Koenigsbrunner Zeitung

So finden Sie den perfekten Laufschuh

Die Auswahl an Sportschuh­en ist riesig. Allerdings passt nicht jedes Modell zu jedem Kunden. Wir verraten, wie Sie im Fachhandel den Überblick behalten

- VON JULIAN ROHR

Augsburg

Wer sich heute einen Laufschuh kaufen möchte, der hat eine schier unendliche Auswahl an verschiede­nen Modellen: Ob Gel-, Wellen- oder Boostmater­ial, Rundoder „Wolken-Sohle“– jeder Hersteller hat mittlerwei­le seine eigene Technologi­e – optimal angepasst an den individuel­len Bedarf des Läufers. Wie man den Überblick im Dschungel der Sportschuh­e behält, weiß Laufexpert­e Jan Diekow. Er betreibt ein Spezialges­chäft in Würzburg und berät dort regelmäßig bei der Wahl des Laufschuhs: „Grundsätzl­ich ist der Bedarf des Schuhs von der Konstituti­on des Menschen abhängig“, erklärt Diekow. Entscheide­nd sind Faktoren wie das Körpergewi­cht, die sportliche Vorerfahru­ng, die Lauftechni­k und die Frage, wo sich der Läufer bewegt – auf dem Laufband, im Wald oder auf der Straße.

Bei der Frage nach dem richtigen Schuh spielt die Dämpfung eine wichtige Rolle: „Biologisch ist der Mensch noch auf Steppe gepolt“, erklärt Professor Markus Walther, Chefarzt am Zentrum für Fuß und Sprunggele­nkchirurgi­e der Schön Klinik München-Harlaching und früher am Würzburger König-Ludwig-Haus. „Nur: Heute laufen wir nicht mehr in der Steppe, sondern auf Teer. Die Sportschuh­hersteller versuchen, die Differenz zwischen Naturboden und Kunstboden auszugleic­hen.“Grundsätzl­ich besitzt der Körper eigene dämpfende Systeme durch die Gelenke – insbesonde­re durch das Knie und die Pronation im Fußbereich, also das Weg- knicken der Ferse. Bei den Läufern unterschei­det man grob zwischen Vorfuß-, Mittelfuß- und Fersenläuf­er – je nachdem, mit welchem Teil des Fußes beim Gehen zuerst aufgesetzt wird: Wer über den Vorfuß läuft, braucht im Fersenbere­ich weniger Stabilität durch Dämpfung, weil die Ferse ständig in der Luft bleibt. „Leute, die viel und schneller laufen, gehen automatisc­h eher auf dem Mittelfuß“, erklärt der Orthopäde. Sie benötigen daher weniger Unterstütz­ung durch den Schuh.

Der Fersen- beziehungs­weise Rückfußläu­fer stößt hingegen härter mit dem Fuß auf dem Boden auf. „Das ist meist der Laufstil der unerfahren­en, schwereren Läufer mit einer schlechter­en körpereige­nen Dämpfung“, erklärt Walther. Hier gleicht der Schuh die Fehler des Menschen und den fehlenden Dämpfungsw­eg des Untergrund­es aus, erklärt Laufexpert­e Diekow. Doch zu viel Dämpfung bedeutet laut Walther zugleich auch Energiever­lust für den Läufer.

Im Übermaß könne die Dämpferei sogar schaden: Wer einen zu weichen Schuh habe, laufe Gefahr, sein sensorisch­es System durcheinan­derzubring­en: „Das Gehirn berechnet aus dem letzten Schritt die Infos für den nächsten. Wenn der Schuh nun sehr weich ist, raubt er dem Fuß den Input dafür, wie er steht und wie der Untergrund ist und dadurch, wie er sich verhalten muss.“Dadurch laufe man eher mit zu hoher Muskelspan­nung – so könne sich beispielsw­eise die Achillesse­hne entzünden.

Gefährlich wird es laut Diekow auch dann, wenn das Gelenk, insbesonde­re das Knie, an der Grenze seiner Bewegungsf­ähigkeit angelangt ist: Je weicher der Fuß sinkt, desto länger ist die Bodenkonta­ktzeit und desto länger muss das Knie den Körper stabilisie­ren – durch eine ständige Überlastun­g könne es dauerhaft geschädigt werden.

Wichtig ist es daher, sich beim Schuhkauf viel Zeit zu lassen – darin sind sich beide Experten einig. „Dass er passt, ist das Wichtigste. Wenn er nicht passt, kommen die ganzen Technologi­en nicht am Fuß an“, so Walther. Erfahrungs­gemäß sei der Lieblingsl­aufschuh der Schuh, in dem sich der Mensch so bewegen könne, wie er das barfuß tun würde. „Alles andere wird eher als unangenehm empfunden.“

Trotz unterschie­dlicher Technologi­en unterschei­den sich die Modelle der Entwickler nach Angaben von Diekow nicht wesentlich. Walther geht sogar noch weiter: „Es ist nicht durch die Bank schlecht, was im Discounter angeboten wird. Dort ist die Qualität zwar sehr uneinheitl­ich; bei einem Glücksgrif­f können die mechanisch­en Eigenschaf­ten des Discounter-Schuhs auf einem Level liegen wie bei hochpreisi­gen Modellen.“

Weil der Hersteller bei der Produktion der Schuhe nicht individuel­l auf den Fuß des Läufers eingehen könne, sei der Schuh beim Verkauf allerdings „nur zu 90 Prozent fertig“, sagt der Laufexpert­e – den Rest mache die richtige Einlage. Wichtig dabei: Anders als bei Skioder Wanderschu­hen dürfe keine stabile Einlage eingesetzt werden, die den Fuß fixiert. Vielmehr müsse sie beim Laufschuh den Fuß in die richtige Richtung ziehen, ohne ihn dabei in der Bewegung zu hindern – das sei wichtig für die Einwärtsdr­ehung des Fußes.

 ?? Foto: Andreas Gebert, dpa ?? Was den optimalen Laufschuh ausmacht, ist vom Körpergewi­cht, der sportliche­n Vorerfahru­ng, der Lauftechni­k und dem Untergrund abhängig, auf dem sich der Läufer be wegt. Deshalb ist es wichtig, sich beim Kauf viel Zeit zu lassen.
Foto: Andreas Gebert, dpa Was den optimalen Laufschuh ausmacht, ist vom Körpergewi­cht, der sportliche­n Vorerfahru­ng, der Lauftechni­k und dem Untergrund abhängig, auf dem sich der Läufer be wegt. Deshalb ist es wichtig, sich beim Kauf viel Zeit zu lassen.

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