Einzelunfälle an verschiedenen Stellen zu unterschiedlichen Zeiten – die meisten ab 14.40 Uhr in Richtung München, der letzte am späten Abend in Fahrtrichtung Stuttgart.
Zwar gab im sich stauenden Verkehr Folgeunfälle und meistens waren laut Jakob die Unfallfahrer (viel) zu schnell unterwegs. Doch meist lösten Unaufmerksamkeiten die Karambolagen aus. Jakob hat dafür keine schlüssige Erklärung. Spielte doch das Wetter eine Rolle?
War es die nach der wochenlangen Hitze angekündigte Kaltfront, die wetterfühlige Zeitgenossen gestern schon frühzeitig herannahen spürten? Mit Kopfschmerzen oder gar Migräne. Hat deshalb die Konzentration gelitten? Polizeisprecher Jakob will das nur als „Spekulation“bezeichnen: „Die Unfallursache ,Wetterumschwung‘ gibt es bei uns nicht“, sagte er im Gespräch mit unserer Zeitung. Fakt war: Nach Schauern am Vormittag und kurzer Abkühlung kletterte das Thermometer in Augsburg bis zum späten Nachmittag nochmals auf 33 Grad Celsius, bis dann am Abend die Kaltfront die Region erreichte – und es gestern mehr als zehn Grad kühler war als am Vortag.
Manfred Rupprecht kann sich aus seiner Erfahrung den Einfluss des schwülheißen Wetters auf das Verkehrsgeschehen vorstellen. Er ist der Leiter des Rettungsdienstes beim Roten Kreuz im Augsburger Land. „Wenn mehrere Faktoren zusammenkommen, dann kann es durchaus zu einer Häufung von Unfällen kommen“, sagt er – wie es bei großer Hitze logischerweise auch zu vermehrten Kreislaufzusammenbrüchen oder Ähnlichem kommt. Der Kreislauf der Menschen ist durch die Hitze der vergangenen Wochen belastet, die Gefahr, dass man zu wenig trinkt, steige an, die Menschen seien im Reisefieber, dazu komme dann womöglich noch eine gewisse Urlaubshektik. Die Planung, zu einem bestimmten Zeitpunkt am Ziel anzukommen, geht nicht auf – und „dann hört man noch im Autoradio, dass die Autobahn schon wieder zu ist“, schildert Rupprecht die gängigen Situationen. All das belaste die Menschen – am Ende schwindet die Aufmerksamkeit. Und schon haben kleine Konzentrationsmängel große Folgen – wie die Spurwechsel-Unfälle zeigen, bei denen ein anderes Fahrzeug übersehen wurde.
Zusammenhänge all dieser Faktoren seien zwar zu vermuten, aber eine gezielte Auswertung kenne er nicht, berichtet Rupprecht. Noch nicht: Denn er fände es spannend, wenn Wetterdaten und Unfalldaten in einer wissenschaftlichen Untersuchung einmal miteinander verknüpft würden.
Und die gute Nachricht nach der Unfallserie zum Schluss: Auch wenn die Rettungsdienste alle Hände voll zu tun hatten, lief in der Unfallchirurgie des Augsburger Klinikums alles glatt: „Wir hatten keine Probleme“, teilte Chefarzt Prof. Edgar Mayr auf Anfrage mit.
Spannendes Thema für eine wissenschaftliche Untersuchung