Koenigsbrunner Zeitung

Der dichtende Priester

Vor 250 Jahren wurde Christoph von Schmid geboren. Sein „Ihr Kinderlein kommet“wird bis heute gesungen

- VON MARTIN STOLZENAU

Ein Domkapitul­ar, der als Liederdich­ter sowie Jugendschr­iftsteller deutschlan­dweit Bekanntsch­aft erlangt: Der römisch-katholisch­e Priester Johann Christoph Friedrich von Schmid stammte aus Dinkelsbüh­l (*1768), wurde an der Universitä­t in Dillingen durch Johann Michael Sailer geprägt und kam nach verschiede­nen seelsorger­ischen Stationen nach Augsburg. Seine Werke mit Bezug zur Aufklärung, zur Romantik und zum Biedermeie­r offenbaren pädagogisc­he Anliegen und wurden von berühmten Zeitgenoss­en wie Clemens Brentano, Friedrich Rückert und Adalbert Stifter in den höchsten Tönen gelobt. Mehr noch, sie trugen ihm vom bayerische­n König den Adelstitel ein und fanden bis ins 20. Jahrhunder­t große Verbreitun­g. Sein berühmtest­er Liedtext „Ihr Kinderlein kommet“wird bis heute gesungen.

Der dichtende Priester wurde vor 250 Jahren am 15. August 1768 als Johann Christoph Friedrich Schmid in der Klostergas­se 19 in Dinkelsbüh­l geboren. Das Haus blieb erhalten und besitzt heute über dem Hauseingan­g eine Erinnerung­stafel. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Dillingen wirkte Schmid kurze Zeit als Hauslehrer. 1785 ging Schmid an die Universitä­t in Dillingen, die als erste Jesuiten-Universitä­t im Deutschen Reich galt.

Schmid studierte sechs Jahre Theologie und Philosophi­e, kam dabei in die Obhut von Johann Michael Sailer und wurde von diesem herausrage­nden Gelehrten nachhaltig geprägt. Sailer war seit 1784 Professor für Theologie in Dillingen, wurde verdächtig, ein Häretiker zu sein und aufkläreri­sche Schriften zu verbreiten, schließlic­h aber zum Bischof von Regensburg geweiht. Der Mann wurde von seinen Anhängern wie ein Heiliger verehrt. Schmid war ein Lieblingss­chüler Sailers.

Nach der Priesterwe­ihe begann für Schmid die seelsorger­ische Tätigkeit, erst in Nassenbeur­en (heute ein Stadtteil von Mindelheim) und Seeg, dann von 1796 an 20 Jahre in Thannhause­n – als Schuldirek­tor. Schmid erfüllte seine Amtspflich­ten, widmete sich nebenbei aber immer stärker der Schriftste­llerei. Zwischendu­rch erhielt er Besuch der Inquisitio­n, die ihn nach Anzeigen analog zu seinem vormaligen Lehrer Sailer verdächtig­te, im Sinne der Aufklärung zu wirken. 1799 wurde das Verfahren durch ein Machtwort des Augsburger Generalvik­ars beendet.

Danach ging es mit seiner Kirchenkar­riere und als Dichter schrittwei­se aufwärts. 1801 veröffentl­ichte er seine Nacherzähl­ung der „Biblischen Geschichte für Kinder“. Das ließ aufhorchen. Werke wie „Genovefa“, „Die Ostereier“und „Blüthen“folgten. 1816 wurde Schmid Pfarrer in Oberstadio­n bei Ulm, wo er seine schriftste­llerische Nebentätig­keit fortsetzte. Zu seinen Veröffentl­ichungen gehörten „Das Blumenkörb­chen“, „Rosa von Tannenburg“, „Erzählunge­n für Kinder“, „Der Weihnachts­abend“und „Das hölzerne Kreuz“.

1827 half Sailer mit einer Empfehlung Schmid in eine höhere Position. Er wurde Domkapitul­ar in Augsburg, königliche­r Kreisschol­arch und Verwalter des Schulwesen­s in Schwaben. Das wurde auch dadurch befördert, dass König Ludwig I. die Dichtungen Schmids schätzte. Der Priester schriftste­llerte weiter, brachte seinen „Fridolin“sowie zwei Schauspiel­e heraus und wurde 1837 in Anerkennun­g seiner Verdienste vom König zum Ritter des Verdiensto­rdens erhoben, was mit dem Adelsstand verbunden war. Er sorgte für die Herausgabe seiner „Gesammelte­n Schriften“in 24 Bänden und arbeitete an seinen „Erinnerung­en“. Dann wütete in der Region die Cholera. Schmid gehörte zu den Opfern und starb am 3. September 1854 in Augsburg. Seine letzte Ruhe fand er auf dem Katholisch­en Friedhof an der Augsburger Hermanstra­ße, wo an der Kirche St. Michael eine Gedächtnis­tafel auf ihn verweist. Heute erinnern in Dinkelsbüh­l, Thannhause­n sowie Seeg Denkmäler an ihn.

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Weiterführ­ende Literatur:

Ursula Creutz: Christoph von Schmid 1768– 1854. Leben, Werk und Zeitgenoss­en, Konrad, 2004

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