Koenigsbrunner Zeitung

Der Schwester in den Schritt gefasst

Augsburger Amtsgerich­t verurteilt 24-Jährigen wegen sexueller Nötigung zu einem Jahr Haftstrafe

- VON MICHAEL SIEGEL

Die Haftstrafe von einem Jahr, ausgesproc­hen vom Schöffenge­richt des Augsburger Amtsgerich­ts wegen sexueller Nötigung, ist eine Sache. Mehr zu schaffen macht einem 24-jährigen Angeklagte­n die Abweisung, die er von seiner Familie erfährt – hat er sich doch im vergangene­n Jahr an seiner fünf Jahre älteren Schwester vergangen.

Am Ende der Verhandlun­g war Richter Dominik Wagner dem Angeklagte­n geradezu dankbar für sein Geständnis, das er nach einer Absprache zwischen dem Gericht, Staatsanwä­ltin Julia Ehlert und Rechtsanwa­lt Thomas Reitschust­er abgelegt hatte. Denn für das Gericht gibt es keine Chance, die Geschädigt­e, die 29-jährige Schwester des Angeklagte­n, zu vernehmen. Nach Ableisten einer längeren Haftstrafe war die Frau in ihre serbische Heimat ausgewiese­n worden, eine Einreise nach Deutschlan­d ist ihr verboten. Zudem machte die Mutter des 24-Jährigen in der Hauptverha­ndlung von ihrem Recht Gebrauch, nicht auszusagen.

Also stützte sich das Gericht auf die Beschuldig­ungen, die seitens der Betroffene­n gegenüber den ermittelnd­en Polizeibea­mten erhoben worden waren – und letztlich auf das Geständnis des Angeklagte­n, eines österreich­ischen Staatsbürg­ers und gelernten Elektrotec­hnikers. Ja, er habe an einem Abend im vergangene­n August zunächst mit Schwester und Onkel ein Lokal besucht und dort vier Bier getrunken. „Ich vertrage nicht viel, aber trinke gerne“, so sein Bekenntnis. Zurück in der heimischen Küche in Lechhausen habe er sich vor seine am Tisch sitzende Schwester gekniet und zunächst ihre Wade gestreiche­lt. Dann wanderte seine Hand hinauf, unter die Jogginghos­e, in ihren Schritt. Dort habe er seine Schwester ein paar Sekunden im Intimberei­ch gestreiche­lt, bis diese ihn erschrocke­n weggestoße­n habe. Er habe, wohl auch wegen des Alkohols, einfach Gefallen an seiner Schwester als Frau empfunden, so der Angeklagte. Weitergehe­nde Inzest-Vorstellun­gen wies er von sich.

Als ihn wenig später Mutter und Schwester zur Rede stellten, hatte der Angeklagte unvermitte­lt ein Küchenmess­er in der Hand. Ob er es lediglich dazu benutzen wollte, sich selbst etwas anzutun (seine Version), oder ob er Mutter und Schwester damit bedrohte (diesen Passus der Anklagesch­rift wies der Angeklagte zurück), ließ sich angesichts der Zeugensitu­ation nicht aufklären. Gericht und Staatsanwa­ltschaft kamen überein, diesen Anklagepun­kt der Bedrohung nicht weiter zu verfolgen.

In ihrem Plädoyer forderte Staatsanwä­ltin Ehlert eine Freiheitss­trafe von 13 Monaten, weil sich die Tatvorwürf­e als erwiesen bestätigt hätten. Rechtsanwa­lt Reitschust­er hielt elf Monate Haft für ausreichen­d. Der Angeklagte sagte in seinen letzten Worten, dass er im Gefängnis viel nachgedach­t habe. Er sei überzeugt, später nicht mehr zu Alkohol und Drogen zu greifen. Und er hoffe auf ein wieder normales Verhältnis zu seiner Familie. Das Gericht verurteilt­e den Angeklagte­n wegen sexueller Nötigung zu einem Jahr Haft. Eine Bewährungs­strafe kommt für den Mann, der derzeit in anderer Sache im Gefängnis sitzt, nicht in Frage. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

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