Der Schwester in den Schritt gefasst
Augsburger Amtsgericht verurteilt 24-Jährigen wegen sexueller Nötigung zu einem Jahr Haftstrafe
Die Haftstrafe von einem Jahr, ausgesprochen vom Schöffengericht des Augsburger Amtsgerichts wegen sexueller Nötigung, ist eine Sache. Mehr zu schaffen macht einem 24-jährigen Angeklagten die Abweisung, die er von seiner Familie erfährt – hat er sich doch im vergangenen Jahr an seiner fünf Jahre älteren Schwester vergangen.
Am Ende der Verhandlung war Richter Dominik Wagner dem Angeklagten geradezu dankbar für sein Geständnis, das er nach einer Absprache zwischen dem Gericht, Staatsanwältin Julia Ehlert und Rechtsanwalt Thomas Reitschuster abgelegt hatte. Denn für das Gericht gibt es keine Chance, die Geschädigte, die 29-jährige Schwester des Angeklagten, zu vernehmen. Nach Ableisten einer längeren Haftstrafe war die Frau in ihre serbische Heimat ausgewiesen worden, eine Einreise nach Deutschland ist ihr verboten. Zudem machte die Mutter des 24-Jährigen in der Hauptverhandlung von ihrem Recht Gebrauch, nicht auszusagen.
Also stützte sich das Gericht auf die Beschuldigungen, die seitens der Betroffenen gegenüber den ermittelnden Polizeibeamten erhoben worden waren – und letztlich auf das Geständnis des Angeklagten, eines österreichischen Staatsbürgers und gelernten Elektrotechnikers. Ja, er habe an einem Abend im vergangenen August zunächst mit Schwester und Onkel ein Lokal besucht und dort vier Bier getrunken. „Ich vertrage nicht viel, aber trinke gerne“, so sein Bekenntnis. Zurück in der heimischen Küche in Lechhausen habe er sich vor seine am Tisch sitzende Schwester gekniet und zunächst ihre Wade gestreichelt. Dann wanderte seine Hand hinauf, unter die Jogginghose, in ihren Schritt. Dort habe er seine Schwester ein paar Sekunden im Intimbereich gestreichelt, bis diese ihn erschrocken weggestoßen habe. Er habe, wohl auch wegen des Alkohols, einfach Gefallen an seiner Schwester als Frau empfunden, so der Angeklagte. Weitergehende Inzest-Vorstellungen wies er von sich.
Als ihn wenig später Mutter und Schwester zur Rede stellten, hatte der Angeklagte unvermittelt ein Küchenmesser in der Hand. Ob er es lediglich dazu benutzen wollte, sich selbst etwas anzutun (seine Version), oder ob er Mutter und Schwester damit bedrohte (diesen Passus der Anklageschrift wies der Angeklagte zurück), ließ sich angesichts der Zeugensituation nicht aufklären. Gericht und Staatsanwaltschaft kamen überein, diesen Anklagepunkt der Bedrohung nicht weiter zu verfolgen.
In ihrem Plädoyer forderte Staatsanwältin Ehlert eine Freiheitsstrafe von 13 Monaten, weil sich die Tatvorwürfe als erwiesen bestätigt hätten. Rechtsanwalt Reitschuster hielt elf Monate Haft für ausreichend. Der Angeklagte sagte in seinen letzten Worten, dass er im Gefängnis viel nachgedacht habe. Er sei überzeugt, später nicht mehr zu Alkohol und Drogen zu greifen. Und er hoffe auf ein wieder normales Verhältnis zu seiner Familie. Das Gericht verurteilte den Angeklagten wegen sexueller Nötigung zu einem Jahr Haft. Eine Bewährungsstrafe kommt für den Mann, der derzeit in anderer Sache im Gefängnis sitzt, nicht in Frage. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.