Koenigsbrunner Zeitung

Ab und zu ein Ei darf schon sein

Der Cholesteri­nspiegel lässt sich mit ausgewogen­er Ernährung oft positiv beeinfluss­en. Nüsse und Ballaststo­ffe sind besonders gesund. Was Experten noch empfehlen

- VON ANGELA STOLL

Ab sofort kein Frühstücks­ei? Auch keine Sahnetorte und nie mehr Schweinebr­aten? Oder ist es doch völlig egal, was man isst, weil allein die Gene schuld sind? Wenn Patienten erfahren, dass sie „schlechte Cholesteri­nwerte“haben, sind sie oft verunsiche­rt. In der Vergangenh­eit wurden ganz unterschie­dliche Ratschläge dazu verbreitet, wie sich die Blutfett-Werte verbessern lassen. Auch die Ansichten dazu, wie wichtig der Cholesteri­nspiegel für die Gesundheit überhaupt ist, gingen auseinande­r. Was ist denn nun wirklich Sache?

Auch wenn die Details komplizier­t sind, so gibt es doch eine einfache Botschaft: Ein gesunder Lebensstil lohnt sich. Darunter fällt eine ausgewogen­e Ernährung – etwa die Mittelmeer-Diät – und regelmäßig­e Bewegung. Und natürlich sollten übergewich­tige Menschen abnehmen und Raucher auf Zigaretten verzichten. Wer diese Empfehlung­en befolgt, kann seine Cholesteri­nwerte günstig beeinfluss­en. Vor allem aber senkt er das Gesamtrisi­ko für Herz-Kreislauf-Erkrankung­en, wie der Stoffwechs­elexperte Prof. Klaus G. Parhofer vom Klinikum Großhadern der Uni München erklärt.

Einen eindrucksv­ollen Beleg dafür liefert Parhofer zufolge eine groß angelegte Studie eines Wissenscha­ftler-Teams um den Herzspezia­listen Amit Khera vom Massachuse­tts General Hospital in Boston, die mehr als 55500 Teilnehmer einschloss. Dabei zeigte sich: Menschen konnten ihr Risiko für Herzinfark­te und Schlaganfä­lle durch einen gesundheit­sbewussten Lebensstil fast halbieren – auch dann, wenn sie aufgrund ihrer Gene vorbelaste­t waren.

„Das ist eine dramatisch­e Reduktion“, sagt Parhofer. „Auch wenn sich das LDL-Cholesteri­n durch eine Lebensstil­änderung vielleicht nicht so stark beeinfluss­en lässt, so kommt sie auf jeden Fall der Herzgesund­heit zugute.“

Schlechte Cholesteri­nwerte sind deshalb so gefürchtet, weil sie das Risiko für einen Schlaganfa­ll oder Herzinfark­t erhöhen können. Allerdings besagt das Gesamtchol­esterin relativ wenig: „Es ist wichtig, die Werte aufzuschlü­sseln“, betont Parhofer. Vor allem ein hoher Spiegel an LDL (Low Density Lipoprotei­n)-Cholesteri­n gilt als gefährlich, da er zur Arterienve­rkalkung beiträgt. Und diese spielt wiederum eine entscheide­nde Rolle bei der Entstehung von Herz-KreislaufE­rkrankunge­n.

„Allerdings muss man immer auch die anderen Faktoren betrach- um zu beurteilen, wie hoch das Gesamtrisi­ko ist“, erklärt der Stoffwechs­elexperte. Wenn es etwa oft Herzinfark­te in der Familie gegeben hat oder der Patient starken Bluthochdr­uck hat, ist das Risiko so stark erhöht, dass das LDL-Cholesteri­n zumindest unter 100 mg/dl liegen sollte. Wird dagegen bei einem gesunden Menschen ohne erbliche Vorbelastu­ng zufällig ein etwas erhöhter Wert entdeckt, hat das meist keine große Bedeutung.

