CDU und Linkspartei: Eine lausige Idee
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther hält eine Koalition seiner Christdemokraten mit den Erben der SED-Diktatur für denkbar. Er bricht damit ein Tabu, für das es gute Gründe gibt
Im tiefroten Bereich gezündelt, sich tüchtig die Finger verbrannt und selbige dann erschrocken zurückgezogen hat Daniel Günther. Der CDU-Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, einer der engsten Vertrauten von Bundeskanzlerin Angela Merkel, ist mit seinen Gedankenspielen zu möglichen Koalitionen der CDU mit der Linkspartei, zumindest in den neuen Bundesländern, für viele in seiner Partei viel zu weit gegangen.
Dass die CDU mit der Nachfolgerin der DDR-Einheitspartei SED ebenso wenig wie mit der rechtspopulistischen AfD über eine Zusammenarbeit spricht, das war bislang fester Konsens, an dem außer dem brandenburgischen CDU-Chef Ingo Senftleben kaum jemand rüttelte. Sentfleben hatte vor Monaten selbst eine Koalition mit der AfD unter bestimmten Umständen nicht gänzlich ausgeschlossen. Nun sah auch Günther ein „gutes Stück Normalisierung zwischen CDU und Linken“. Bei entsprechenden Wahlergebnissen müsse die CDU eben pragmatisch sein. Nach einem Aufschrei seiner Parteifreunde ruderte Günther etwas zurück.
Nun gibt es an der „Ausschließeritis“, der kategorischen Absage in die eine oder andere Richtung, durchaus viel zu kritisieren. Wenn Kandidaten vor Wahlen eine bestimmte Koalition ausschließen, zu der es dann danach keine vernünftige Alternative gibt, schadet das dem Ansehen der Politik. Längst vorbei sind die Zeiten, in denen zwei große Lager – SPD und Union – um die Mehrheit wetteiferten und die kleine FDP das Zünglein an der Waage spielte. Im heutigen Mehrparteiensystem müssen alle Kräfte zwischen den extremen Rändern in der Lage sein, miteinander über Bündnisse zu reden. Wenn sich dabei eine Konstellation auf gemeinsame Ziele einigen kann – umso besser. In den Bundesländern ist Kunterbunt schließlich längst Realität. Doch so weit wie die Grünen, die sich von politischen Schmuddelkindern zu allseits gefragten Bündnispartnern gemausert haben, ist die Linkspartei noch lange nicht. Schwarz-Links bleibt ein Tabu – und dafür gibt es gute Gründe.
Die CDU ist die Partei von Konrad Adenauer, der die Bundesrepublik fest im demokratischen Westen verankerte, konsequent in seiner strikten Ablehnung der sozialistischen Diktatur in der DDR. Und von Helmut Kohl, dem Vater der deutschen Einheit. Dagegen hat die Linke von heute ihre Hauptwurzel in der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) des unterdrückerischen DDR-Regimes. In weiten Teilen der Partei fehlt die Einsicht, dass es sich bei der Deutschen Demokratischen Republik um einen Unrechtsstaat gehandelt hat. Mauer, Schießbefehl, allgegenwärtige Bespitzelung durch den Stasi-Apparat. Das Grauen im vermeintlichen Arbeiter- und Bauernparadies wird in den Reihen der Linken zu oft verharmlost, eine echte Aufarbeitung hat nicht stattgefunden – bis heute.
Auch wenn die Gesamtpartei mittlerweile nicht mehr vom Verfassungsschutz beobachtet wird – einige Zusammenschlüsse innerhalb der Linken wie die Antikapitalistische Linke, die Sozialistische Linke und die Kommunistische Plattform werden auch im aktuellen Verfassungsschutzbericht als extremistisch eingestuft. Immer wieder zeigt sich, dass eine Vergangenheit als StasiSpitzel in der Linkspartei kein Karrierehindernis sein muss.
Dass etliche ihrer Politiker, allen voran der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow, durchaus für pragmatische Sachpolitik stehen, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Linke als Ganzes für eine Partei der Mitte noch immer kein akzeptabler Koalitionspartner ist. Selbst die SPD fasst das Thema Rot-Rot-Grün auf Bundesebene allenfalls mit der Pinzette an. Erst recht würde sich die CDU, die so plakativ vor den „roten Socken“warnte, dem Vorwurf der Beliebigkeit, des Machterhalts um jeden Preise aussetzen, legte sie sich mit der Linken ins Bett. Für die AfD wäre das ein gefundenes Fressen.
Die Linkspartei ihrerseits darf nicht zynisch darauf setzen, dass die Erinnerung an das DDR-Unrecht fast 30 Jahre nach dem Mauerfall immer mehr verblasst. Erst wenn sie ihre eigene Vergangenheit bewältigt hat, kann sie als Koalitionspartner auch für die CDU infrage kommen.