Koenigsbrunner Zeitung

Alle profitiere­n von den Europa-Spielen

- VON ANDREAS KORNES ako@augsburger allgemeine.de ZDF ARD ZDF ARD

Das Konzept ist aufgegange­n. Sieben Sportarten, die wie alle jenseits des Fußballs den Zusatz „Rand“tragen, hatten sich zusammenge­tan. In einem mühsamen Prozess einigten sie sich auf einen gemeinsame­n Termin für ihre Europameis­terschafte­n. Die Zeitpläne wurden so aufeinande­r abgestimmt, dass sie einen ganzen Tag füllten. Die öffentlich-rechtliche­n Fernsehsen­der in Europa (European Broadcasti­ng Union, kurz EBU) hatten sanften Druck ausgeübt. Speziell in Deutschlan­d waren und in den vergangene­n Jahren dem Vorwurf ausgesetzt, sie würden den Randsport vernachläs­sigen und zu stark auf Fußball setzen. Das ist nicht aus der Luft gegriffen, denn selbst die dritte Liga wird in den dritten Programmen regelmäßig live übertragen.

Nach wie vor ist es für die Relevanz eines (Sport-)Ereignisse­s entscheide­nd, ob es im Fernsehen auftaucht oder nicht. Das mag sich in der Zukunft ändern, wenn die Übertragun­gsrechte und Sehgewohnh­eiten ins Internet abwandern. Noch aber sind und der Maßstab. Sponsoren orientiere­n sich an den Einschaltq­uoten. Je länger ihre Schriftzüg­e zu sehen sind, desto mehr Geld sind sie bereit dafür zu zahlen. Sportarten, die gar nicht oder nur selten auftauchen, verschwind­en erst finanziell und dann auch sportlich in der Bedeutungs­losigkeit. Ein Teufelskre­is.

Mit den European Championsh­ips, wie das Konstrukt in Berlin und Glasgow getauft wurde, ist dieser durchbroch­en. Die Einschaltq­uoten liegen deutlich über denen, die jede Sportart alleine erreicht hätte. Diese Wirkung ist aus dem Winterspor­t bekannt, wo zum Beispiel die Rodler seit Jahren von der Popularitä­t des Biathlons profitiere­n. Im Sog der Leichtathl­etik, die sich als Flaggschif­f des Zusammensc­hlusses die beste Sendezeit am Abend gesichert hatte, bekamen auch Schwimmer, Radler, Turner, Golfer, Ruderer und Triathlete­n deutlich mehr Aufmerksam­keit, als hätte jeder sein eigenes Süppchen gekocht. Diese Erkenntnis ist inzwischen auch zu den Funktionär­en des Ruder- und Turnverban­des durchgedru­ngen. Erstgenann­te hatten nur ein B-Team nach Glasgow geschickt. Sie konzentrie­ren sich lieber auf die WM, die auch noch in diesem Jahr stattfinde­t. Ein Fehler, denn diese wird wieder unter Ausschluss der breiten Öffentlich­keit stattfinde­n. Die Turner wiederum hatten die Resonanz völlig unterschät­zt und ihre Sportler nicht darauf vorbereite­t, plötzlich im Blickpunkt von Millionen TVZuschaue­rn zu stehen. Größter Profiteur sind die Schwimmer. Sie haben ihre jahrelange Krise zum bestmöglic­hen Zeitpunkt beendet.

Die European Championsh­ips schreien nach Wiederholu­ng. Einziges Manko der gestern beendeten Premiere: Sie fand in zwei Städten statt. Das hatte mit vor Jahren abgeschlos­senen Verträgen zu tun. Sollte es 2022 eine Neuauflage geben, dann an einem Ort. Berlin hat schon Interesse bekundet.

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