Manche Patienten sind frustriert, weil sie trotz eines gesunden Lebensstil­s hohe LDL-Werte haben. In der Tat spielen Alter und genetische Faktoren mitunter eine so große Rolle, dass ausgewogen­e Ernährung und Bewegung allein nicht reichen, um den Cholesteri­nspiegel angemessen zu regulieren. „Es kommt auch immer sehr darauf an, wie sich die Ausgangssi­tuation darstellt“, sagt der Ernährungs­wissenscha­ftler Prof. Stefan Lorkowski von der Universitä­t Jena. „Bei Menschen, die sich ungünstig ernähren, wenig und vielleicht auch noch übergewich­tig sind, kann man durch eine Lebensstil­änderung besonders viel erreichen. Bei anderen, die bereits sehr gesund leben, sind die Effekte natürlich kleiner.“Im Schnitt lasse sich das LDL mit derlei Maßnahmen um etwa 30 Prozent senken. „Und das ist sehr viel!“, fügt er hinzu. Parhofer geht dagegen von wesentlich geringeren Effekten aus, nämlich von durchschni­ttlich bis zu zehn Prozent. Anders sei das bei den Triglyceri­den, die ebenfalls zur Arterienve­rkalkung beitragen: Diese Blutfette ließen sich durch einen sparsamen Umgang mit Alkohol, Zucker und tierischen Fetten deutlich senken.

Wie kommt es zu der unterschie­dlichen Einschätzu­ng? „Es gibt nur wenige Daten dazu“, erklärt Parhofer. Möglicherw­eise ließen sich mit extremen Ernährungs­formen viel höhere Ergebnisse erzielen, räumt er ein: So hatte er vor Jahren eine Patientin, die ihr LDLCholest­erin durch vegane Ernähten, rung stark senken konnte. Bei ihrer Zwillingss­chwester, die sich herkömmlic­h ernährte und mehr Gewicht hatte, waren die Werte dagegen deutlich höher. „Dennoch würde ich vegane Ernährung nicht empfehlen“, sagt Parhofer. Möglicherw­eise hätte sie andere negative Folgen. „Man muss auch immer berücksich­tigen, was auf lange Sicht machbar ist.“

Es gibt aber auch Ernährungs­konzepte, die sich leicht umsetzen lassen und frei von Risiken sind. So entwickelt­en die Ernährungs­wissenscha­ftler Christine Dawczynski und Stefan Lorkowski von der Uni Jena im Rahmen des Programms „Modulation kardiovask­ulärer Risikofakt­oren“(MoKaRi) individuel­le Ernährungs­pläne, die den Empfehlung­en der Deutschen Gesellscha­ft für Ernährung nachkommen. Grundlegen­d für „MoKaRi“ist die Idee, ungesunde Lebensmitt­el durch gesunde zu ersetzen. Dabei sind viel Gemüse, Obst und Ballaststo­ffe vorgesehen, außerdem spebewegen ziell herzgesund­e Lebensmitt­el wie Nüsse, Olivenöl, mit Omega3-Fettsäuren angereiche­rter Joghurt oder fettreiche­r Seefisch. Probanden, die das Konzept konsequent umsetzten, nahmen ab und verbessert­en ihre Blutfettwe­rte, ihren Blutdruck sowie die Langzeitbl­utzuckerwe­rte deutlich. Extrem ist diese Diät Lorkowski zufolge keineswegs:

Vor allem das LDL ist gefährlich

Eine Handvoll Walnüsse pro Tag ist sehr wirksam

Die Studientei­lnehmer hätten sie vielmehr als „gut schmeckend­e Bereicheru­ng ihres Speiseplan­s“empfunden.

Auch ein Frühstücks­ei darf man sich ab und zu gönnen. Zwar enthalten Hühnereier sehr viel Cholesteri­n. Aber das Cholesteri­n, das in Nahrungsmi­tteln steckt, hat in der Regel nur einen geringen Einfluss auf den Cholesteri­nspiegel im Blut, wie Lorkowski erklärt. „Viel erreicht man aber, wenn man gesättigte Fette durch Nahrungsfe­tte ersetzt, die reich an mehrfach ungesättig­ten Fettsäuren sind“, sagt er. Einen großen Beitrag zur Verbesseru­ng der Blutfettwe­rte leisten auch Ballaststo­ffe: Unter anderem binden sie Gallensäur­e, die dann vermehrt ausgeschie­den wird. Dadurch sinkt vor allem der LDL-Cholesteri­nspiegel.

Abgesehen davon ist Nüsse knabbern gesund: Bei einer Studie unter der Leitung Parhofers durften die Probanden täglich eine Handvoll Walnüsse essen. Nach acht Wochen sank das „schlechte Cholesteri­n“im Schnitt um etwa fünf Prozent – und das ist gar nicht wenig.

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Foto: Sebastian Kahnert, dpa Das definitive Cholesteri­n Dauerthema: das Frühstücks­ei.

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